Migros, Coop und Co. dürfen bald noch mehr tricksen
Der Bundesrat musste auf Geheiss des Parlaments die Aktionsregeln für Detailhändler lockern. Neu dürfen Rabatte zeitlich unbegrenzt angepriesen werden.
Das Wichtigste in Kürze
- Im Detailhandel gelten im neuen Jahr lockerere Aktionsregeln.
- Preise mit Rabatt dürfen zeitlich unbegrenzt angepriesen werden.
- Der Bundesrat warnte vor einem erhöhten «Missbrauchsrisiko».
Mit Aktionen locken Detailhändler die Kunden in die Läden. Dabei müssen sie jedoch strenge Regeln beachten – für noch rund eineinhalb Monate. Denn ab nächstem Jahr gelten lockerere Regeln. Darüber berichtet der «Ktipp».
Heute dürfen Aktionsphasen höchstens zwei Monate dauern. Zudem muss das Produkt mindestens doppelt so lange für den Normalpreis angeboten werden. Damit sollen irreführende Rabatte verhindert werden.
Schlupflöcher gibt es schon heute, wie der «Ktipp» anhand von Persil-Waschmittel demonstriert: So preist die Migros 60 Tabs für «24.95 statt 48.60 Franken» an. Das Problem aber ist, dass das 60er-Pack gar nie zu diesem Preis verkauft wird. Der Normalpreis bezieht sich auf den Stückpreis der Packung mit 16 Tabs.
Aktuell darf die Migros diesen Trick nur zeitlich begrenzt anwenden, ab Januar dann aber unbegrenzt. Denn der Bundesrat hat – gezwungen von National- und Ständerat – die Preisbekanntgabeverordnung angepasst. Aktionen dürfen gemäss den neuen Regeln zeitlich unbegrenzt angeboten werden.
Bedingung ist aber, dass das Produkt während mindestens 30 aufeinanderfolgender Tage zum höheren Preis angeboten werden muss. Ein Detailhändler kann folglich ein Produkt für einen Monat zu einem überrissenen Preis verkaufen. Anschliessend darf er den Preis wieder reduzieren und das Ganze als Aktion anpreisen.
Einzig die SP wehrte sich im Nationalrat gegen die Lockerung
Die Gesetzesänderung geht auf einen Vorstoss von Christa Markwalder zurück. Die damalige FDP-Nationalrätin forderte vor drei Jahren, zeitlich unbegrenzte Aktionspreise zu erlauben. Sie vertrat als Präsidentin der Swiss Retail Federation rund 1600 Schweizer Detailhändler. Unter ihnen auch Aldi, Lidl oder Landi.
Die ehemalige Politikerin begründet den Vorstoss mit der «grossen Konkurrenz aus dem Ausland und dem Einkaufstourismus». Die Mitglieder des Verbandes hätten deshalb um eine Stärkung des hiesigen Detailhandels gebeten.
Der Bundesrat lehnte den Vorstoss ursprünglich ab und warnte: Zeitlich unbegrenzte Aktionen erhöhten das «Missbrauchsrisiko», der Schutz der Konsumenten vor Täuschung würde gefährdet. Und: «Ein Preisvergleich über mehrere Monate oder gar Jahre hinweg wäre für Konsumenten irreführend und nachteilig.»
Anders sahen dies die beiden Parlamentskammer: Sie stimmten ab und zwangen den Bundesrat, die Regeln zu lockern. Im Ständerat war das Resultat knapp, im Nationalrat wehrte sich einzig die SP dagegen.