Polizisten nehmen in Beiz Sorgen-Kafi mit Bürgern
Die Straftaten in der Schweiz nehmen zu, die Sorgen in der Bevölkerung wachsen. Einige Polizeien setzen auf Austausch im Café.
Das Wichtigste in Kürze
- In der Schweiz hat die Kriminalität zuletzt zugenommen, Drogenszenen wachsen.
- Um auf die Sorgen der Bevölkerung zu hören, setzen diverse Polizeien auf Kaffee.
- Das Konzept «Coffee with Cops» (Deutsch: «Kaffee mit Bullen») stammt aus den USA.
Mehr Kriminalität, mehr Drogen, mehr Sorgen: In der Schweiz haben Straftaten zuletzt zugenommen, wie die neueste Kriminalstatistik des Bundes zeigt. Zudem bilden sich in diversen Schweizer Städten wieder offene Drogenszenen heraus, die Situation verschärft sich. Auch die Kriege in der Ukraine und Gaza, IS-Attentate, die Inflation und der Klimawandel schlagen aufs Gemüt.
Laut einer ETH-Studie, die diese Woche veröffentlicht wurde, sehen nur 18 Prozent der Schweizerinnen und Schweizer positiv in die Zukunft. Das entspricht dem tiefsten Wert seit Messbeginn im Jahr 2015.
Da wollen die Polizeien ein offenes Ohr für die Sicherheits-Sorgen der Bevölkerung haben. Einige von ihnen tun das auf unkonventionelle Art: Sie treffen sich mit besorgten Bürgerinnen und Bürgern zum Kaffee in der Beiz.
«Viel geselliger» als Polizeiposten
So zum Beispiel in Genf, wo Drogen und Lärm für Zoff sorgen: Dort veranstaltet die Polizei regelmässig in mehreren Quartieren Kaffee-Treffs, wie «Schweiz aktuell» berichtet. Das kommt gut an – die Treffen seien immer gefragter.
«Es gibt viele Leute, die Hemmungen haben, auf den Polizeiposten zu kommen. Der Ort ist für sie etwas Repressives und sie haben das Gefühl, zu stören», begründet Polizist Suleyman Boubakeur. «In dem Rahmen ist es viel geselliger.»
Auch in Basel ist man mit dem Sorgen-Kafi vertraut: «Das Konzept nennt sich ‹Coffee with Cops› und basiert auf einem amerikanischen Programm. Es hat sich über Österreich nach Deutschland und nun auch in die Schweiz verbreitet», erklärt Sprecher Stefan Schmitt.
Das hat die Kapo Basel-Stadt genau so zwar noch nicht umgesetzt, prüfe das Konzept aber im Moment. Und betont: «Wir betreiben seit vielen Jahren Community Policing (Deutsch: bürgernahe Polizeiarbeit, Anmerkung d. Redaktion).»
Die Beamten würden regelmässig mit zwei grossen Fahrzeugen in die Quartiere fahren, um für Bevölkerungsanliegen präsent zu sein. Im November habe man zudem mit einem Quartierverein ein Treffen zu Problemen um die Drogenszene am Matthäuskirchplatz organisiert. Hinzu kommen regelmässige Polizei-Besuche im Altersheim.
Bündner Polizisten pflegen Bürgerkontakt am Stammtisch
Kaffee-Treffen hat auch die Stadtpolizei Winterthur schon durchgeführt, wie Sprecher Michael Wirz zu Nau.ch sagt. «Wir haben gutes Feedback erhalten und können uns vorstellen, das bei Bedarf in Zukunft wieder anzubieten.»
In Graubünden ist die Polizei «bevölkerungsnah», betont Sprecher Roman Rüegg. «Dies zeichnet sich zum Beispiel auch dadurch aus, dass Polizistinnen und Polizisten an einem Stammtisch sitzen. So wird der Austausch mit Bevölkerung und Gästen gepflegt.»
Auch die Kapo St. Gallen kennt das Konzept: «Wir haben letztes Jahr einen Kaffee-Treff mit Chauffeurinnen und Chauffeuren lanciert», sagt Sprecher Florian Schneider. Dabei ging es um Themen wie Ruhezeit, technische Änderungen oder Ladungssicherheit.
Auch dieses Jahr soll mindestens eine solche Veranstaltung stattfinden. Für ein allgemeines Publikum würden Kaffee-Treffs aber momentan nicht durchgeführt.
Kein Sorgen-Kafi gibt es bei den Kantonspolizeien Zürich, Aargau, Thurgau, Basel-Landschaft, Luzern, Ob- und Nidwalden, wie es auf Anfrage heisst. Im Kanton Bern war das Konzept regional in Planung, musste aber verschoben werden. Ob es in Zukunft durchgeführt wird, sei noch unklar, sagt Sprecherin Isabelle Wüthrich.