Verschwörung «Satanic Panic» breitet sich im Berner Oberland aus
Die Verschwörungstheorie, nach der Teufelsanbeter Frauen missbrauchen und ihre Gedanken programmieren, gewinnt an Popularität – insbesondere im Berner Oberland.
Das Wichtigste in Kürze
- Für die Verschwörungstheorie «Satanic Panic» gibt es keine Beweise.
- Im Berner Oberland soll sie im Rahmen von psychiatrischer Betreuung zum Einsatz kommen.
- Eine Therapie sollte zu Selbstbestimmung hinführen, sagen Experten.
Schon seit mehr als 40 Jahren geistert die Verschwörungserzählung «Satanic Panic» umher. Ihren Ursprung findet sie in den USA. Mittlerweile ist sie auf der ganzen Welt verbreitet – auch hierzulande.
Dabei geht es um Teufelsanbeter, welche angeblich durch rituelle Gewalt versuchen, die Gedanken ihrer Opfer zu programmieren und zu kontrollieren. Als Mittel zum Zweck dient der sexuelle Missbrauch.
Doch: Beweise für die Existenz solcher Fälle gibt es bisher nicht.
Berner Oberland als «Hotspot»
Eine Recherche von «SRF Investigativ» zeigt jetzt, dass sich die Verschwörungstheorie in der Schweiz ausweitet. Insbesondere das Berner Oberland stelle «einen Hotspot» dar, heisst es.
Dort habe sich «Satanic Panic» zunehmend in religiösen Kreisen festgesetzt. Mehrere Seelsorger, Therapeuten und Politiker sollen an die Verschwörungserzählungen glauben und sie zudem weiterverbreiten.
Einer davon ist Paul Veraguth, der 30 Jahre lang als Pfarrer an der reformierten Kirche in Wattenwil BE aktiv war. Mittlerweile arbeitet er als Seelsorger – und therapiert auch angebliche Opfer von satanistischen Tätern.
Er leite eine Selbsthilfegruppe und habe bisher zwölf Frauen betreut, so Veraguth. Er glaube daran, dass Frauen in satanistischen Ritualen missbraucht und zu «Teufelsbräuten» gemacht werden.
«Therapie sollte Patientinnen zu Selbstbestimmung hinführen»
Einer Frau habe er geholfen, ihren Namen zu ändern, erzählt er. Pikant: Dafür ist ein psychiatrisches Gutachten notwendig. So würden religiöse Überzeugungen mit Einschätzungen von medizinischen Fachpersonen und der Arbeit von Behörden vermischt.
Und genau das stimmt Experten kritisch. Thomas Knecht, forensischer Psychiater, sagt: «Es kann wohltuend sein, wenn man sich aus der Eigenverantwortung ein Stück weit entlassen fühlt. Aber es ist nicht das Gleiche wie eine Problemlösung.»
Täter, die die Gedanken ihrer Opfer programmieren können, gebe es nicht. «Dafür gibt es keine Beweise. Mir ist in 40 Jahren Tätigkeit niemand begegnet, der über solche Fähigkeiten verfügt», sagt Knecht.
Im Rahmen der Betreuung von psychisch kranken Menschen habe die Verschwörungstheorie «Satanic Panic» darum nichts zu suchen, bekräftigt Knecht. «Eine Therapie sollte Patientinnen zu Selbstbestimmung hinführen.»