Klimastreik Schweiz: Warum Atomstrom keine Lösung ist
Atomenergie verursacht ernsthafte Probleme und darf keine zentrale Rolle in Strategien zur Bekämpfung der Klimakrise spielen. Ein Gastbeitrag.
Das Wichtigste in Kürze
- Atomstrom sei keine Alternative beim klimagerechten Umbau der Energieproduktion.
- Laut Klimastreik Schweiz sei Atomenergie auch eine Frage der Generationengerechtigkeit.
- Es reicht nicht aus die Energiequellen zu wechseln. Ressourcen müssen auch gespart werden.
In der Diskussion um den klimagerechten Umbau der Energieproduktion werden zunehmend Stimmen laut, welche Atomkraft als Alternative zum Ausbau der erneuerbaren Energien propagieren.
Der Klimastreik findet: Atomenergie verursacht ernsthafte Probleme und darf keine zentrale Rolle in Strategien zur Bekämpfung der Klimakrise spielen.
Welche Probleme verursacht Atomenergie?
Aus Perspektive der Klimagerechtigkeit, die über die blosse Senkung der CO2-Emissionen hinausgeht, sprechen folgende Gründe gegen die Nutzung von Atomenergie: Atomenergie verursacht schwere Schäden für Mensch und Mitwelt. Der für die Energieproduktion benötigte Uranabbau verursacht massive gesundheitliche und ökologische Schäden (zum Beispiel Verseuchung von Trinkwasser, erhöhtes Lungenkrebsrisiko).
Auch Antikolonialismus und Extraktivismus sprechen gegen den Ausbau von Atomkraftwerken. Der Uranabbau findet vor allem im Globalen Süden oder in Australien/Kanada im Gebiet indigener Gemeinschaften statt. Eine verstärkte Nutzung von Atomkraft würde koloniale Kontinuitäten weiter verstärken und ist daher aus einer antikolonialen Perspektive nicht tragbar.
Ein weiteres Argument gegen die Nutzung von Atomkraftwerken ist die Generationengerechtigkeit. Es gibt derzeit keine bezahlbare und einfache Lösung für die Endlagerung von Atommüll. Es dauert beispielsweise 24‘000 Jahre, bis die Hälfte der radioaktiven Atome des Atommüll-Bestandteils Plutonium-239 zerfallen sind. Es hat also eine enorm lange Halbwertszeit. Dieser Zeithorizont betrifft unzählige ungeborene Generationen, welche die Einwilligung zur Nutzung von Atomenergie nicht geben können.
Ein Grund, der oft in Vergessenheit gerät, aber durchaus sehr relevant ist, ist Antimilitarismus. Zivile und militärische Nutzung von Atomkraft sind seit jeher miteinander verschränkt. Der Ausbau nuklearer Infrastruktur und entsprechende Forschung erleichtern einen Technologietransfer zur militärischen Nutzung von Atomkraft.
Wie könnte eine Energiewende ohne Atomenergie aussehen?
Oft wird Atomenergie als die einzige Option gepriesen, die CO2-frei grosse Mengen an Strom erzeugen kann, das stimmt jedoch nicht. Atomstrom ist nicht CO2-neutral – insbesondere vor und nach der Stromproduktion fallen Treibhausgasemissionen beim Uranabbau, bei der Herstellung von Brennelementen, beim Kraftwerkbau und bei der Endlagerung von Atommüll an.
In einer Gesellschaft, die so stark auf Energie in Form von Strom angewiesen ist wie unsere, bedeutet Energie Macht. Unser Ziel sollte deshalb eine Dezentralisierung der Stromproduktion sein. Die Nutzung von Atomkraft stabilisiert die derzeitigen Kräfteverhältnisse. Hingegen könnte die dezentrale Erzeugung des Produktionsmittels Strom im Zuge der Energiewende (zum Beispiel Solarenergie auf Hausdächern) die Bevölkerung mit mehr Macht im Produktionsprozess ausstatten – und damit unsere Mitbestimmung erhöhen, was mit der produzierten Energie geschehen soll.
Die Debatte um Atomkraft dient der fossilen Industrie zudem oft als Mittel zur Ablenkung oder Spaltung der Klimagerechtigkeitsbewegung. Gleichzeitig sollte uns das nicht davon abhalten, auch gewisse «erneuerbare» Energien zu kritisieren, die zwar besser als fossile Energien, aber auch lange nicht perfekt sind.
Doch bei all den Diskussionen um erneuerbare Energien muss uns klar sein, dass es nicht reicht, die Energiequelle zu wechseln. Es müssen massiv weniger Ressourcen verbraucht werden, um die Welt vor einem Kollaps zu bewahren. Dazu zählt auch, weniger Energie zu verbrauchen. Deshalb fordert der Klimastreik einen Systemwandel, denn nur so kann die globale Übernutzung von Ressourcen und damit die Zerstörung unserer Lebensgrundlagen gestoppt werden.