Tennis in Credit Suisse Filiale: Klima-Aktivisten erneut vor Gericht
Das Wichtigste in Kürze
- Zwölf Klima-Aktivisten stehen heute im Waadtland zum zweiten Mal vor Gericht.
- Sie hatten vor zwei Jahren eine Credit Suisse-Filiale in Lausanne besetzt.
- Im Januar wurden die Klima-Aktivisten überraschend freigesprochen.
Das Urteil im Januar sorgte weit über die Landesgrenzen für hohe Wellen: Ein Waadtländer Einzelrichter sprach überraschend zwölf Klimaaktivisten frei. Diese waren im November 2018 in eine Lausanner Filiale der Credit Suisse eingedrungen und spielten dort Tennis.
Die Aktivisten sind zwischen 21 und 34 Jahre alt. Die meisten von ihnen sind Studenten. Sie warfen der Bank vor, sie schmücke sich in Werbekampagnen mit dem positiven Image des Tennisspielers Roger Federer. Dies, während einige ihrer Investitionen gleichzeitig die Umwelt schädigten.
Die Waadtländer Staatsanwaltschaft hatte bereits einen Tag nach dem Freisprucg rekurriert. Heute stehen die zwölf Klima-Aktivisten deshalb vor dem Kantonsgericht in Renens VD.
Nobelpreisträger als Sympathisant
Sie werden von rund 70 Sympathisanten vor dem Gericht mit Jubel und Applaus begrüsst. Einer von ihnen ist der Schweizer Biophysiker Jacques Dubochet (78), der 2017 den Nobelpreis für Chemie erhalten hatte.
Am Prozess sind Corona-bedingt neben den beteiligten Parteien nur eine gewisse Anzahl akkreditierter Journalisten zugelassen.
«Das ist bizarr und nicht korrekt», sagt Dubochet Nau.ch. «Der Prozess sollte öffentlich sein. Die Corona-Massnahmen können auch am Kantonsgericht eingehalten werden.»
Auch die 13 ehrenamtlich arbeitenden Anwälte der Angeklagten verlangen zum Auftakt der Verhandlung, dass der Prozess öffentlich ist.
Ausschluss der Öffentlichkeit
Im Januar hatten im Gerichtssaal tumultartige Szenen geherrscht: Dutzende Sympathisanten, Aktivisten und Anwälte lagen sich bei der Urteilverkündung vor Freude jubelnd in den Armen. Es flossen gar Freudentränen.
Generalstaatsanwalt Eric Cottier verteidigt den Ausschluss der Öffentlichkeit. «Es darf nicht sein, dass ein Prozess als politische Demonstration missbraucht wird. Die öffentliche Sicherheit und die Gesundheit müssen garantiert sein.»
Nach einer kurzen Unterbrechung verkündet das Gericht, dass der Ausschluss der Öffentlichkeit bestehen bleibt.
Politische Statements
Bei der Befragung durch die drei Richter rechtfertigen die Klima-Aktivisten ihre Protestaktion in der Credit Suisse-Filiale. «Der Klimawandel schreitet ungebremst voran. Wenn wir nichts machen, sind wir für immer verloren», sagt eine Aktivistin. «Die Öffentlichkeit muss aufgeweckt werden.»
Eine andere angeklagte Studentin sagt: «Ich habe Angst vor der Zukunft.» Sie könnten es wegen des Klimawandels nicht verantworten, Kinder zu haben, sagen andere Mitstreiter.
Die Angeklagten nützen die Befragung für politische Statements. «Die Regierung und der Staat müssen in einer Demokratie unser Leben schützen. Heute passiert das nicht.»
Experten: Politisches Skandal-Urteil
Richter Philippe Colelough hatte den Aktivisten im Januar zugestanden, aus einem «rechtfertigenden Notstand» der Klimakrise heraus gehandelt zu haben.
Er sprach die zwölf Klimaaktivisten vom Vorwurf des Hausfriedensbruchs und des Verstosses gegen das Ordnungsbussengesetz frei.
Das Urteil wird von namhaften Juristen als politisch und somit als Skandal eingestuft. Die Credit Suisse ist am neuen Prozess neu mit einer Anwältin vertreten.
Credit Suisse bekräftigt Engagement
In einem Statement erklärt die Credit Suisse: Sie setze sich für den Klimaschutz und das Erreichen der Ziele des Pariser Klimaabkommens ein.
«Wir haben unsere Richtlinien in den letzten Jahren kontinuierlich verschärft und konkrete Massnahmen ergriffen. Seit August 2020 ist eine eigene Funktion für Nachhaltigkeit in unserer Konzernleitung vertreten.»
Die Credit Suisse will in den nächsten zehn Jahren mindestens 300 Mrd. Franken an nachhaltiger Finanzierung bereitstellen.
Das Urteil des Waadtländer Kantonsgerichts wird am Donnerstag erwartet. Es dürfte in jedem Fall ans Bundesgericht weitergezogen werden.