Ukraine-Krieg: Sozialhilfe-Bezüger verkaufen trotz Pflicht Auto kaum
Wer vor dem Ukraine-Krieg in die Schweiz geflohen ist, müsste beim Bezug von Sozialhilfe das Auto verkaufen. Das lässt sich aber in der Praxis kaum umsetzen.
Das Wichtigste in Kürze
- Ukrainer, die in der Schweiz Sozialhilfe beziehen, müssten seit kurzem ihr Auto verkaufen.
- Laut den kantonalen Behörden erweist sich dies in der Praxis als schwierig.
- Viele Autos seien nicht so viel wert, dass es sich lohnen würde, sie hier zu verkaufen.
Bis vor kurzem hatten Behörden den vor dem Ukraine-Krieg geflüchteten Ukrainern das Auto nicht als Vermögen an die Sozialhilfe angerechnet. Weil dies aber umstritten war, haben die Kantone Ende 2022 ihre Empfehlungen angepasst.
Wer vor dem Ukraine-Krieg in die Schweiz geflohen ist, müsste damit neu das Auto verkaufen. Dies, wenn man weiter Sozialhilfe beziehen möchte.
Obwohl dies schon seit einigen Monaten gilt, erweist sich die Umsetzung in der Praxis als schwierig. Dies zeigt eine Anfrage von «SRF» bei sieben grösseren Kantonen und Städten.
Demnach sei laut den entsprechenden Behörden noch kein einziges Auto verkauft worden. Doch fast alle würden einige Fälle prüfen. Der Kanton Waadt etwa erwäge bei fast 50 ukrainischen Flüchtlingen einen Autoverkauf.
Ukraine-Krieg: Autos der Geflüchteten sind meist zu wenig wert
Im Kanton Bern sei rund ein Dutzend Fälle hängig, viele Betroffene würden sich aber gegen den Verkauf wehren: «Es werden Papiere vorgelegt, die zeigen, dass die Fahrzeuge jemanden in der Ukraine gehören. Oder dass sie geleast sind», erklärt Gundekar Giebel von der Berner Sozialdirektion. Zudem hätten mehrere Ukrainer ihr Auto in ihr Heimatland zurückgebracht, nachdem sich das Sozialamt gemeldet habe.
Hinzu kommt laut Renata Gäumann, Asylkoordinatorin vom Kanton Basel-Stadt, ein anderes Problem: «Die wenigsten Fahrzeuge sind so viel wert, dass es sich lohnt, das Auto in der Schweiz zu verkaufen.»
Demnach müsste der Wert des Fahrzeugs den Vermögensfreibetrag der jeweiligen Haushaltsgrösse übersteigen. Dies sei aber in den meisten Fällen nicht gegeben, es seien «keine Luxusautos». Der Kanton Genf hat Verkäufe sogar schon gestoppt. Grund: Die jeweiligen Autos seien zu wenig wert.
«Entscheide müssen in einer gesunden Verhältnismässigkeit stehen»
Dennoch sei es richtig, es zu versuchen, sagt Gäumann. Wichtig sei aber, jeden einzelnen Fall mit Augenmass zu prüfen. «Die Entscheide müssen in einer gesunden Verhältnismässigkeit stehen», erklärt sie. Damit dürfte es wohl nur zu wenigen Zwangsverkäufen kommen.
Nach Schätzung der Kantone hat nur jeder zehnte ukrainische Haushalt in der Schweiz ein Auto zur Verfügung. Damit ist von der Regel nur eine Minderheit der vor dem Ukraine-Krieg geflüchteten Menschen betroffen.