Cannabis Branche wird nach Potcom Blase erwachsen
Die Cannabis-Industrie ist auf Wachstumskurs, die Nachfrage ist riesig – als Genussmittel sowieso, aber immer mehr auch zu medizinischen Zwecken.
Das Wichtigste in Kürze
- Anleger, die ihr Geld Cannabis-Produzenten steckten, konnten enorm gut verdienen.
- Inzwischen ist etwas Ernüchterung eingekehrt: Die Kurse gingen nach unten.
In der Cannabis-Branche herrscht Goldgräberstimmung. Anleger, die ihr Geld in börsennotierte Produzenten wie Canopy Growth und Aurora Cannabis steckten, konnten sich in den vergangenen zwei Jahren eine goldene Nase verdienen.
Inzwischen ist etwas Ernüchterung eingekehrt: Seit Kanada im Oktober als weltweit erste grosse Industrienation den Cannabis-Konsum vollständig freigab, gingen die Kurse nach unten, auch wegen schwächer als erwarteter Geschäftszahlen. «Die Aktien waren ein absoluter Spielball von Zockern», sagt Analyst Jochen Stanzl vom Broker CMC Markets. Dieser Hype sei vorbei. «Die Frage ist nun, wie sich die Unternehmen dieser Branche etablieren.» Denn auch wenn sich Anleger 2019 dem nächsten Trendthema zuwenden dürften, sind sich Experten einig: Die Cannabis-Industrie ist auf Wachstumskurs, die Nachfrage ist riesig - als Genussmittel sowieso, aber immer mehr auch zu medizinischen Zwecken.
Um 670 Prozent zugelegt
Seit Anfang 2017 bis zu den Höchstständen im Oktober dieses Jahres legten die Aktien von Branchengrössen wie Canopy Growth und Aurora Cannabis um 670 Prozent beziehungsweise 650 Prozent zu. Seitdem haben die Aktien der Cannabis-Firmen an der Börse aber teilweise mehr als die Hälfte an Wert eingebüsst. Der nordamerikanische «Marijuana Index», in dem die führenden Unternehmen der Branche aus den USA und Kanada gelistet sind, hat seit seinem Rekordhoch im Herbst rund die Hälfte verloren. CMC-Analyst Stanzl spricht von einer Blase, die geplatzt ist. «Von der Psychologie war das vergleichbar mit Bitcoin.» Für einen digitalen Taler mussten Anleger vor einem Jahr knapp 20'000 Dollar (19'800 Franken) auf den Tisch legen, inzwischen kostet Bitcoin gerade noch 3200 Dollar (3165 Franken).
Einig sind sich Experten aber, dass es sich bei Cannabis im Gegensatz zum Bitcoin um ein echtes Produkt mit grossem Marktpotenzial handelt.
Auch Marktforscher zeichnen ein positives Bild und überbieten sich in ihren euphorischen Prognosen: Bis 2022 dürften die weltweiten Ausgaben für legales Marihuana nach Einschätzung von BDS Analytics und Arcview auf 32 Milliarden Dollar (31,65 Milliarden Franken) steigen, 2017 waren es noch 9,5 Milliarden (rund 9,4 Milliarden Franken). Aber auch Europa spielt eine immer wichtigere Rolle. Dort erlauben mehr als 20 Länder medizinisches Cannabis, darunter Deutschland seit März 2017.