Unwetter: Walliser Abwasser fliesst jetzt direkt in die Rhone
Das Wichtigste in Kürze
- Gewitter am Samstag und in der Nacht auf Sonntag haben zu Überschwemmungen geführt.
- Es gab mehrere Todesopfer und Vermisste.
- Mit dem Ticker von Nau.ch bleibst du auf dem Laufenden.
Schwere Unwetter am Samstag und in der Nacht auf Sonntag haben im Wallis und im Kanton Tessin für Überschwemmungen gesorgt.
Die neusten Ereignisse gibt es im Nau.ch-Ticker. Die Entwicklungen vom Montag kannst du hier nachlesen.
18:45: Die jüngsten Unwetter haben im Wallis erhebliche Schäden angerichtet und dabei auch die Funktionstüchtigkeit mehrerer Kläranlagen (ARAs) beeinträchtigt. Eine erste Analyse der Situation durch die Walliser Dienststelle für Umwelt (DUW) zeigt ein düsteres Bild: Sieben ARAs in besonders betroffenen Gebieten konnten ihren Betrieb nicht wieder aufnehmen, wie «pomona.ch» berichtet
Zur Aufklärung der Öffentlichkeit hat die DUW eine spezielle Informationsseite eingerichtet. Hier wird über aktuelle Entwicklungen informiert und es wird an die Bevölkerung appelliert, keine synthetischen Substanzen in die Kanalisation zu leiten. Dies soll helfen, weitere Schäden an den Wasserläufen zu vermeiden.
Es wird empfohlen, Toilettenpapier im Abfall zu entsorgen und andere Materialien – auch biologisch abbaubare – nicht in Spülbecken oder Toiletten zu werfen. Ölhaltige Substanzen sollten ebenfalls nicht ins Abwasser gelangen.
Weitere Leiche geborgen
18:15: Am Dienstag ist eine weitere Leiche im Flussbett der Maggia in Riveo TI gefunden worden. Wie die Kantonspolizei Tessin mitteilt, wurde sie beim Überflug eines Militär-Helikopters entdeckt. Schliesslich fand eine Bergung durch einen Rega-Helikopter statt. Identifizierungsverfahren sind im Gange, um die Identität der gefundenen Person festzustellen.
16:55 Die Kantonspolizei Tessin gibt bekannt, dass heute die formelle Anerkennung der drei Frauen, die durch den Erdrutsch vom 30.06.2024 in der Gegend von Fontana ums Leben gekommen sind, durchgeführt wurde. Es handelt sich um eine 76-jährige Frau und zwei 73-jährige Frauen, die in Baden-Württemberg (D) leben.
16:53 Im Onsernone-, Maggia- und Lavizzaratal herrscht akute Überschwemmungsgefahr. Dies teilten die Behörden am Dienstagnachmittag via die Alarm-App Alert Swiss mit.
In der Ortschaft Prato Sornico im oberen Maggiatal werden die Menschen dazu aufgerufen, ihre Wohnungen in Flussnähe zu verlassen. Auch sollen sie Keller und Tiefgaragen meiden. Zudem warnen die Behörden davor, mit dem Auto oder Velo durch überflutete Strassen zu fahren.
Die Nähe zu Gewässern soll gemäss Mitteilung grundsätzlich gemieden werden, da Flutwellen auch überraschend auftreten könnten. Seit dem Unwetter mit heftigen Regenfällen am vergangenen Wochenende führen die Gewässer im Tessin mehr Wasser als üblich. Besonders hart getroffen wurde das obere Maggiatal.
Bundesrat Rösti: «Es gibt kein Leben ohne Risiko»
14:26: Umweltminister Albert Rösti sieht das Risiko weiterer Schadensereignisse bei Unwettern in der Schweiz als nicht verhinderbar an. «Es gibt kein Leben ohne Risiko» sagte Rösti im «Tagesgespräch» von Radio SRF vom Dienstag. Dies sei insbesondere in Berggebieten der Fall.
Deshalb wolle man der Bevölkerung kein «Null-Risiko» verkaufen. Er glaube den Experten, die sagten, dass der Klimawandel hierbei einen Einfluss habe. Die Ereignisse würden «intensiver». Zudem würden in gefährdeten Gebieten mehr Menschen wohnen, als noch zu früheren Zeiten.
