Novartis: Baby-Medi-Verlosung ist «Gipfel des Zynismus»
Novartis verlost ein lebensrettendes Baby-Medikament. So sollen alle die gleichen Chancen haben. Public Eye hält das Ganze vor allem für einen Marketing-Stunt.
Das Wichtigste in Kürze
- Novartis hat ein Medikament entwickelt, das eine tödliche Erbkrankheit bekämpfen kann.
- Der Preis für eine Dosis des Medis beträgt aber astronomische zwei Millionen Franken.
- Der Pharmariese will nun hundert Dosen des Medikaments verlosen.
- Die NGO Public Eye sieht darin aber bloss einen Marketing-Trick.
Die Nachricht schlug hohe Wellen: Novartis will 100 Dosen eines Medikaments verlosen, welches eine lebensbedrohende Erbkrankheit bekämpfen kann. Eine Behandlung kostet normalerweise rund zwei Millionen Franken. Babys, die an spinaler Muskelatrophie (SMA) leiden, haben eine eingeschränkte Lebenserwartung und sind ihr Leben lang auf Hilfe angewiesen.
Die Behandlung mit dem Novartis-Medikament Zolgensma kann deshalb Leben retten. Was im ersten Moment also als Akt der Grosszügikeit interpretiert werden kann, sorgt dann aber für Stirnrunzeln.
Novartis will Daten sammeln
«Es ist im Wesentlichen ein Marketing-Trick», sagt Oliver Classen von der Organisation Public Eye. Die NGO setzt sich unter anderem für die Einhaltung von Menschenrechten ein.
Der Marketing-Stunt verfolge hauptsächlich zwei Zielsetzungen, so Classen. «Erstens die Erhebung von Daten durch Testabgaben.» Dies in all jenen Ländern, wo das Produkt noch nicht auf dem Markt und damit offiziell verfügbar sei. Bislang ist das Medikament nämlich erst in den USA zugelassen.
«Und zweitens die Ablenkung vom im Geschäftsmodell begründeten Grundproblem: Völlige Intransparenz bezüglich jener Forschungs- und Entwicklungskosten, mit denen der astronomische Preis gerechtfertigt wird», sagt Classen.
«Gipfel des ethischen Zynismus»
Novartis wolle mit dem höchst selektiven Zugang zu dieser überlebenswichtigen Therapie nur eines: Geld machen. Classen fährt weiter: «Angesichts von Umsatzrenditen von über 20 Prozent ist eine Lotterie mit Kinderleben der Gipfel des ökonomischen und ethischen Zynismus.» Einzige Alternative sei die völlige Transparenz und Rechenschaftspflicht durch politische Regulierung.
Novartis selbst räumt ein Dilemma ein. Um allen Patienten eine faire Chance zu geben, sei nur das Zufallsprinzip in Frage gekommen, so eine Novartis-Sprecherin. «Wir haben einfach nicht so viele Dosen zur Verfügung, wie wir gerne hätten. Bei aller Kritik an diesem Verfahren mangelt es vorerst an Alternativvorschlägen.»