EZB hält Zinspause oder weitere Erhöhung für möglich
Die Europäischen Zentralbank (EZB) hält eine Zinspause aktuell ebenso für möglich wie eine weitere Anhebung. Ziel sei, der «Inflation das Rückgrat zu brechen».
Das Wichtigste in Kürze
- Die EZB schliesst erstmalig eine anstehende Pause bei der Anhebung der Zinsen nicht aus.
- Eine Zinssenkung stehe laut EZB-Präsidentin Lagarde keinesfalls im Raum.
- Eine Entscheidung soll die nächste Sitzung des EZB-Rates im September bringen.
Die Euro-Währungshüter schliessen nach der neunten Zinserhöhung in Folge erstmals eine Pause nicht aus. «Wir könnten die Zinsen anheben, wir könnten eine Pause machen.» Dies sagte die Präsidentin der Europäischen Zentralbank (EZB), Christine Lagarde, am Donnerstag in Frankfurt.
Beschliesse der EZB-Rat bei seiner nächsten Sitzung im September eine Zinspause, müsse diese nicht unbedingt eine längere Zeit dauern. «Ich kann versichern, dass wir nicht die Zinsen senken», betonte Lagarde.
Die Notenbank werde anhand von Daten von Sitzung zu Sitzung entscheiden. «Wir wollen der Inflation das Rückgrat brechen. Die Daten werden zeigen, wie viel Boden wir noch gut machen müssen.»
Zuvor hatte der EZB-Rat eine weitere Zinsanhebung um 0,25 Prozentpunkte beschlossen. Der Leitzins, zu dem sich Geschäftsbanken frisches Geld bei der EZB besorgen können, steigt damit auf 4,25 Prozent. So hoch war der Leitzins zuletzt zu Beginn der globalen Finanzkrise Anfang Oktober 2008.
Experten fordern Zinspause
Forderungen nach einer Zinspause werden lauter, auch weil sich die Aussichten für die Konjunktur im Euroraum zuletzt eintrübten. «Mit dieser Zinserhöhung ist der Job der EZB erstmal getan», sagte Dekabank-Chefvolkswirt Ulrich Kater.
«Ab jetzt schliesst sich das Fenster für weitere Leitzinserhöhungen, denn die Inflation wird im Herbst deutlich sinken.» Man müsse nun erstmal abwarten, ob die bisherige Dosis an Zinserhöhungen ausreiche, um die Inflation auch langfristig auszutreiben.
US-Notenbank hebt Leitzins an
Nach Jahren mit Null- und Negativzinsen haben die Währungshüter die Zinsen seit Juli 2022 in einer beispiellosen Serie angehoben. Die US-Notenbank Federal Reserve legte im Kampf gegen die Inflation am Mittwoch nach einer Pause nach. Sie hob den Leitzins auf den höchsten Stand seit 22 Jahren an; er liegt nun in der Spanne von 5,25 bis 5,5 Prozent.
Höhere Zinsen verteuern Kredite. Das kann die Nachfrage bremsen und hohen Teuerungsraten entgegenwirken. Zwar schwächte sich die Inflation im Juni ab. Im Währungsraum der 20 Staaten lagen die Konsumentenpreise um 5,5 Prozent über dem Niveau des Vorjahresmonats. Dies erklärte das Statistikamt Eurostat. Im Mai war noch eine jährliche Teuerungsrate von 6,1 Prozent verzeichnet worden.
EZB noch nicht «zufrieden»
Die Rate liegt aber weiter deutlich über dem mittelfristigen Inflationsziel der EZB von zwei Prozent. Hier sieht sie Preisstabilität gewahrt. «Wir machen Fortschritte, die Inflation sinkt», stellte Lagarde fest. «Aber sind 5,5 Prozent im Juni genug? Sind wir nun zufrieden? Nein!»
Höhere Teuerungsraten lassen die Kaufkraft der Menschen schwinden: Die Menschen können sich für ihr Geld weniger leisten und treten beim Konsum auf die Bremse. Das belastet das Wirtschaftswachstum, für das der private Konsum eine wichtige Stütze ist.
Auf der anderen Seite verteuern steigende Zinsen Kredite für Unternehmen, weshalb die eine oder andere Investition ausfallen könnte. Auch das bremst die Konjunktur.