Viele Krankenkassen haben zu wenig Reserven
Jede vierte Krankenkasse in der Schweiz hat zu wenig Reserven – auch der grösste Versicherer ist im roten Bereich.
Das Wichtigste in Kürze
- 2021 beschloss der Bundesrat die Krankenkassenreserven zu reduzieren.
- Seither sind die Reserven aller grossen Krankenversicherer deutlich geschrumpft
- Aktuell sind 11 von insgesamt 44 Versicherern unterfinanziert.
Seit 2012 prüft das Bundesamt für Gesundheit die Zahlungsfähigkeit der Schweizer Krankenkassen mithilfe eines Solvenztests. Dieser soll gewährleisten, dass die Versicherer über ausreichend Reserven verfügen, um auch in Jahren mit unerwartet hohen Gesundheitskosten sämtliche Ausgaben ihrer Versicherten decken zu können.
Aufgrund der jährlich steigenden Krankenkassenprämien und der pandemiebedingten Mehrkosten beschloss der Bundesrat 2021, die Krankenkassenreserven zu reduzieren. Während die gesetzlich empfohlene Liquiditätsquote 2020 noch bei 150 Prozent lag, wurde sie im Zuge der geplanten Verordnungsrevision auf 100 Prozent gesenkt.
Seither sind die Reserven aller grossen Krankenversicherer deutlich geschrumpft, wie eine Analyse des Beratungsunternehmens Deloitte zeigt, über welche die «Tamedia»-Zeitungen berichten. Während 2022 noch alle Versicherer die Mindestanforderungen an ihre Solvenz erfüllen konnten, wiesen 2023 bereits sieben Krankenkassen unzureichende Reserven auf.
Im laufenden Jahr hat sich die Situation nochmals verschlimmert: Nun sind 11 von insgesamt 44 Kassen unter die vom Bund geforderte Quote gefallen – das betrifft somit jede vierte Krankenkasse.
CSS verliert innerhalb von drei Jahren fast eine Mia. an Reserven
Die unterschiedliche Entwicklung der Krankenversicherer lässt sich beispielhaft an der CSS, der grössten Kasse mit 1,5 Millionen Grundversicherten, und der Concordia verdeutlichen: Innerhalb von drei Jahren hat die CSS fast eine Milliarde Franken an Reserven verloren, wodurch ihre Solvenzquote von 205 Prozent auf 84 Prozent gesunken ist.
Trotz eines Reserveabbaus von 274 Millionen konnte die Concordia hingegen ihre Liquiditätsquote auf einem stabilen Niveau von 174 Prozent halten. Zudem gelang es der Versicherung, im laufenden Jahr 71'000 neue Grundversicherte zu gewinnen.
Im Gegensatz dazu sieht sich die CSS gezwungen, ihre Prämien 2025 überdurchschnittlich stark zu erhöhen, nachdem sie 2024 lediglich 30'000 neue Kunden für die Grundversicherung gewinnen konnte.
Versicherer müssen regelmässig Zustandsberichte ans BAG übermitteln
Das BAG ist mit dem Monitoring der Zahlungsfähigkeit der Krankenkassen beauftragt. Gegenüber «CH-Media» betont Sprecherin Gabriela Giacometti, dass man die Situation der Versicherer «intensiv beaufsichtige». Die Kassen müssen demnach regelmässig Zustandsberichte an die Aufsichtsbehörde übermitteln.
Das BAG ordnet aber nur eigene Massnahmen nur an, wenn ein Versicherer «keine oder nur unzureichende Schritte» unternimmt. Diese Massnahmen beginnen mit der Festlegung der Prämien für das folgende Jahr, die laut BAG so gestaltet sein müssen, dass sie den Reserveaufbau unterstützen.
Nur in Ausnahmefällen und bei stark unterfinanzierten Versicherern, wie zum Beispiel dem Zuger Anbieter Klug, sieht sich das BAG gezwungen, während des laufenden Jahres eine Prämienerhöhung zu verlangen.