Deutschland hofft auf engere Handelsbeziehungen mit den USA
Das Wichtigste in Kürze
- Mit Joe Biden als US-Präsident hofft Deutschland auf bessere Handelsbeziehungen.
- So soll die Wirtschaft auf beiden Seiten gefördert werden können.
- Die Börsen in Europa und Asien profitieren bereits vom Sieg Bidens.
Nach dem Sieg des Demokraten Joe Biden bei der US-Präsidentschaftswahl überwiegt in Deutschland die Hoffnung auf eine Entspannung der Handelsbeziehungen. Die Länder müssten für «eine offene Weltwirtschaft und freien Handel als Grundlagen des Wohlstands auf beiden Seiten des Atlantiks» eintreten. So sagte Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) am Montag. Ökonomen setzen auf die Beilegung von Zollkonflikten und einen positiven Konjunkturimpuls.
Auch Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) hofft nach dem Erfolg von Biden auf «geordnete Bahnen» in der internationalen Handelspolitik. Damit verbunden sei auch die Sicherung deutscher Arbeitsplätze, wie er im Deutschlandfunk sagte.
Altmaier erwartet demnach unter dem künftigen Präsidenten Biden einen stärker multilateralen Ansatz. Auch «die Chance, dass es zu keinen weiteren Verschärfungen mehr bei den Zöllen kommt» sei zu erwarten. Nötig sei ein Industrie-Zollabkommen zwischen der EU und den USA. Ein entsprechendes Angebot liege auf dem Tisch.
Biden hält sich an WTO-Regeln
«Von Biden ist weniger Unilateralismus zu erwarten und mehr Bereitschaft, gemeinsam mit anderen Ländern Koalitionen einzugehen.» So erklärte auch der Präsident des Kieler Instituts für Weltwirtschaft (IfW), Gabriel Felbermayr. Das schaffe Berechenbarkeit «und fördert damit weltwirtschaftlichen Wohlstand.»
Zwar sei auch unter Biden kein rasches Ende der Spannungen in der Handelspolitik zu erwarten, erklärte Felbermayr weiter. Auch ein umfassendes Freihandelsabkommen mit der EU könnte auf sich warten lassen. Allerdings dürfte sich der demokratische Politiker eher als der derzeitige US-Präsident Donald Trump an die Regeln der Welthandelsorganisation WTO halten.
«Neustart» in transatlantischer Beziehung
Auch mit Blick auf die für die deutsche Wirtschaft wichtigen Exporte in die USA zeigte sich Felbermayr zuversichtlich. Die künftige Regierung in Washington könnte die wirtschaftliche Ungleichheit im Land eindämmen. So würden die Polarisierung und damit die Konflikte innerhalb der US-Gesellschaft verringert werden. «Das dürfte langfristig die Wachstumsdynamik stärken, und damit zu mehr Konsum und mehr Nachfrage nach europäischen Premiumprodukten führen.»
Wie das IfW setzt auch der Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI) auf einen «Neustart» in den transatlantischen Beziehungen. «Es muss nach der Trump-Ära darum gehen, unsere Beziehungen wiederzubeleben und das beschädigte Vertrauen neu aufzubauen», erklärte BDI-Präsident Dieter Kempf. Er sprach sich für ein Industriegüterabkommen und stärkere Zusammenarbeit in Regulierungsfragen aus. So sollen auf beiden Seiten dringend benötigte Wachstumsimpulse geschaffen werden.
Strafzölle weiterhin umstritten
Nun hoffen der BDI und das IfW auf eine schnelle Einigung im jahrelangen Zollstreit zwischen der EU und den USA. Auslöser waren illegale Staatshilfen für die Flugzeugbauer Boeing und Airbus. Brüssel behielt sich zuletzt weiter vor, Strafzölle gegen die USA zu erheben. Zeigte sich aber zugleich offen für eine Verhandlungslösung mit der neuen US-Regierung.
«Wir sind dazu bereit, unsere Zölle jederzeit auszusetzen oder zurückzunehmen, wenn die USA ihre Zölle aussetzen oder zurückziehen.» So sagte EU-Handelskommissar Valdis Dombrovskis am Montag vor einer Videokonferenz der Handelsminister. Aber aus Washington seien bislang keinerlei solcher Signale gekommen.
Besonders Deutschland wäre dazu bereit, die Einführung von Strafzöllen angesichts der US-Wahl und des baldigen Regierungswechsels in Washington zu verzögern. Dies hatten Medien zuvor berichtet.
Börse profitiert von Biden-Sieg
Ungeachtet dieses Konflikts hatte der Wahlsieg Bidens am Montag auch an den Börsen in Europa und Asien für Erleichterung gesorgt. Der Deutsche Aktienindex (DAX) stieg zum Handelsstart um 1,7 Prozent. Die Kurse in London und Paris legten anfangs ähnlich stark zu.
Der japanische Nikkei stieg bis Handelsschluss in Tokio sogar um über zwei Prozent auf seien höchsten Stand seit 29 Jahren. Auch in Hongkong, Shanghai, Bangkok, Singapur, Seoul und Sydney stiegen die Kurse.