Mitte-Gmür erklärt einstimmiges Nein zum Tierversuchsverbot
Ständerätin Andrea Gmür-Schönenberger (Mitte) erklärt im Gastbeitrag, weshalb die Initiative für ein Tierversuchsverbot mehr Probleme schaffen, als lösen würde.
Das Wichtigste in Kürze
- Die Schweiz stimmt am 13. Februar über das Tier- und Menschenversuchsverbot ab.
- Ständerätin Andrea Gmür-Schönenberger (Mitte) spricht sich für ein Nein aus.
- Im Gastbeitrag schildert sie ihre Argumentation gegen die Initiative.
Einen solchen Entscheid habe ich im Parlament noch nie erlebt: Sowohl Stände- als auch Nationalrat haben die Volksinitiative «Ja zum Tier- und Menschenversuchsverbot» einstimmig abgelehnt. Warum? Die Volksinitiative verlangt ein absolutes Tierversuchsverbot, sowie das Einfuhrverbot für sämtliche Produkte, die unter Anwendung von Tierversuchen entwickelt wurden.
Diese Forderungen gehen viel zu weit und wären schädlich für die Gesundheitsversorgung, die Wirtschaft und nicht zuletzt den Forschungsplatz Schweiz. Unsere Versorgung mit Medikamenten, Impfstoffen und anderen Medizinprodukten könnte bei Annahme der Initiative nicht mehr sichergestellt werden. Bei einem Ja würden wir auch komplett auf einen Impfstoff gegen Corona verzichten.
Ebenso einig wie bei der Ablehnung der Initiative waren wir uns, dass das Tierleid wo immer möglich vermieden werden soll. Die Schweiz besitzt aber heute bereits eine der strengsten Gesetzgebungen für den Schutz der Versuchstiere. So sind Versuche, die einem Tier Schmerzen oder Schaden zufügen, auf ein unerlässliches Mass zu reduzieren. Überhaupt muss jeder belastende Tierversuch von der zuständigen kantonalen Behörde bewilligt werden.
Tierversuchsverbot: Initiative schafft gravierende neue Probleme
Es handelt sich dabei um Fachkommissionen bestehend aus unabhängigen Fachleuten und Tierschutzvertretern. Damit ein Tierversuch zugelassen wird, muss der erwartete Nutzen für die Gesellschaft die belastenden Folgen des Tieres überwiegen. In der Schweiz wurde die Anzahl Tierversuche deshalb seit 1983 um 72 Prozent gesenkt. Jedes Labor verfügt überdies über einen Tierschutzbeauftragten.
Weiter fördert und beteiligt sich der Bund am 3R-Kompetenzzentrum (Reduce, Refine, Replace). Zur Anwendung kommen da alternative Methoden, die Tierversuche reduzieren, weiterentwickeln und ersetzen sollen. Das ist alles richtig.
Schnelle und wirksame medizinische Versorgung wäre in Gefahr
Die Initiative will also ein Problem lösen, das keines ist, schafft aber gravierende neue. Am deutlichsten wird dies, wenn wir die Auswirkungen der Initiative auf die medizinische Versorgung betrachten. Neue Medikamente oder Impfstoffe würden wir uns selbst verbieten.
Damit wäre die Schweiz von vielen medizinischen Fortschritten ausgeschlossen. Neue Therapien – um etwa Krebs zu heilen – sind mit der Annahme der Initiative wohl nicht mehr möglich. Betroffen sind aber auch bestehende Medikamente wie etwa Schmerzmittel, Halswehtabletten, Antibiotika. Aber auch Insulin oder wie erwähnt die Impfstoffe gegen das Coronavirus.
Durch das Import- und Handelsverbot können viele Medikamente nicht mehr in der Schweiz eingesetzt werden. Durch das Verbot von Versuchen in der Schweiz selbst, können diese Medikamente nicht mehr in der Schweiz produziert werden. Eine wirksame und schnelle medizinische Versorgung für Notfälle ist durch diese Initiative in Gefahr.
Das Gesundheitswesen wird damit direkt angegriffen. Verlieren würden wir alle, speziell aber jene unserer Mitmenschen, die auf lebensrettende Medikamente oder auf Therapien angewiesen sind.
Die Initiative ist ein Rundumschlag und betrifft die medizinische Versorgung und damit die Gesundheitssicherheit. Sie schwächt die Human- und Veterinärmedizin, den gesamten Forschungsstandort Schweiz und hat negative Auswirkungen auf die Wirtschaft und den Konsum. Sie gehört abgelehnt!
Zur Autorin: Andrea Gmür-Schöneberger ist Mitte-Ständerätin für den Kanton Luzern. Die 57-Jährige wohnt in Luzern und Mutter von vier erwachsenen Kindern.