«Seefeld-Mord»: Anträge von lebenslänglich bis Freispruch
Am Zürcher Bezirksgericht wurde am Mittwoch im «Seefeld Mord» verhandelt. Die Anträge reichen dabei von lebenslänglich bis zum Freispruch.
Das Wichtigste in Kürze
- Am Zürcher Bezirksgericht wurde am heutigen Mittwoch über den «Seefeld-Mord» verhandelt.
- Die Anträge reichen vom Freispruch bis zur lebenslänglichen Haftstrafe.
- Das definitive Urteil wird am Donnerstagabend verkündet.
Im Prozess um den so genannten «Seefeld-Mord« haben am Bezirksgericht Zürich am Mittwoch alle Parteien ihre Anträge deponiert. Sie reichen von lebenslänglich mit Verwahrung bis zu vollem Freispruch. Das Urteil wird am Donnerstagabend eröffnet.
Vor dem Bezirksgericht standen ein 27-jähriger Schweizer und ein 39-jähriger Litauer. Ihnen werden ein Mord und andere Delikte vorgeworfen. Am Ende des Verhandlungstags hatten die beiden wie üblich Gelegenheit zu einem Schlusswort.
Mutmasslicher Täter entschuldigt sich bei den Angehörigen
Der Schweizer drückte seine Reue über die Tat aus. Er entschuldigte sich »in aller Form« bei den Angehörigen des Opfers. Der Litauer nannte das Geschehen »eine grosse Katastrophe« - er habe das aber nicht geplant.
Der »Seefeld-Mord hat seinen Namen vom Tatort: Im Stadtzürcher Seefeldquartier wurde am frühen Nachmittag des 30. Juni 2016 ein zufällig anwesender 41-jährigen Mann erstochen. Als mutmasslicher Täter wurde rund ein halbes Jahr später der Schweizer verhaftet. Er hatte im Darknet nach Waffen gesucht und war einem verdeckten Fahnder in die Falle gegangen.
Tötung war Teil eines Erpressungsplans
Die Ermittlungen ergaben, dass das Tötungsdelikt Teil eines Erpressungsversuchs war. Ausgedacht worden war er laut Anklage in der Zürcher Strafanstalt Pöschwies von den beiden Beschuldigten, die beide mehrjährige Strafen absassen.
Der Plan sah vor, dass der Schweizer auf einem Hafturlaub flüchten und den Litauer freipressen sollte. Dazu sollte er einen Brief ans Zürcher Kantonsparlament schreiben. Darin drohte er mit der Tötung von Menschen, sollte der Litauer nicht umgehend freikommen.
Sowohl für den Staatsanwalt als auch für den Verteidiger stand fest, dass der junge Mann unter Einfluss des Litauers stand. Diesen bezeichnete der psychiatrische Gutachter als «pathologischen Lügner».
Dieser habe ihm weisgemacht, es gebe schwere Bedrohungen seitens eines Schweizer Grossindustriellen. Man müsse etwas unternehmen. Sie beide und ihre Familien seien in Lebensgefahr, erzählte er ihm. In Haft war der Litauer, weil er von eben diesen Unternehmer mit Todesdrohungen 50 Millionen Franken hatte erpressen wollen.
Mittäterschaft soll ebenfalls geahndet werden
Der Staatsanwalt beantragte eine Verurteilung beider Beschuldigter wegen Mordes und anderer Delikte. Sie hätten in Mittäterschaft gehandelt. Zwar sei das Tötungsdelikt vom Schweizer allein ausgeführt worden. Der Litauer sei jedoch als «Lenker und Denker» federführend gewesen.
Beide Männer sollen laut Anklage mit lebenslänglichem Freiheitsentzug bestraft werde. Zudem seien sie zu verwahren. Der Litauer sei im weiteren für 15 Jahre des Landes zu verweisen.
Verwerflich aber nicht skrupellos
Der Verteidiger des Schweizers negierte nicht die Schuld seines Klienten. Dieser hatte das Tötungsdelikt gestanden und erklärt, wie es dazu habe kommen können. Dass er später weitere Morde vorgehabt habe, stellte der Beschuldigte jedoch entschieden in Abrede.
Laut seinem Verteidiger hat der Schweizer «verwerflich gehandelt, aber nicht skrupellos». Das Tötungsdelikt könne man nicht als Mord einstufen. Er habe seinem Freund, dem Litauer, helfen wollen und das Tötungsdelikt eigentlich wider Willen ausgeführt. Er habe grosse Angst gehabt um seine damals dreijährige Tochter.
Der Schweizer sei der vorsätzlichen Tötung schuldig zu sprechen und mit 12 Jahren Freiheitsentzug zu bestrafen, beantragte der Verteidiger. Auf eine Verwahrung sei zu verzichten.
«Dummes Geschwätz»
Es könne keine Rede sein von Mittäterschaft, sagte dagegen der Verteidiger des Litauers. Was die beiden allenfalls besprochen hätten, sei kein Plan gewesen, sondern «dummes Geschwätz», wie es in Strafanstalten nun mal vorkomme. Was sein Klient getan habe, sei, «Geschichten zu erzählen», niemand habe diese ernst genommen, nur der Schweizer. «Die beiden hätten niemals aufeinandertreffen sollen.»
Für den Litauer verlangte er einen vollumfänglichen Freispruch von sämtlichen Vorwürfen. Für die unrechtmässig erstandene Haft und die «erlittene Unbill» stehe ihm eine Genugtuung zu.
Der Vertreter der fünf Privatkläger verlangte Genugtuungszahlungen von total 240'000 Franken sowie Schadenersatz. Zu den Privatklägern gehören die Lebenspartnerin, Eltern und Geschwister des Getöteten. Der Schweizer anerkennt alle Zivilforderungen. Der Litauer weist sämtliche Ansprüche zurück.