SBB schickt vertrauliches Mail an falsche Person – «Unding»
Die Marktforschungs-Abteilung der SBB hat Befragungen an falsche Personen geschickt. Laut einem Datenschützer dürfte es gar nicht so weit kommen.
Das Wichtigste in Kürze
- Die SBB hat Umfragen an falsche Empfängerinnen und Empfänger geschickt.
- In den E-Mails standen Name und Zugstrecke von Pendlern.
- Diese Daten sollte die SBB gar nicht erst sammeln, sagt ein Datenschützer.
Da staunt Nau.ch-Leserin Barbara* nicht schlecht: In ihrem Postfach befindet sich eine E-Mail von der SBB. «Sie haben kürzlich bei der SBB ein Billett für eine Fahrt von Liestal nach Bern gekauft», heisst es darin. «Komisch», denkt sich Barbara. Sie ist diese Strecke gar nicht gefahren.
Das Bahnunternehmen will von der Pendlerin wissen, ob sie mit der Fahrt zufrieden gewesen sei. Barbara wundert sich: «Wie soll ich das bewerten, wenn ich die Strecke gar nicht gefahren bin?»
Dann fällt ihr auf: Das Mail ist an Herrn Dettwiler adressiert – nicht nur ist das Geschlecht falsch, sondern auch der Name.
Barbara vermutet: «Entweder gab es ein Datenleck oder es handelt sich um ein Betrüger-Mail.»
SBB spricht von «technischem Fehler»
Weder noch, beteuert die SBB auf Anfrage von Nau.ch. Zwar handelt es sich «um eine Mail der SBB», so Sprecherin Sabrina Schellenberg. Aber von einem Datenleck könne nicht gesprochen werden.
«Aufgrund eines technischen Fehlers wurden Umfragen an die falschen Empfängerinnen und Empfänger verschickt», so Schellenberg.
Barbara ist also nicht die einzige Betroffene. Die Sprecherin sagt: «Der Fehler konnte in der Zwischenzeit gefunden und behoben werden, sodass er nicht wieder auftreten sollte.» Die SBB bitte um Entschuldigung bei den betroffenen Personen.
Für Hernâni Marques, Vorstandmitglied beim Chaos Computer Club, reicht eine Entschuldigung jedoch nicht. «Es ist ein Unding, dass die SBB statt stringent ihren Kernaufträgen nachzugehen, sich auch als Datensammelunternehmen betätigt», so der Datenschützer.
Anonymer Ticketkauf wird schwerer
Marques sagt: «Es ist beispielsweise legitim, mittels einfachen Sensoren zu messen, wie viele Leute einen Zug oder eine bestimmte Strecke verwenden.» Aber diese minutiöse und personenbeziehbare Datensammlung sei als negativ einzustufen. Denn dadurch sei anonym Zugfahren fast nicht möglich.
Der Datenschützer kritisiert also, dass die SBB überhaupt weiss, dass ein Herr Dettwiler ein Ticket von Liestal nach Bern gekauft hat.
Doch mit diesem Datensammeln wird so bald nicht Schluss sein: «Die SBB planen, Formen für anonymen Ticketkauf zu erschweren», so Marques. Dies etwa mit dem Vorhaben, die Billetautomaten abzuschaffen.
* Name geändert