Trumps feige Fans
Das Wichtigste in Kürze
- Nau.ch-Kolumnist Reda El Arbi erklärt die linksgrünversiffte Welt.
- Reda El Arbi erlangte als Blogger und Journalist Bekanntheit.
- Bis 2011 war er Chefredaktor des Satiremagazins «Hauptstadt».
- Er lebt mit Frau und zwei Hunden in Stein am Rhein SH.
Die Ratten verlassen das sinkende Schiff. In den USA ist es erstaunlich, wie viele Politiker in den letzten Tagen den verwirrten und bösartigen Präsidenten einfach im Stich gelassen haben, dem sie politische Karriere, Wähler und Macht verdanken. Sie haben ihn fallen lassen wie eine heisse Kartoffel. Sie meinten, der Sturm aufs Capitol sei nun wirklich zuviel. Als ob man von Trump etwas anderes hätte erwarten können.
Es sind Feiglinge, die jetzt abhauen, weil Trump die Macht verliert und vielleicht sogar im Gefängnis landet. Sie haben vier Jahre lang jede Lüge, jeden Angriff auf die Institutionen und jede Unmenschlichkeit der Trump-Regierung mitgetragen, weil sie davon profitierten, bis der Mann die Macht verlor. Jetzt bringen sie sich in Sicherheit. Alle, bis auf die schlechtgebildeten, verhetzten EverTrumpers, die ihrem Führer in den Untergang folgen und dabei so viel Gewalt und Chaos anstiften wollen, wie es irgendwie geht.
Hier in der Schweiz sieht es anders aus. Es gibt hier drei Arten, wie die Trumpfans auf den tyrannischen Akt der Stürmung des Parlaments reagieren: Dumm, indem sie Fakten leugnen. Feige, indem sie schweigen. Oder böse, indem sie die Wahrheit wieder und wieder verdrehen.
Auch nach dem Sturm auf das Parlament mit fünf Toten und den bewaffneten Trump-Demonstrationen im ganzen Land erzählen sich die Schweizer Trump-Boys noch immer die Geschichte, dass der sexistische, rassistische und lügende Narzisst im Weissen Haus «Amerika gross gemacht habe». Sie ignorieren die Tatsache, dass Amerika jetzt in Trümmern liegt, dass Nazis, Rassisten und Verschwörungidioten der QAnon-Bewegung zum ersten Mal seit 150 Jahren das Capitol entweiht haben, dass die ganze Welt entweder über die Amis lacht, sie bemitleidet oder sich um sie sorgt. Trump hat eine grosse Nation in einen Witz verwandelt, oder wie er sagen würde, in ein «Shithole Country».
Sogar die nachweisliche Lüge des Wahlbetrugs wird von den Schweizer Rechtsaussen noch immer mitgetragen.
Roger Köppel, seines Zeichens gewählter Nationalrat und grosser Trumpversteher in seiner Weltwoche, verteidigt noch am Morgen nach der Stürmung des Parlaments auf seinem Weltwoche Daily-Kanal die Lüge vom gerechtfertigten Kampf um die «geklaute» Wahl. Er meint, dass Trump seine Präsidentschaft nicht ernst nehmen würde, wenn er nicht darum kämpfen würde.
Echt jetzt? Ist es Teil des demokratischen Prozesses, Wahlen vor Gerichten angreifen zu lassen? Köppel fabuliert auch noch von «nachweislichen Unregelmässigkeiten», die selbst der konservative oberste Gerichtshof für Bullshit hält. Sicher sind die republikanischen Richter und Wahlbeauftragten alles linksextreme Antifa.
Dass Trump für seine Hetze und den Angriff seiner Anhänger auf das Parlament rechtlich zur Rechenschaft gezogen werden soll, hält er für linke «Woke oder Cancel Culture». In seinen Augen steht der Mann wohl über dem Gesetz.
Man muss Köppel anrechnen, dass er auf seiner Linie bleibt. Er verteidigt Trump auch noch, nachdem dieser den Mob auf die demokratischen Institutionen hetzt. Auch wenn er den Sturm auf das Parlament lauwarm verurteilt, er hält an Trump fest. Er kann nicht anders. Er mag die «revolutionäre» Stimmung, die diesen Mob um Trump begleitet. Schon bei seinem Spaziergang unter Nazi-Fahnen in Chemnitz war er verzaubert vom Duft der «rechten Rebellion», der in der Luft lag.
