Facebook prüft Richtlinien für umstrittene Politiker-Beiträge
Facebook-Chef Mark Zuckerberg hat nach anhaltender Kritik am Umgang mit kontroversen Beiträgen von US-Präsident Donald Trump eine Prüfung der Facebook-Richtlinien angekündigt.
Das Wichtigste in Kürze
- Unternehmenschef Zuckerberg nach Twitter-Vorgehen gegen Trump massiv unter Druck.
In einem offenen Brief an seine Mitarbeiter, den Zuckerberg am Freitag (Ortszeit) auf seinem Facebook-Profil veröffentlichte, heisst es, der Konzern werde die Richtlinien im Zusammenhang mit staatlichen Gewaltandrohungen überprüfen. Auf die US-Wahlen im November sei das Unternehmen aber gut vorbereitet.
Zuvor hatten Facebook-Mitarbeiter gegen den Umgang des Online-Dienstes mit Trumps Botschaften protestiert, einige hatten sogar gekündigt. Überprüft würden die Richtlinien besonders mit Blick auf Drohungen eines «übermässigen Einsatzes von Polizei- und Staatsgewalt», erklärte Zuckerberg. Vor dem Hintergrund der US-Geschichte verdiene dieses sensible Thema besondere Beachtung.
Zuckerberg war zuletzt unter Druck geraten, weil er es im Gegensatz zum Kurzbotschaftendienst Twitter ablehnte, gegen Beiträge Trumps zu den derzeitigen Protesten in den USA gegen Rassismus und Polizeigewalt vorzugehen. So hatte Twitter einen Beitrag Trumps als «gewaltverherrlichend» eingestuft und verdeckt, in dem der US-Präsident als Reaktion auf die Proteste nach dem Tod des Afroamerikaners George Floyd bei einem brutalen Polizeieinsatz gedroht hatte: «Wenn das Plündern beginnt, beginnt das Schiessen.» Auch mit dem Einsatz der Armee bei den Protesten hatte Trump gedroht.
Zuckerberg richtete sich nun direkt an seine Kritiker. «Meine Entscheidung von vergangener Woche hat viele von euch wütend gemacht, enttäuscht und verletzt», schrieb er. Wegen Zuckerbergs Weigerung, Beiträge von Trump zu kennzeichnen, hatte es in der Belegschaft des Konzerns Proteste gegeben. Der Facebook-Software-Entwickler Timothy Aveni gab öffentlich seine Kündigung bekannt. Indem Facebook aufrührerische Beiträge Trumps unkommentiert stehen lasse, bewege die Plattform die «rote Linie» stets ein Stück weiter. Facebook finde «eine Entschuldigung nach der anderen, nichts gegen diese gefährliche Rhetorik zu unternehmen», kritisierte Aveni.
Mit Blick auf die Präsidentschaftswahlen in den USA im November dieses Jahres schrieb Zuckerberg, er habe «Vertrauen» in die Massnahmen, die Facebook seit 2016 umgesetzt habe. Nach den Erkenntnissen der US-Geheimdienste manipulierte Russland den Präsidentschaftswahlkampf 2016 zugunsten Trumps, insbesondere durch eine Kampagne in Online-Netzwerken wie Facebook. Dennoch warnte Zuckerberg: Die Wahlen im November könnten von einer «beispiellosen Angst und Verwirrung» begleitet werden, die manche ausnutzen wollten.
Auch die interne Entscheidungsfindung bei Facebook kommt auf den Prüfstand, etwa hinsichtlich der Gleichberechtigung, «damit die richtigen Gruppen und Stimmen am Tisch sitzen.» Dem fügte Zuckerberg jedoch hinzu, dass zwar alle Bereiche angeschaut würden, er jedoch nicht überall Änderungen versprechen könne.
Der Konzern löschte auch dutzende Konten rechtsextremer Gruppen, die nach Angaben des Online-Netzwerks zu Gewalt bei den Anti-Rassismus-Protesten in den USA aufgerufen hatten. Die Gruppen hätten ihre Mitglieder und Unterstützer dazu aufgefordert, zu den Protestaktionen gegen den Tod von Floyd zu gehen, erklärte der Facebook-Manager Brian Fishman. In einigen Fällen hätten sie sogar vorgehabt, bewaffnet zu den Protesten zu gehen.
Bislang hat das Netzwerk nach seinen Angaben rund 110 Facebook- und 80 Instagram-Konten der Gruppen «American Guard» und «Proud Boys» gelöscht, die bereits zuvor von Facebook und Instagram gesperrt worden waren. Sie hatten demnach aber versucht, auf die Plattformen zurückzukehren. Facebook versuchte daraufhin, auch ihre neuen Konten zu identifizieren.