Giuseppe Gracia: Die Zumutung von Weihnachten

Der Schweizer Schriftsteller Giuseppe Gracia schreibt heute über Weihnachten. Ein Gastbeitrag.

Giuseppe Gracia.
Giuseppe Gracia, Schriftsteller, Publizist und Kommunikationsberater. - zVg

Das Wichtigste in Kürze

  • Giuseppe Gracia (55) ist Schriftsteller, Publizist und Kommunikationsberater.
  • In seinem Gastbeitrag betrachtet er Weihnachten aus einem etwas anderen Blickwinkel.

Gott, der Schöpfer des Alls, soll vor 2022 Jahren in einem Stall irgendwo in der Provinz zur Welt gekommen sein. Er soll von einer Jungfrau geboren worden sein, mitgetragen von einem Esel.

Eine Zumutung, dass es diesen christlichen Gott wirklich geben soll, der die Menschen derart mag, dass er sich unserer Welt ausliefert, einer Welt des Unrechts und der Gewalt. Ja, Gott liefert sich als wehrloses Baby schon im Mutterbauch den Menschen ganz aus. Das ist heutzutage noch viel gefährlicher als damals.

Kein Märchen und kein Zuckerguss mit Lichterketten

Kein Wunder, dass viele diese Geschichte nicht glauben. Doch für Christen ist Weihnachten kein Märchen, kein Zuckerguss mit Lichterketten und Flötenliedern. Sondern drei Tage nach der Geburt von Jesus ist es gemäss Bibel zum grossen Massaker gekommen, denn Herodes hatte die Tötung aller männlichen Kleinkinder in Bethlehem befohlen. Kreuz und Gewalt zeigten sich also bereits in der Krippe – nicht umsonst haben die Maler des Mittelalters das Jesuskind in Windeln dargestellt, die wie ein Leichentuch aussehen.

Für mich gehört zu Weihnachten die Vorstellung, dass der Mensch stets auf der Suche nach Wahrheit ist, so wie er auf der Suche nach einem Menschen ist, dem er sich ganz anvertrauen kann, bei dem er ganz zu Hause ist.

Weihnachten beutetet, dass mit Jesus beides auf die Welt kommt: die Wahrheit in einer Person, die eine Heimat für die Liebe bringt.

weihnachten
Laut Giuseppe Gracia soll man Weihnachten grosszügig mit vielen Geschenken feiern. (Symbolbild) - Pexels

Deswegen darf man Weihnachten grosszügig feiern, mit vielen Geschenken, ohne Knausrigkeit oder puritanische Verweigerung. Weihnachten ist ein Bekenntnis zum Leben, sofern wir über den vielen Geschenkpäcklis das Eigentliche nicht vergessen: einander etwas von uns selber zu schenken, von unserer einmaligen, unwiederholbaren Lebenszeit.

Wir ahmen Gott nach

Man kann es auch so sagen: Weihnachten ist das Fest, an dem wir Gott nachahmen, der sich uns schenkt, frei vom Himmel herab.

Oder mit den Worten des emeritierten Papstes Benedikt XVI.: «Der Himmel gehört nicht in die Geografie des Raums, sondern in die Geografie des Herzens. Und das Herz Gottes hat sich in der Heiligen Nacht in den Stall herabgebeugt. Und wenn wir uns darauf einlassen, dann berühren wir den Himmel.»

Zum Autor: Giuseppe Gracia (55) ist Schriftsteller und Kommunikationsberater. Sein neues Buch «Die Utopia-Methode» (Fontis Verlag, 2022) beleuchtet die Gefahren utopischer Politik.

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