Deshalb brauche es eine Anpassung des Schutzniveaus. Man müsse nun dafür sorgen, dass die Ereignisse weniger Auswirkungen hätten. Der Bund alleine zahle jährlich 160 Millionen Franken für Schutzmassnahmen. Man könne die Gelder aber noch gezielter und risikobasierter einsetzen, sagte Rösti. «Das heisst gezielt da, wo man feststellt, dass das Risiko aufgrund von Wetterereignissen grösser ist.»
Eine Erkenntnis aus den jüngsten Unwettern sei dabei, dass «wir das neue Wasserbaugesetz sehr rasch in Kraft setzen müssen», sagte Rösti. Dieses sehe noch gezieltere Risikoverminderungen vor, auch in raumplanerischer Hinsicht. «Wir wollen mit den gleichen Mitteln noch einen grösseren Schutz erreichen.»
Die Rhonekorrektur – die im Moment gestoppt ist – sei ein Projekt, dass über 20 Jahre hinweg finalisiert werde, wobei der Bund mit mehr als einer Milliarde Franken Unterstützung leiste, führte Rösti aus. Der Kanton Wallis wolle nun noch einmal überprüfen, ob dabei wirklich rund 150 Hektare Fruchtfolgeflächen verloren gehen sollten respektive müssten. Das liege in der Hand des Kantons.
Es sei aber unbestritten, dass bei diesem Interessenkonflikt keine Abstriche bei der Sicherheit gemacht werden dürften, sagte der der Vorsteher des eidgenössischen Departements für Umwelt, Verkehr, Energie und Kommunikation (Uvek). Da werde auch der Bund draufschauen.
Klar sei hierbei auch, dass es bei der voraussichtlichen Dauer bis zur Fertigstellung des Projekts, «noch den einen oder anderen Schaden geben wird». Mit den bisher vorgenommenen Korrekturen an Rhone und Rhein habe man mit Blick auf die jüngsten Überschwemmungen und Erdrutsche in der Schweiz derweil ein noch «viel grösseres Schadenspotenzial» als das jetzige bereits verhindert, sagte Rösti.
Unternehmen beantragen Kurzarbeit
13.25: Nach den Unwettern im Wallis stehen die beiden auf Aluminiumprodukte spezialisierten Unternehmen Constellium und Novelis in Siders VS und Chippis VS still. Wann der Betrieb wieder hochgefahren wird, war zunächst unklar. Die Firmen haben Antrag auf Kurzarbeitsentschädigung gestellt.
«Die Aufräumarbeiten haben am Montag begonnen, wobei die Räumung der Zugänge Priorität hat», sagte Serge Gaudin, Chef von Novelis Siders, am Dienstag der Nachrichtenagentur Keystone-SDA. Auf dem Gelände seien Feuerwehrleute und Armeeangehörige damit beschäftigt, den Schlamm wegzuräumen.
«Wir wissen noch nicht, wie lange die Fabrik still seht wird und wie gross der Schaden ist. Insbesondere müssen alle Maschinen auf Defekte untersucht werden, und das Gelände ist gross», fügte Gaudin hinzu. Er könne deshalb noch keine Zahlen zu den finanziellen Auswirkungen der Überschwemmung auf das Unternehmen nennen.
Suche nach vermisster Person im Misox geht weiter
13.03: Im Misox in Graubünden wird nach schweren Unwettern weiterhin nach einer vermissten Person gesucht. Die Suche laufe bis auf Weiteres, sagte der Bündner Regierungsrat Peter Peyer (SP) am Dienstag vor den Medien in Chur.
Wie lange die Suche laufe und wo überall gesucht werde, stehe noch nicht fest, sagte der Justiz- und Sicherheitsdirektor.
Bisher forderten die Unwetter und nachfolgende Fluten sowie Schuttströme im Misox zwei Todesopfer. Eine weitere Person konnte lebend aus Schuttmassen geborgen werden.
Elf Spezialisten bieten psychologische Hilfe im Maggiatal an
12.25: Neben den Fachkräften, die bei der Suche nach den fünf vermissten Personen helfen, sind im oberen Maggiatal auch elf Psychologen und Betreuer im Einsatz. Sie unterstützen jene Menschen, die von den Unwetterfolgen besonders stark betroffen sind.
Konkret im Einsatz stehe das Care Team Ticino, unterstützt von Spezialisten der Tessiner Kantonspolizei, wie die Polizei mitteilte.
