Vorerst keine weitere Hiobsbotschaft für Mieter
In wenigen Tagen wird für Mieter die Publikation des Referenzzinssatzes veröffentlicht. Ihnen droht jedoch keine weitere Hiobsbotschaft.
Die Mieterinnen und Mieter in der Schweiz können vorerst durchatmen. Bei der in einer Woche anstehenden Publikation des Referenzzinssatzes droht keine weitere Hiobsbotschaft.
Das Bundesamt für Wohnungswesen (BWO) veröffentlicht den sogenannten hypothekarischen Referenzzinssatz. Es tut dies vier Mal im Jahr.
Anders als bei der letzten Publikation Anfang Juni können sich die Mieterinnen und Mieter nun entspannt zurücklehnen. Eine weitere Erhöhung wäre nämlich eine faustdicke Überraschung.
Referenzzinssatz wirkt sich auf Mieter aus
Zur Erinnerung: Im Juni stieg der sogenannte hypothekarische Referenzzinssatz zum ersten Mal überhaupt seit seiner Einführung im Jahr 2008, und zwar von 1,25 auf 1,50 Prozent. Viele Mieterinnen und Mieter erhielten kurz darauf Post vom Vermieter.
Denn bei einer Erhöhung um 0,25 Prozentpunkte dürfen Vermieter den Mietzins um 3,0 Prozent anheben – sofern sie auch die vorherigen Senkungen weitergegeben haben. Üblicherweise geben die Vermieter bei einer solchen Gelegenheit auch einen Teil der aufgelaufene Teuerung weiter, und manche überwälzen zusätzlich «allgemeine Kostensteigerungen». Viele Mieter sahen sich nach der Erhöhung im Juni mit einer mehr als 6 Prozent höheren Miete konfrontiert.
Solches droht nun nicht. Die befragten Bank-Ökonomen gehen unisono davon aus, dass der Referenzzinssatz im September bei 1,50 Prozent bleibt. Und sie müssen es wissen, da ihre Institute auch zu den grossen Hypothekargeben zählen.
Der Satz basiert auf den inländischen Hypothekarforderungen aller Banken. Institute mit einem Hypothekarvolumen von über 300 Millionen Franken sind meldepflichtig.
Nächste Erhöhung erst 2024
Konkret lag der Durchschnittszins im Juni bei 1,44 Prozent nach 1,33 Prozent im März. Für eine neuerliche Anhebung des Referenzzinssatzes auf 1,75 Prozent – er wird auf Viertelprozente gerundet – bräuchte es nun einen Anstieg des Durchschnittszinssatz auf über 1,62 Prozent.
Mehr als ein Durchatmen gibt es allerdings nicht. Wann es zum nächsten Schritt kommt, ist jedoch offen. Raiffeisen und die UBS sehen eine hohe Wahrscheinlichkeit für den Dezember. Die ZKB und Safra Sarasin hingegen erwarten die nächste Erhöhung erst im ersten Halbjahr 2024.
Einig sind sich die Experten darin, dass auch nach diesem Zinsschritt das Ende der Fahnenstange nicht erreicht ist. Sarasin erwartet im Dezember 2024 einen weiteren, Raiffeisen ebenfalls Ende 2024 oder spätestens im März 2025, die UBS und die ZKB erst im Verlauf des Jahres 2025. Diese Prognose gelte aber nur, wenn die SNB ihren Leitzins nur noch einmal erhöhe, betonte UBS-Experte Claudio Saputelli.
Bei jedem Anstieg haben die Vermieter das Recht, den Mietzins um 3 Prozent zu erhöhen. Dies heizt die Teuerung an. «Die Mieten machen knapp 20 Prozent vom Warenkorb aus, anhand dessen die Teuerung berechnet wird», so UBS-Experte Saputelli. Gemäss ZKB-Ökonom David Marmet führt jede Anhebung des Referenzzinssatzes mit einer gewissen Verzögerung zu einem Anstieg der Teuerung um 0,5 Prozentpunkte.
Raiffeisen-Ökonom Fredy Hasenmaile erwartet, dass der im Juni erfolgte Schritt die Teuerung im November vorübergehend sogar wieder über die 2-Prozent-Marke treiben wird. «Was die Teuerung betrifft, lösen die Mietpreisanstiege die Energiepreise als Treiber der Inflation ab.»
Manche sprechen in diesem Zusammenhang auch von sich einem selbst befeuernden System. Raiffeisen-Experte Hasenmaile geht aber davon aus, dass bei den nächsten Schritten im Referenzzins wohl keine Inflation von mehr als 2 Prozent mehr drohe, weil sich der allgemeine Preisauftrieb beruhige. Und auch Safra-Sarasin-Ökonom Karsten Junius meint, dass die Referenzzinserhöhungen die Teuerung weniger stark belasten als derzeit vielfach angenommen. «Ein Grund für zusätzliche Zinserhöhungen der Nationalbank sind die Entwicklungen der Mieten daher nicht.»