Blanko-Scheck für Kriegsspielzeug?

Reda El Arbi
Reda El Arbi

Zürich,

Unser Kolumnist ist kein Armeegegner, trotzdem wird er aus folgenden Gründen gegen die unsägliche Blackbox der Kampfjetbeschaffung stimmen.

Reda El Arbi
Gastautor bei Nau.ch: Reda El Arbi. - Nau.ch

Das Wichtigste in Kürze

  • Nau.ch-Kolumnist Reda El Arbi erklärt die linksgrünversiffte Welt.
  • Reda El Arbi erlangte als Blogger und Journalist Bekanntheit.
  • Bis 2011 war er Chefredaktor des Satiremagazins «Hauptstadt».
  • Er lebt mit Frau und zwei Hunden in Stein am Rhein SH.

Obwohl ich klar links bin, will ich eine Armee, die unsere Demokratie, unsere Bevölkerung und unsere Interessen verteidigen kann. Ich bin keinesfalls naiv, und ich will unsere Armee mit den besten Werkzeugen ausgestattet sehen, die für ihre Aufgabe notwendig sind. Warum ich trotzdem gegen die Kampfjets stimme? Weil ich nicht gerne erpresst, manipuliert und verarscht werde, um schlussendlich eine Katze im Sack zu kaufen, deren Wert nicht nachgewiesen ist. Hier die Gründe:

Die Erpressung

Nach der abgelehnten Gripen-Abstimmung waren viele Leute im VBS und der Rüstungslobby so beleidigt, dass sie sich sagten, dass das Volk niemals mehr in einem Beschaffungsgeschäft mitreden soll. Sie gleisten die nächste Abstimmung (also diese hier) so auf, dass die Bevölkerung nicht mehr wirklich mitreden kann. Sie stilisierten die Vorlage zu einer Grundsatzentscheidung hoch, in der die Bevölkerung nicht mehr nach Fakten und Inhalten, sondern nach Ideologie abstimmen muss. Die Erpressung: stimmt für die Armee oder wir verlieren allen Schutz. Das ist natürlich nicht nur unredlich, es ist auch gelogen. Wir haben noch genug Zeit, um uns von den Verantwortlichen eine anständige Vorlage erarbeiten zu lassen, die keine erpresserische Blackbox ist.

kampfjet
Der Eurofighter von Airbus ist eines der Kampfflugzeuge, das in den nächsten Monaten in der Schweiz erprobt wird. Im Bild zwei Jets der deutschen Luftwaffe. (Archivbild) - sda - KEYSTONE/AP/MINDAUGAS KULBIS

Die Blackbox

Wir haben keine Ahnung, was mit dem Geld, das wir sprechen sollen, letztendlich passiert. Zuerst wurde uns eine Summe von 6 Milliarden präsentiert. Inzwischen bestreiten nicht mal mehr die Befürworter die Folgekosten von 18 Milliarden. Also, wir sollen mal das Portemonnaie aufmachen, ohne dass uns irgendwer genau erklärt, was mit den 24 Milliarden genau eingekauft wird. So funktioniert die direkte Demokratie nun mal nicht.

Die Fachleute

Sollen also wir Laien den neuen Kampfflieger aussuchen? Sicher nicht. Aber die Fachleute, die damals den Gripen super fanden, also genau den Gripen, der jetzt von den gleichen Fachleuten als unzulänglich für die Beschaffung eingestuft wurde, müssen der Bevölkerung sehr genau erklären, warum welcher Flugzeugtyp angeschafft werden soll.

Saab 39
Ein Gripen Kampfjet Saab 39 hebt ab. - Keystone

Wenn wir uns anschauen, was diese Fachleute der Armee in den letzten Jahren so angeschafft haben, ist diese Forderung mehr als gerechtfertigt: Ein Verteidigungssystem Bodluv, das bei Ablieferung effektiv unbrauchbarer Schrott war. Oder die Restaurierung des antiken Duro, die nicht nur teurer war als eine zeitgemässe Neuanschaffung, sondern auch noch Jahre Verzögerung hatte, weil die technischen Erfordernisse nicht erkannt wurden. Die Liste könnte hier noch um einiges länger werden. Ein weiteres Problem der Fachleute ist, dass sie bis so eng mit der Rüstungsindustrie verbandelt sind, dass mans kaum mehr unterscheiden kann. Freunde von Freunden.

Die Gegengeschäfte

Von jeder Million, die die Schweiz für die Kampfjets ausgibt, fliessen 60 Prozent zurück in die eigene Rüstungsindustrie. Natürlich will die Rüstungslobby so viel Geld wie möglich für die Kampfjets ausgeben, da sie ja so direkt Steuergelder in die eigene Kasse spülen kann. Echte Subventionen wären wenigstens ehrlich. Wie soll man also Fachleuten trauen, die der Rüstungsindustrie so nahe stehen, dass sie sich auf dem Klo ein Stück Papier teilen können? Hier gehts nicht um Sicherheit, das ist eine Nebelpetarde. Hier gehts um Geschäfte.