In den Ortschaften Mogno und Pian di Peccia sei die Stromversorgung noch immer nicht gewährleistet, heisst es in einem Communiqué der Tessiner Kantonspolizei. Auch die Mobilfunkkommunikation bleibe schwierig.
Wasserstand der Maggia behindert Suche nach Vermissten
12.14: Die Suche nach insgesamt fünf Vermissten in Folge eines heftigen Unwetters im Maggiatal vom letzten Wochenende wird durch viel Wasser führenden Fluss erschwert. Derzeit ist laut Informationen der Tessiner Kantonspolizei nur eine Suche an der Wasseroberfläche möglich.
Der Wasserstand der Maggia lasse derzeit keine gründlicheren Kontrollen zu, heisst es in einem Communiqué der Kantonspolizei weiter.
An der Suche beteiligt seien zurzeit rund fünfzehn Spezialisten, darunter Angehörige der Kantonspolizei (Such- und Ermittlungseinheit, Hundestaffel, Seeeinheit und Helikopterspezialisten) sowie Rettungskräfte des Schweizer Alpen-Clubs (SAC). Unterstützt würden die Suchenden von Helikoptern des Militärs sowie zivilen Helikopter-Besatzungen.
Die Einsätze konzentrierten sich besonders auf die Gebiete von Peccia und Prato Sornico sowie auf den Flussabschnitt zwischen Pian di Peccia und Bignasco.
135 Armeeangehörige im Einsatz
11.48: Rund 135 Angehörige der Schweizer Armee helfen im Tessin und im Wallis bei der Bewältigung der Unwetterschäden. Im Tessin ist der Bau einer militärischen Hilfsbrücke geplant.
Aktuell erfolgten durch die zivilen Behörden in der Region Cevio im Maggiatal die notwendigen ingenieurtechnischen Vorbereitungen, um mit dem Bau der Brücke sicher beginnen zu können, teilte die Armee am Dienstag mit. Die Brücke soll von etwa 35 Angehörigen des Katastrophenhilfe-Bereitschaftsbataillons erstellt werden.
In der Region Siders und Chippis im Wallis sind Angehörige des Katastrophenhilfe-Bereitschaftsbataillons sowie des Geniebataillons 6 damit befasst, Wassermassen abzupumpen und Verkehrswege freizuräumen. Zudem sind Armeeangehörige bereit, die Beleuchtung von Schadenplätzen auch der zivilen Einsatzkräfte sicherzustellen. Bei Bedarf soll damit auch in der Nacht gearbeitet werden können.
Wiederaufbau in Misox GR in vollem Gange
11.37: Die Bündner Regierung hat am Dienstag über die laufenden Arbeiten im Misox informiert. Der Gebäudeversicherung wurden bisher 220 Gebäudeschäden gemeldet. Sie rechnet im Misox und im Calancatal mit einem Schadensausmass von 8 bis 15 Millionen Franken.
Die beiden Regierungsräte Marcus Caduff (Mitte) und Peter Peyer (SP) hätten sich vor Ort ein Bild gemacht, teilte die Bündner Regierung am Dienstag anlässlich ihres monatlichen Treffens mit den Medien in Chur mit.
In die laufenden Aufräum- und Bauarbeiten sind zahlreiche kantonale Stellen involviert. Bis am 5. Juli könnten die A13 sowie die Kantonsstrasse bis Mesocco wieder teilweise befahrbar sein.
Ende vorletzter Woche hatte ein heftiges Unwetter im Bündner Südtal zu Überschwemmungen und Erdrutschen geführt. Die Autobahn A13 wurde vom Fluss Moesa auf einer Länge von 200 Metern weggerissen. Ein Murgang erfasste das Dorf Sorte der Gemeinde Lostallo und zerstörte drei Häuser, Strassen und andere Infrastruktur.
Schweizer Armee unternimmt Einsatz im Wallis
11.28: Nach den Unwettern im Wallis beteiligt sich die Schweizer Armee bis Mitte nächster Woche an den Aufräum- und Wiederaufbauarbeiten. Der Einsatz dauert bis zum 10. Juli und kann bei Bedarf verlängert werden.
Dies sagte der Einsatzleiter Armee, Oberstleutnant Jean-Claude Gagliardi, am Dienstag an einer Medienkonferenz in Siders. «Die Armee hilft aus, wo sie gebraucht wird», fügte Gagliardi hinzu.