Es wäre unmöglich für Köppel, zuzugeben, dass er einen Fehler gemacht hat und einem antidemokratischen Idioten zu Füssen lag. Zudem will er die dümmlichen Hassbratzen, die das rassistische, antidemokratische und rechtsextreme Narrativ Trumps tragen, nicht in seiner Wählerbasis verlieren. Egal, was das aus unserer Demokratie macht. Köppel ist nicht dumm, er weiss, dass er Blödsinn erzählt. Aber er muss das Narrativ für seine Fanbasis weiter anfeuern, egal, was es kostet.
Andere Trumpfans sind ganz still geworden. Claudio Zanetti, abgewählter SVP-Politiker und seines Zeichens Twitter-Haudrauf, der beinahe jeden Tweet seines Idols weiterverbreitete, hat seit Mittwoch nichts mehr zum Thema gesagt. Dröhnende Stille. Mal schauen, ob der Mann noch zurück zu demokratischen Werten findet. Im Gegensatz zu anderen hat er in der Vergangenheit die Integrität gezeigt, Fehler eingestehen zu können.
Wieder andere möchten so schnell wie möglich den Angriff auf die Demokratie verdrängen und regen sich laut darüber auf, dass Twitter den Mann sperrt, der mit seiner Rhetorik gerade mal fünf Menschen getötet hat. Die Hunderttausenden, die er mit seiner über Twitter verbreiteten Corona-Politik umgebracht hat, und die anderen Verbrechen, die seine Regierung unter seinen Twitteranordnungen begangen hat, nicht mal mitgezählt.
Es ist ja schon peinlich, dass Twitter erst jetzt den Stecker zieht, nachdem sie Trump effektiv erst möglich gemacht haben. Dass Rechtsextreme und Rechtsnationale jetzt laut darüber heulen, war zu erwarten. Und es soll ja übertönen, dass Trumps hasserfüllte Nazi-Wählerschaft das Capitol stürmte und es soll Trump als Opfer zeigen. Ich bin immer wieder erstaunt, dass sich der mächtigste Mann der Welt so schamlos als Opfer hinstellen kann. Und, dass Leute so einem Waschlappen folgen.
Auch erstaunlich ist, dass Möchtegern-Liberale mitheulen und «Zensur» schreien, die normalerweise jeden fundamentalistischen Dorfimam aus der Wüste sofort in Ketten sehen wollen, wenn er Menschen aufhetzt. Trump ist ein Hassprediger. Punkt. Trump darf seine Lügen erzählen, das ist sein Recht. Er hat aber nicht das Recht darauf, das privatwirtschaftliche Medien seinen Brunz verbreiten. Ist eigentlich ein liberaler Grundsatz, oder? Oder soll der Staat den privaten Unternehmen vorschreiben, welche Inhalte sie verbreiten müssen? Soll Twitter jetzt Billag bekommen und dem SRG-Obudsmann unterstellt werden?
Angst macht mir in dieser ganzen Sache, dass die Schweizer Verteidiger und Relativierer Trumps sich hier «Demokraten» nennen und wirklich glauben, dass sie für demokratische Werte einstehen. Sie applaudieren aber gleichzeitig diesem bösartigen Menschen, während er demokratische Institutionen zerstört, die Unabhängigkeit der Justiz angreift, seine Macht missbraucht, um verurteilte Verbrecher und Freunde zu begnadigen, auf demokratische Wahlen spuckt, seinen Mob auf das Parlament hetzt.
Sie applaudieren einem Tyrannen.
Wir sollten uns fragen, was diese «Demokraten» für unsere Schweizer Demokratie im Sinne haben. Es gibt Parallelen: Der Hass auf den Staat und die Institutionen zum Beispiel. Oder die versuchte Abwahl eines Bundesrichters, der nicht der Parteiideologie folgt. Solche Sachen.
Wir werden die Augen offenhalten. Und nicht zulassen, dass Menschen mit diesen Werten unsere Demokratie zerstören.
Zum Autor: Reda El Arbi ist 51-jährig, kommt aus Zürich und zog vor einigen Jahren nach Stein am Rhein. Grosse Bekanntheit erlangte er mit seinem Zürcher «Stadtblog» für den «Tagesanzeiger». El Arbi schreibt unverblümt, hat zu allem eine Meinung und polarisiert auch gern. Er ist verheiratet und lebt mit Frau und mehreren Hunden in Stein am Rhein SH.