«Migros treibt Kunden in die Arme von Aldi und Lidl»
Die beliebte Aktion der Migros mit Playmobil-Sets ist bald zu Ende. Sie war ein Renner. Doch Konsum-Experte Christian Fichter sieht darin auch ein Eigentor.
Das Wichtigste in Kürze
- Die Migros hat für ihre Kunden eine Playmobil-Sammelaktion lanciert.
- Die Spielsets sind sehr beliebt.
- Das nutzen einige Kunden aus, um sie teuer zu verkaufen.
- Für Konsum-Experte Christian Fichter sind solche limitieren Angebote «Psychotricks».
Wer in der Migros einkaufen geht, kommt um die Playmobil-Mania-Schilder nicht herum. Entsprechend beliebt ist das fünfteilige Spielset bei Kindern.
Wer genug Sticker sammelt, kann sich im Laden eines der Spielsets holen. Einzig die eigens für diese Aktion hergestellte Migros-Filiale im Playmobil-Stil kostet. Sie ist für 39.90 Franken zu haben.
Eigentlich. Denn diese Playmobil-Filiale ist mittlerweile ausverkauft. «Die Nachfrage nach den Spielsets hat unsere Erwartungen deutlich übertroffen. Leider haben wir keine Ware mehr zur Verfügung», erklärt Migros-Sprecherin Sarah Reusser auf Anfrage.
Und begründet sogleich, weshalb die Migros knapp eine Woche vor Ende der Aktion keine Playmobil-Filiale mehr auf Lager hat. «Aus Nachhaltigkeitsgründen» versuche die Migros jeweils, «die Kalkulation für unsere Promotionen so genau wie möglich zu machen.» So versuche sie, einen Überschuss zu vermeiden.
Nur: Genau das machen sich nun einige zu Nutzen und verkaufen die Filiale teuer auf Facebook und Co. Und dies zum doppelten, dreifachen oder fast vierfachen Preis.
Das kommt nicht überall gut an, wie ein Blick in die Kommentare zeigt. Von «Abzocke» ist die Rede, «alle wollen Profit daraus schlagen», beklagt sich eine andere Userin. Doch die Verkäufer erhalten auch Rückendeckung.
Das seien alles «fürchterliche Moralapostel», schreibt eine andere Frau. Mann müsse es ja nicht kaufen, wenn man nicht wolle.
«Wenden bewusst Psychotricks an»
Dieses Vorgehen sei eine normale Marktreaktion, ausgelöst durch die Limitierung und den damit verbundenen Hype. Das erklärt Konsum-Experte Christian Fichter auf Anfrage. «Der Hype führt dann zu Aufmerksamkeit und zum Wunsch vieler Konsumenten, vor allem von Kindern, diese Dinge unbedingt zu haben.»
So gesehen habe die Kampagne ihr Ziel nicht nur erfüllt, sondern sogar noch übertroffen, so Fichter. Allerdings stelle sich die Frage, ob dies im Sinne einer fairen und transparenten Kundenbeziehung liege. Insbesondere, wenn Preise in exorbitante Höhen steigen.
«Ich habe da meine Zweifel», sagt Fichter und führt aus, weshalb: «Detailhändler wenden mit limitierten Angeboten ganz bewusst Psychotricks an: Knappheit und Exklusivität.»
Damit würden Konsumwünsche ausgelöst, die nicht mit den tatsächlichen Bedürfnissen der Konsumenten übereinstimmen.
Eltern machen wegen Spielzeug-Aktionen Bogen um die Migros
Zudem würden solche Aktionen bewusst auf die Wünsche von Kindern abzielen. «Ich halte diese Art von Marketing daher für unethisch», betont Christian Fichter.
Gezielte Manipulation der jüngsten Konsumenten sei problematisch. Denn sie erhöhe den Kaufdruck auf die Eltern und könne langfristig das Konsumverhalten negativ prägen.
Fichter geht sogar noch weiter: «Durch den künstlich erzeugten Mangel entsteht auch regelmässig Frustration, wenn es den Familien nicht gelingt, die Spielsets zu erhalten. Das schwächt das Vertrauen in die Marke Migros.»
Er wisse von vielen Eltern, dass sie wegen dieser Sammelaktionen einen Bogen um die Migros machen. «Sie treibt ihre Kunden damit direkt in die Arme von Aldi und Lidl.»