Die Armee werde immer auf Anfrage eines Kantons eingesetzt. Der Kanton Wallis habe die Hilfe der Armee am Sonntag angefragt. Ziel sei, dass die Normalität schnellstmöglich wieder einkehre. Die Armee stehe unter anderem in Siders, im Saas-Tal und in Goms im Einsatz.
Oberes Maggiatal hat wieder Strom- und Mobilfunknetz
10.24: Im oberen Maggiatal ist das bei den Unwettern vom Wochenende zerstörte Strom- und Mobilfunknetz grösstenteils wieder hergestellt worden. Dies teilte der Tessiner Notfallstab am Dienstag auf Anfrage der Nachrichtenagentur Keystone-SDA mit.
Lediglich in Mogno und in Piano di Peccia bestünden noch Probleme mit der Elektrizitätsversorgung, erklärte der Kommunikationschef des Tessiner Notfallstabs Renato Pizolli. Ansonsten funktionierten Strom- und Mobilfunknetz wieder gut in der von Unwettern schwer getroffenen Region.
Suche nach Vermissten im Tessin geht weiter
09.51: Im von einem Unwetter versehrten oberen Maggiatal im Tessin ist am Dienstagmorgen die Suche nach insgesamt fünf Vermissten fortgesetzt worden. Neben Helikoptern sind Spezialisten der Alpinen Rettung und Spürhunde im Einsatz.
Eine genaue Zahl der im Einsatz stehenden Suchkräfte konnte der Kommunikationsverantwortliche des Tessiner Notfallstabs Renato Pizolli am Dienstagmorgen nicht nennen. Bis zum Mittag stellte er jedoch weitere Informationen in Aussicht.
Pakistan-Premier drückt der Schweiz sein Beileid aus
09.38: Der pakistanische Premierminister Shehbaz Sharif hat der Schweiz wegen den verheerenden Überschwemmungen im Wallis und im Tessin sein Beileid kundgetan. «Pakistan steht unseren Schweizer Freunden in dieser schwierigen Zeit zur Seite», schrieb Sharif auf X.
«Wir erinnern uns mit Dankbarkeit daran, dass die Schweiz zu den ersten Ländern gehörte, die während der verheerenden Überschwemmungen 2022 in Pakistan Rettungsteams entsandten», schrieb der Regierungschef des südasiatischen Staates mit seinen rund 236 Millionen Einwohnenden.
Auch sprach Sharif sein Beileid an Bundespräsidentin Viola Amherd aus. Diese reagierte auf die Worte des Premiers: «Vielen Dank für Ihre aufrichtigen Worte und Ihre Unterstützung in schwierigen Zeiten in einigen Regionen unseres Landes. Wir schätzen die starke Freundschaft zwischen Pakistan und der Schweiz sehr», schrieb Amherd am Dienstagmorgen auf X.
Bahnstrecke im Wallis bis Donnerstag gesperrt
08.12: Die Bahnstrecke Lausanne-Brig zwischen Leuk und Gampel-Steg VS bleibt aufgrund des Hochwassers voraussichtlich bis am Donnerstag unterbrochen. Für Reisende zwischen Siders und Visp sowie Gampel-Steg und Leuk standen weiterhin Ersatzbusse bereit.
Betroffen vom Unterbruch waren sowohl Fernverkehrszüge als auch Regionalzüge, wie aus der Bahninformation der SBB am Dienstagmorgen hervorging. Reisenden zwischen Genf-Flughafen, Genf, Lausanne und Visp sowie Brig wurde angeraten, via Bern zu reisen.
Der Bahnverkehr war seit dem frühen Montagmorgen wegen Hochwassers unterbrochen. Zunächst gingen die SBB davon aus, dass die Einschränkungen bis am Dienstag dauern würden.
Geologe warnt vor weiteren Murgängen
08.10: Der Geologe Flavio Anselmetti warnt bei «SRF» vor weiteren Murgängen in der Schweiz. Der starke Regenfall mache die Hänge nicht stabiler, darum wird man «mit weiteren Murgängen rechnen müssen».
Zudem spricht er von möglichen Kettenreaktionen bei den starken Niederfällen: «Bergstürze können weiter unten Murgänge auslösen.»