Die Szenarien

Keiner meiner Bekannten und Freunde im Militär konnte ein luftpolizeiliches Szenario anführen, in dem eine F-35 oder ein Eurofighter einen Nutzen hätten. Angeführt wurde lustigerweise gerade 9/11 in den USA. Selbst, wenn man ignoriert, dass die USA zu diesem Zeitpunkt Kampfjets in der Luft hatte, best ausgebildete Piloten im Cockpit, und es trotzdem nicht verhindern konnte, müsste man die Situation auf die Schweiz umdenken. Ein Jet der mit 800 bis 1000 Km/h von der Grenze einfliegt, oder von Zürich, Basel oder Genf startet, kann jedes Ziel in der Schweiz erreichen, bevor die Kampfjets auch nur in der Luft sind. Die Alarmstarts dauern zwar nur 15 Minuten, aber die Erkennung der Gefahrensituation und der politische Entscheid zum heissen Einsatz nehmen auch noch mal etwas Zeit in Anspruch. Ein Abschuss über bewohntem Gebiet würde sich übrigens auch nicht gross von einem Anschlag unterscheiden.

Kampfflugzeug
Der Bundesrat möchte für 6 Milliarden Franken neue Kampfjets kaufen. - keystone

Sollte die Gefahr von einem Kleinflugzeug ausgehen, wären selbst moderne Kampfhubschrauber besser zur Abwehr geeignet, da diese Propellermaschinen zu langsam fliegen. Die Schweizer Piloten gehen übrigens jetzt schon ins Ausland, um mit ihren Kampfjets wirklich zu trainieren, da die Schweiz für einige Übungen einfach zu klein ist.

Von Kriegsszenarien will ich hier gar nicht anfangen. In einem Krieg, in dem wir Kampfjets bräuchten, hätte der Gegner bereits Nato und Europa weggefegt - oder aber der Gegner WÄRE die Nato und Europa. Da helfen dann 40 Flugis auch nicht mehr viel.

Es gibt weder ein geopolitisches Szenario, noch eine klare Einsatzdefinition, es gibt nur diffus geschürte Ängste vor den «Feind». Das reicht nicht.

Der Auftrag

Die Befürworter werfen mir immer mal wieder vor, ich würde den verfassungsmässigen Auftrag der Armee ignorieren. Das stimmt nicht. Ich respektiere und unterstütze den Verteidigungsauftrag der Armee. Ich will nur sicher sein, dass die Armee auch die richtigen Instrumente für den Job hat. Und davon müssen die Fachleute die Bevölkerung in einer direkten Demokratie nun mal überzeugen. Und das geht nicht, wenn die Instrumente noch nicht mal bekannt sind.

kampfjet gsoa
Ein Plakat fotografiert während einer Medienkonferenz zur Lancierung des Referendums «Nein zu den Kampfjet-Milliarden». Die GsoA möchte den Kauf neuer Kampfjets verhindern. - keystone

Fazit:

Ich bin gerne bereit, der Armee 24 Milliarden zu geben, wenn die Verantwortlichen darstellen, was genau sie damit anfangen wollen, und wenn ich nicht den Verdacht habe, dass sich die Rüstungsindustrie indirekt die Taschen füllt und dazu auf den teuersten, aber unbrauchbaren Schrott setzt, wie auch schon vorgekommen. Wir wollen wissen, über was genau wir abstimmen.

Ich bin sogar bereit, der Rüstungsindustrie direkt 24 Milliarden auf die Hand zu klatschen, wenn sie dafür selbst eine brauchbare Lösung entwickelt, auf unsere Bedürfnisse zugeschnitten, im Inland hergestellt, deren Tech nicht von den USA aus kontrolliert wird.

Also, liebe Rüstungsbeschaffer, geht nochmals zwei Jahre über die Bücher, bringt eine anständige, transparente Vorlage, überzeugt mich von euren Lösungen. Dann bekommt ihr auch Geld von mir.

Zum Autor: Reda El Arbi ist 50-jährig, kommt aus Zürich und zog vor einigen Jahren nach Stein am Rhein. Grosse Bekanntheit erlangte er mit seinem Zürcher «Stadtblog» für den «Tagesanzeiger». El Arbi schreibt unverblümt, hat zu allem eine Meinung und polarisiert auch gern. Er ist verheiratet und lebt mit Frau und Hund in Stein am Rhein SH.

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