Martin Candinas (Mitte) zur 13. AHV-Rente: «Wer soll das bezahlen?»
Die Initiative für eine 13. AHV-Rente erfreut sich grosser Beliebtheit. Jedoch würde ein Ja die nachhaltige Finanzierung der AHV gefährden. Ein Gastbeitrag.
Das Wichtigste in Kürze
- Am 3. März stimmt die Schweiz über die 13. AHV-Rente ab.
- Was zunächst gut klingt, wird sich in der Praxis als teuer und höchst unsozial entpuppen.
- Eine solche Rentenerhöhung mit der Giesskanne gefährdet eine nachhaltige AHV-Finanzierung.
- Dies schreibt der Bündner Nationalrat Martin Candinas (Mitte) in seinem Gastbeitrag.
In gut zwei Wochen stimmen wir über die Initiative für eine 13. AHV-Rente ab. Die Umfragen deuten auf eine Mehrheit für das Anliegen hin. Auf den ersten Blick mag das auch ganz verständlich sein – wer möchte schliesslich nicht einfach so mehr Geld bekommen?
Was dabei jedoch immer wieder ausgeklammert wird – vor allem von den Initianten – ist die Finanzierung dieses grosszügigen Zustupfs. Wieder einmal wollen gewisse Kreise Geld, welches nicht da ist, nach dem Giesskannenprinzip ausgeben. Wer dies bezahlen soll, wird offengelassen.
Die AHV gehört zu den wichtigsten sozialen Errungenschaften der Schweiz. Deshalb müssen wir auch Sorge zu ihr tragen. Das bedeutet, nicht nur die kommenden zehn Jahre im Blick zu haben, sondern langfristig zu denken. Mit der vom Volk im September 2022 angenommenen Reform AHV 21 konnten wir die Finanzierung für die nächsten Jahre stabilisieren.
Bevölkerung wird immer älter – Finanzierung der AHV immer schwieriger
Doch die langfristige Finanzierung unserer Sozialwerke stellt die Schweiz weiterhin vor grosse Herausforderungen. Denn die Bevölkerung wird immer älter. Diese erfreuliche Entwicklung stellt das Verhältnis zwischen der erwerbs- und nichterwerbstätigen Bevölkerung vor Herausforderungen.
Die Anzahl der Erwerbstätigen, welche eine pensionierte Person finanzieren, nimmt laufend ab. Das führt dazu, dass schon im Jahr 2033 die Ausgaben der AHV deren Einnahmen massiv übersteigen.
Die Initiative verschlimmert diese Situation zusätzlich. Sie macht die Stabilisierung, welche wir durch AHV 21 vorläufig erreicht haben, zunichte. Sie würde Mehrkosten von 5 Milliarden Franken verursachen – jährlich!
Diese Kosten sind mehr als dreimal so hoch wie die Einsparungen, welche die Erhöhung des Rentenalters der Frauen eingebracht haben. Die AHV würde bei Annahme dieser Initiative ab dem ersten Jahr der Einführung mehr ausgeben, als sie einnimmt.
13. AHV-Rente: Finanzierung unklar
Logisch weitergedacht müsste das Loch, welches eine 13. AHV-Rente aufreisst, über eine Erhöhung der Mehrwertsteuer und über höhere Lohnbeiträge finanziert werden. Was das bedeutet, weiss jede Schweizerin und jeder Schweizer: Es kommt weniger Geld ins Portemonnaie und bei jedem Einkauf wird das Budget kleiner.
Die Preise von Grundnahrungsmitteln, Verkehr und Freizeitaktivitäten würden allesamt ansteigen. Besonders schwer treffen würde dies junge Familien und Alleinerziehende, also just jene, die heute schon am stärksten durch hohe Mieten und Krankenkassenprämien belastet werden.
Besonders störend ist dieser Umstand, wenn man bedenkt, dass die Initianten das Geld an alle Bezügerinnen und Bezüger der AHV verteilen wollen. So erhalten auch all jene eine 13. AHV-Rente, welche diese gar nicht benötigen. Denn Fakt ist, dass 88 Prozent der AHV-Bezügerinnen und -Bezüger nicht auf Ergänzungsleistungen angewiesen sind.
AHV kann nicht mit Giesskanne reformiert werden
Mir ist es ein grosses Anliegen, dass man in der Schweiz einen möglichst sorgenfreien Lebensabend nach der Pensionierung geniessen kann. Wo allfällige Lücken bestehen, müssen diese punktuell und gezielt geschlossen werden. Ich wehre mich aber gegen eine Lösung mit der Giesskanne, die erreichte Verbesserungen in der Finanzierung der AHV umgehend zunichtemacht.
Die AHV muss langfristig und nachhaltig finanziert sein. Das ist im Interesse aller Generationen. Bei einer pauschalen Rentenerhöhung, wie sie die Initiative für eine 13. AHV-Rente fordert, ist die Finanzierung für unsere Gesellschaft weder nachhaltig noch sozial.
Aus diesem Grund empfehle ich Ihnen, liebe Leserinnen und Leser, am 3. März 2024 ein klares Nein zu dieser teuren, gefährlichen und unsozialen Initiative in die Urne zu legen.
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Zum Autor: Martin Candinas (Mitte) ist Nationalrat aus Graubünden. 2022/23 war er Nationalratspräsident.