Lieferdienst zockt Kunden mit verstecktem Getränk ab

Kaspar Schwarzenbach
Kaspar Schwarzenbach

Bern,

Ein Pizzalieferant zieht einen Leser mit einer versteckten Getränkebestellung über den Tisch. Der Experte weiss: Dabei handelt es sich um eine bekannte Masche.

Kurier Fiese Masche Konsumentenschutz
Ein Restaurant zieht einen Leser mit einer fiesen Masche über den Tisch: Das sogenannte «Sneak into Basket» sei eine bekannte Praxis, erklärt die Stiftung für Konsumentenschutz. (Symbolbild) - keystone / AP Milk Street

Das Wichtigste in Kürze

  • Ein Nau.ch-Leser bestellt eine Pizza – doch der Kurier macht mit einer fiesen Masche Geld.
  • Zusätzlich liegen automatisch hinzugefügte Getränke im Warenkorb.
  • Der Experte erklärt, es handle sich um eine bekannte und möglicherweise illegale Masche.

Immer mehr Menschen haben neben Beruf, Familie, Freizeit und den übrigen Verpflichtungen kaum noch Zeit zum Kochen. Entsprechend wird das Bestellen von frischen, fertig zubereiteten Speisen direkt an die Haustüre zunehmend zur praktischen Lösung.

Die bequeme Option, das Essen mit wenigen Klicks zu bestellen, kann jedoch unangenehme Überraschungen bereithalten. Ein Nau.ch-Leser berichtet von der fiesen Masche eines Lieferanten auf der Webseite eines beliebten Anbieters aus der Schweiz.

Getränk in Warenkorb geschmuggelt?

Nach der abendlichen Pizza-Bestellung in gemütlicher Runde kommt für den Leser die böse Überraschung: Ohne es zu wissen, haben Roman B.* und seine Freunde nicht nur würzige Pizzen, sondern auch überteuerte Süssgetränke bestellt.

Denn: Das fragliche Restaurant fügt diese Getränke automatisch zu getätigten Pizza-Bestellungen hinzu. Fies: Wer keinen Durst hat, muss sich zuerst durch eine Litanei von zusätzlichen Toppings scrollen, ehe die automatische Getränkebestellung überhaupt sichtbar wird.

Wer nicht geistesgegenwärtig genug ist, um den Preisunterschied von 3,50 Franken zwischen Pizza und Warenkorb zu erkennen, tappt in die Falle: Gerade auf dem Smartphone, wo die meisten Menschen ihre Bestellungen tätigen, ist dies nicht auf den ersten Blick ersichtlich.

Eine bekannte Masche

Auf Anfrage von Nau.ch erklärt Lucien Jucker von der Stiftung für Konsumentenschutz, es handle sich bei dieser Masche um ein sogenanntes «Dark Pattern»: «Das sind täuschende Designs von Benutzeroberflächen, insbesondere bei Webseiten und Apps. Konsumentinnen und Konsumenten werden damit dazu gebracht, gegen ihre eigenen Interessen zu handeln.»

Kurier Fiese Masche
«Dark Patterns» ist eine bekannte Masche, um Konsumenten dazu zu bringen, gegen ihre eigenen Interessen zu handeln. - keystone

Der Jurist und Datenschützer führt aus: «Genauer handelt es sich bei dieser Masche um das ‹Dark Pattern› namens ‹Sneak into Basket› (Englisch: ‹in den Warenkorb schmuggeln›). Dabei wird ohne Zutun des Konsumenten ein Zusatzprodukt in den Warenkorb gelegt.» Falls die Konsumentin dies nicht bemerkt, bleibt sie auf den Zusatzkosten für ungewollte Produkte sitzen.

Konsumentenschutz verurteilt «Dark Patterns»

Die Stiftung für Konsumentenschutz verurteile den Einsatz solcher Verkaufsmethoden und halte sie auch für die Unternehmen nicht für nachhaltig lukrativ. Auf diese Weise würde das «Opt-Out-Prinzip» – bekannt von den «leidigen Cookie-Bannern» – auf Kaufverträge angewendet.

Konsumentinnen und Konsumenten müssten aufmerksam sein und selbst aktiv werden, um Zusatzkosten zu vermeiden. «Das beschneidet die Entscheidungsfreiheit der Konsumenten massiv und stellt den Vertragsabschluss auf den Kopf», erklärt Jucker: «Neben der Kaufentscheidung sollen Konsumentinnen auch noch reagieren, damit ihnen keine ungewollten Zusatzprodukte untergejubelt werden.»

Verstoss gegen das Bundesgesetz?

Gemäss Jucker vertrete der Konsumentenschutz die Ansicht, dass diese Masche gegen das Gesetz verstosse: «Es handelt sich um eine ‹besonders aggressive Verkaufsmethode› gemäss Artikel 3 des Bundesgesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb.»

Kurier Fiese Masche Bundesgesetz
Der Konsumentenschutz ist der Ansicht, dass «Dark Patterns» gegen Artikel 3 des Bundesgesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb verstossen. (Symbolbild) - keystone

Bedauerlicherweise gebe es hierzulande kaum entsprechende Gerichtsurteile, weshalb die Rechtslage unklar sei. Überdies würden «Dark Patterns» auch öffentlich kaum thematisiert, obwohl sie schon seit über zehn Jahren zum Einsatz kämen. Erst im September habe der Konsumentenschutz deshalb ein Gutachten zur Legalität solcher Praktiken in Auftrag gegeben.

Kein grossflächiges Problem

Insgesamt gibt der Experte aber dennoch Entwarnung: Bisher lägen dem Konsumentenschutz keinerlei Meldungen zu anderen Restaurants vor, die ihre Kunden mit dieser Methode über den Tisch ziehen. Auch auf der Webseite des Lieferdienst-Anbieters scheint dieses Restaurant in seiner Region das einzige zu sein, das die Masche verwendet.

Wurden Sie auch schon einmal Opfer einer fiesen Verkaufsmasche?

Gleichzeitig gibt Jucker zu bedenken, dass dies angesichts der tiefen Bekanntheit von «Dark Patterns» innerhalb der Bevölkerung wenig erstaune: «Es ist sehr gut möglich, dass auch andere Restaurants bei Online-Bestellservices auf derartige Methoden setzen.» Überdies kämen «Dark Patterns» auch abseits von Online-Bestellservices zum Einsatz, um das Verhalten von Konsumentinnen und Konsumenten zu beeinflussen.

*Name geändert

Kommentare

Eidgenosse-1-1

Einfach hinschauen aus welchen Kulturkreisen die meisten Pizza Lieferdienste stammen.

User #7627 (nicht angemeldet)

Eventfrog macht dies: es ist automatisch Versicherung drin.

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