Ramadan stellt sich vor Genfer Gericht als Unschuldslamm dar
Der angeklagte Islamwissenschaftler Tariq Ramadan bestritt am Montag alle Vorwürfe der Vergewaltigung und sexuellen Nötigung.
Das Wichtigste in Kürze
- Tariq Ramadan bestreitet alle Vorwürfe der Vergewaltigung und sexuellen Nötigung.
- Der Islamwissenschaftler behaupte, die Klägerin habe ihn geliebt und alle belogen.
- Der Prozess gegen Ramadan in Genf könnte sich bis Mittwoch hinziehen.
Der wegen Vergewaltigung und sexueller Nötigung in Genf angeklagte Islamwissenschaftler Tariq Ramadan bestritt am Montag sämtliche Vorwürfe gegen ihn. Er beteuerte, nie eine sexuelle Beziehung zur Klägerin gehabt zu haben.
In diesem Fall «bin ich das Opfer einer Belästigung» und nicht das böse Raubtier, als das ich dargestellt werde. Dies sagte Ramadan am Montag bei Prozessbeginn vor dem Genfer Strafgericht.
Er habe von der Klägerin bereits vor ihrem ersten Treffen Dutzende von Nachrichten erhalten. Nachrichten, in denen sie ihm geschrieben habe, dass sie ihn attraktiv und sexy finde.
Die etwa 50-jährige Frau hatte den Genfer Islamwissenschaftler 2018 angezeigt. Sie wirft ihm vor, von ihm in einem Hotelzimmer in Genf gefangen gehalten worden zu sein. Daraufhin habe er brutale sexuelle Handlungen vollzogen, die von Schlägen und Beleidigungen begleitet gewesen seien. Die Taten hätten sich in einer Nacht im Oktober 2008 in einem Zimmer des Hotels Mon Repos ereignet.
Die zum Islam konvertierte Frau hatte Ramadan bei einer Autogrammstunde einige Monate vor den mutmasslichen Taten zum ersten Mal getroffen. Nach der angeblichen Vergewaltigung habe er weitere Nachrichten von der Frau erhalten. In diesen SMS habe sie nicht von Missbrauch und Gewalt gesprochen, sondern ihm gesagt, dass sie ihn liebe, betonte Ramadan. «Sie bat mich, ihr zu vertrauen», fügte er hinzu.
«Ich bin nicht gewalttätig, ich habe noch nie eine Frau geschlagen», beteuerte Ramadan und räumte nur einen einzigen Fehler ein. So hätte er gegenüber den Ermittlern sofort zugeben müssen, dass er aussereheliche Beziehungen unterhalten habe.
In den Augen von Ramadan sind die Anschuldigungen gegen ihn das Werk einer Frau, die verliebt war, aber zurückgewiesen wurde: «Sie hat alle belogen, als sie behauptete, sie interessiere sich für mich als Philosophen und Theologen. Aber sie interessierte sich für den Mann, der ich war.»
Kontroverser Zeuge
Der 60-jährige Ramadan muss sich möglicherweise auch in Frankreich vor einem Gericht verantworten. Im Sommer 2022 hatte die Pariser Staatsanwaltschaft einen Prozess gegen ihn gefordert. Und zwar wegen des Verdachts der Vergewaltigung von vier Frauen zwischen 2009 und 2016.
Der Prozess in Genf ist auf zwei Tage angesetzt. Es ist jedoch nicht ausgeschlossen, dass sich die Verhandlung bis Mittwoch hinziehen wird. Zu den Zeugen, die am Dienstag aussagen sollen, gehört der umstrittene französische Komiker Dieudonné.
Die Klägerin kennt ihn und soll sich ihm anvertraut und geprahlt haben. Und zwar damit, dass sie mit Ramadan geschlafen habe, ohne jemals eine Vergewaltigung zu erwähnen.
Tariq Ramadan ist der Enkel des ägyptischen Gründers der Muslimbruderschaft, Hassan el-Banna. Sein Vater Said flüchtete 1954 in die Schweiz. Ramadan unterrichtete zwischen 1984 und 2004 an mehreren Genfer Schulen.