Bei Abtreibung gehts nicht nur um Frauenrechte

Sam Urech
Sam Urech

Wetzikon,

Wer sich gegen Abtreibung ausspricht, wünscht sich das Mittelalter zurück? Unser Halleluja-Kolumnist fasst heute ein heisses Eisen an.

Sam Urech
Sam Urech besucht die Freikirche FEG Wetzikon. - Fotograf: Sebastian Heeb

Das Wichtigste in Kürze

  • Sam Urech aus dem Zürcher Oberland ist Halleluja-Kolumnist auf Nau.ch.
  • Sind Sie seiner Meinung? Eher nicht? Wir freuen uns auf Ihren Kommentar.
  • Den Autor erreichen Sie per E-Mail unter [email protected].

«Der US-Bundesstaat Arkansas verbietet Abtreibungen selbst nach Vergewaltigung und Inzest. Halleluja-Typ, wie findest du das?»

Danke für die Frage. Da mein Artikel letzten Freitag gegen Judenhass üppige Beschimpfungen und Bedrohungen auslöste, hätte ich mir für heute zuerst gerne ein etwas weniger polarisierendes Thema gewünscht.

Zum Beispiel Papst Franziskus Reise in den Irak oder wie Tom Hanks Sohn in einem Jugendcamp zu Gott fand.

Aber okay, reden wir über Abtreibung. Zunächst jedoch zurück zum Judenhass: Ich habe diese Woche am Rande etwas miterlebt, wie sich wohl Juden in unserem Land fühlen.

Judenhass ist krank

Über 600 Leser-Kommentare mussten beim Artikel «Judenhass ist zum Kotzen» gelöscht werden. Viele Beschimpfungen und Bedrohungen waren darunter.

Judenhass ist doch gar kein Problem? Oh, doch. Kein anderes Thema in 59 Halleluja-Kolumnen löste nur annähernd so viel Hass aus.

Lassen Sie es mich nochmals in aller Form betonen: Wer Judenhass gut findet, ist armselig, bemitleidenswert und zerstört sich selbst.

Arkansas verbietet Abtreibungen

So, nun zum Thema: Der Gouverneur des US-Bundesstaats Arkansas hat ein Abtreibungsgesetz unterzeichnet, das selbst im Fall von Vergewaltigung und Inzest keinen Schwangerschaftsabbruch mehr erlaubt.

Was halten Sie von diesem Gesetz in Arkansas?

In Diskussionen über Abtreibung ist auffallend, dass es meist vor allem um Frauenrechte geht. Um ihr Recht über ihren Körper.

Wer sich trotzdem gegen Abtreibung positioniert, ist dadurch sogleich frauenfeindlich. Warum sollte eine Frau nicht über ihren Körper bestimmen dürfen?

Natürlich kann ich diese Sichtweise nachvollziehen. Während der Vater nur bei der Zeugung körperlich aktiv wird, stellt die Schwangerschaft das Leben der Mutter komplett auf den Kopf.

Ich habe zweimal miterlebt, was eine Frau Grossartiges leistet, bis das Kind endlich das Licht der Welt erblickt. Und wie lange es geht, bis sich ihr Körper wieder davon erholt hat. Unglaublich.

Ein weiteres Leben ist betroffen

Und jetzt soll ein Mann kommen und den Frauen die Abtreibung verbieten? Ich verstehe das Unverständnis. Meines Erachtens geht aber unter: Es gibt ein zweites Leben, das von der Abtreibungsfrage betroffen ist.

Was ist mit dem Kind? Es kann sich nicht wehren, nicht mal äussern – also hat es kein Recht auf Leben? Die Frau darf über IHREN Körper bestimmen, aber auch über den Körper eines anderen Menschen?

Eine Demonstrantin in Polen.
Eine Demonstrantin in Polen. - AFP

Oft folgt darauf das Argument, im Bauch seien Kinder doch erst Zellhaufen. Nun, ganz zu Beginn. Aber dann: Ich konnte bei jedem Ultraschalltermin in den beiden Schwangerschaften meiner Frau dabei sein. Meine Augen blieben niemals trocken.

Das Recht auf Leben

Wer meint, das Leben beginne erst mit dem ersten Atemzug, liegt meiner Meinung nach komplett daneben.

Was machen wir jetzt? Die Abtreibungsfrage betrifft zwei Leben. Wer für Abtreibungen ist, wertet das Leben der Mutter höher, als das des Kindes. Finde ich falsch.

In meinen Augen ist Leben immer gleich viel wert – egal ob das Leben gesund, krank, jung, ungeboren oder alt ist. Ich kann und will mich nie entscheiden, ein anderes Leben zu beenden.

Nie die Liebe vergessen

Erlauben Sie mir zum Schluss diesen Hinweis. Vor vielen Jahren kam mal ein Typ auf mich zu und fragte: «Hey, du bist doch in einer Freikirche, oder?»

Ich bejahte stolz, worauf er sagte: «Wegen euch ist meine Freundin depressiv. Sie hat abgetrieben und wurde deswegen von Christen so heftig beschimpft, dass sie sich das Leben nehmen wollte.»

Was ich mit dieser Geschichte ausdrücken möchte: Wenn wir Menschen verurteilen, die abtreiben, zerstören wir auch Leben.

Für viele Frauen ist eine Abtreibung der vermeintlich leichteste Ausweg aus schlimmster Not. Versuchen wir doch lieber, diese Not zu verstehen und zu helfen. So retten wir Leben.

***

Zum Autor:

Sam Urech ist 36-jährig, verheiratet und Vater von zwei Buben. Mit seiner Familie besucht er die Freikirche FEG Wetzikon. Sam hat viele Jahre beim Blick als Sportjournalist gearbeitet und ist heute Inhaber der Kommunikationsagentur «ratsam».

Er liebt seine Familie, seine Kirche, Guinness, Fussball, Darts, den EHC Wetzikon, Preston North End und vor allem Jesus Christus. Sam schreibt wöchentlich auf Nau.ch über seine unverschämt altmodischen Ansichten. Wenn Sie hier klicken, finden Sie alle seine Halleluja-Kolumnen.

Fragen oder Anregungen? Schreiben Sie Sam ein Email ([email protected]) oder kontaktieren Sie ihn über Facebook (halleluja.kolumnist).

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