Hans-Ulrich Bigler: Lockerung der Sonntagsverkäufe längst fällig!
Auch an den Wochenenden soll eingekauft werden, findet Hans-Ulrich Bigler in seiner Kolumne. Der Versuch der Migros in Zürich kommt gut an.
Das Wichtigste in Kürze
- In Zürich öffnet eine Migros-Filiale in einem Versuch auch am Sonntag – ohne Personal.
- Mit den ersten Sonntagsverkäufen sei die Migros «sehr zufrieden».
- Hans-Ulrich Bigler liefert in seiner Kolumne Argumente für den Sonntagsverkauf.
Seit Jahren wird in Bundesbern die Lockerung von Sonntagsverkäufen diskutiert. Seit Jahren werden Lösungsvorschläge immer wieder verworfen.
Und seit Jahren blockieren in erster Linie die Gewerkschaften mit ihrem entschiedenen «Njet» jegliche Weiterentwicklung.
Migros ohne Personal in Zürich
Nun aber kommt Bewegung in die Frage, indem innovative Ansätze neue Realitäten schaffen.
Aufhorchen liess am vergangenen Sonntag eine Meldung, wonach die Migros am Toblerplatz in Zürich auch sonntags geöffnet ist. Dazu braucht es nicht einmal Personal.
Das ist im Kanton Zürich möglich, solange ein Laden eine bestimmte Verkaufsfläche nicht überschreitet. Zutritt ist mit einer entsprechenden Kundenkarte möglich, die Abrechnung erfolgt unkompliziert über Self-Checkout-Kassen.
Ein Teil der Bevölkerung will am Sonntag einkaufen
Ein innovativer Ansatz schafft damit im Hinblick auf Sonntagsverkäufe neue Verhältnisse, die sich den heutigen Lebensrealitäten anpassen. Das mag man gut finden oder nicht.
Tatsache ist aber nun einmal, dass ein Teil der Bevölkerung am Sonntag einkaufen will. Wer das nicht glaubt, soll am Wochenende nur einmal das Treiben an den Tankstellenshops beobachten.
Künftig zwölf Sonntagsverkäufe?
So ist es nicht erstaunlich, dass auf der politischen Ebene eine Motion verlangt, dass lokale Geschäfte an Sonntagen öffnen können sollen. Aber nur mit einem Lebensmittelladen-Sortiment und einer begrenzten Zahl von Angestellten.
Im Nationalrat wurde der Vorstoss angenommen und an den Ständerat überwiesen. Die kleine Kammer hat nun zwar den Vorstoss abgewiesen, schlägt indessen vor, dass neu die Kantone künftig bis zu zwölf statt der heute maximal vier Sonntagsverkäufe bewilligen können.
Blockadehaltung der Gewerkschaften
Und damit sind wir zurück in der Tagesaktualität: Es ist natürlich möglich, im Stile der Gewerkschaften eine sture Blockadehaltung zu vertreten und jegliche Lockerungen der Ladenöffnungszeiten an Sonntagen zu bekämpfen.
Die Realität zeigt aber, dass es immer zu innovativen Lösungsansätzen kommt und kommen wird. Gott sei Dank, ist man versucht zu sagen, bleibt die Zeit nicht stehen und Alternativen erscheinen auf dem Bildschirm.
Damit kommen wir zu einem weiteren Problem. Ist es wünschbar, dass Shops ohne Verkaufspersonal öffnen? Denn: Es geht doch um Arbeitsplätze. Die Gewerkschaften wenden hier stereotyp ein, die Arbeitnehmenden seien überlastet, ja würden gar auch sonntags noch ausgebeutet.
Mit Verlaub, das ist Polemik pur und zielt an den Verhältnissen im Arbeitsmarkt völlig vorbei.
Personal will am Sonntag arbeiten
Festzustellen ist nämlich, dass es sehr wohl Personal gibt, das aus persönlichen Gründen an Sonntagsarbeit interessiert ist. Beispielsweise weil alleinstehend, wegen der Lohnzuschläge oder wegen der individuellen Freizeitgestaltung.
Anstatt zu blockieren und Arbeitsplätze infolge von personalfreien Shops zu gefährden, wäre es wohl intelligenter, Hand für Lockerungen zu bieten.
Kommt noch hinzu, dass das Argument der Arbeitnehmerausbeutung an den gesetzlichen Verhältnissen vorbeizielt. Auch wer sonntags arbeitet, muss die Wochenarbeitszeit einhalten. Die Freitage – das «Wochenende», wenn man so will – sind einfach auf andere Wochentage verteilt.
Lebensrealität spricht dagegen
Damit kommen wir abschliessend zum absoluten Killerargument: Die Wirtschaft will auch am Sonntag offen halten, weil sie schlicht ihre Profitgier auf das Maximum treiben will. Tönt gut, ist bei Lichte betrachtet aber Ausdruck einer rückwärtsorientierten Verweigerungshaltung.
Wie bereits ausgeführt, spricht die heutige Lebensrealität schlicht dagegen: Nicht mehr soll eingekauft werden, sondern eben auch an Wochenenden. Wem das nicht passt, der lasse es bleiben und lasse denjenigen, die es wollen, ihre Freiheit.
So gesehen ist die Lockerung der Sonntagsverkäufe längst fällig.
Zur Person: Hans-Ulrich Bigler ist Ökonom und war von 2008 bis 2023 Direktor des Schweizerischen Gewerbeverbands (SGV). Er ist im Vorstand mehrerer Verbände, darunter auch das Nuklearforum Schweiz, und sass von 2015 bis 2019 für die FDP im Nationalrat. Heute ist Bigler SVP-Mitglied.