Vorsorge: So funktioniert das Schweizer Vorsorge-System
Die Schweizer Vorsorge basiert auf drei Säulen. Ihr Ziel ist es, die Menschen im Alter im Bezug auf ihre Finanzen abzusichern. Experte Stefan Meichtry erklärt.
Das Wichtigste in Kürze
- Das Schweizer Vorsorgesystem besteht aus drei Säulen.
- Experte Stefan Meichtry erklärt im Interview die Details.
Nau.ch: Herr Meichtry, ab welchem Alter sollte man sich mit Vorsorgethemen auseinandersetzten?
Stefan Meichtry: Nur wer seine individuelle Ausgangslage und den Soll-Zustand kennt, erkennt auch den persönlichen Bedarf und kann sich so mit Handlungsoptionen auseinandersetzen. Wenn man erst wenige Jahre vor der Pensionierung plötzlich merkt, dass man grössere finanzielle Lücken im Alter hat, wird man nur beschränkt Möglichkeiten haben, diese zu füllen.
Ich empfehle deshalb, sich möglichst früh mit der eigenen Vorsorgesituation selbstbestimmt auseinanderzusetzen und sich von Experten beraten zu lassen, um finanziell zuversichtlich in die Zukunft blicken zu können.
Nau.ch: Wie funktioniert die staatliche Vorsorge, also die 1. Säule?
Stefan Meichtry: Die 1. Säule dient der Existenzsicherung der Schweizer Bevölkerung nach der Pensionierung. Alle Personen mit Wohnsitz und/oder Erwerbstätigkeit in der Schweiz sind obligatorisch in der 1. Säule versichert.
Die staatliche Vorsorge wird nach dem Umlageverfahren finanziert und hat einen hohen Solidaritätscharakter. Die einbezahlten Beiträge der Arbeitgebenden und Arbeitnehmenden werden unmittelbar an die Leistungsberechtigen, wie Pensionierte, IV-Bezüger oder Hinterbliebene ausbezahlt.
Nau.ch: Wie läuft das mit der beruflichen Vorsorge, also der 2. Säule?
Stefan Meichtry: Im Gegensatz zur staatlichen Vorsorge sind in der beruflichen Vorsorge nur berufstätige Personen, welche die Eintrittsschwelle erreichen, gegen Alter, Erwerbsunfähigkeit und Tod abgesichert.
Die 2. Säule dient zur Deckung der gewohnten Lebenshaltungskosten im Alter. Die Finanzierung erfolgt hier nach dem Kapitaldeckungsverfahren. Die Beiträge der Arbeitgebenden und -nehmenden werden als Spargelder eingesammelt und verzinst.
Die Altersrente ist demzufolge abhängig von den einbezahlten Sparbeiträgen, den Zinsen sowie dem Umwandlungssatz, welcher das gesamte Sparkapital in eine Rente umwandelt.
Nau.ch: Welchen Betrag und wie oft empfehlen Sie jungen Menschen, in die Säulen 3a und 3b zu investieren?
Stefan Meichtry: Sparen ist ein Privileg und bedeutet, dass man am Ende des Monats noch Geld übrig hat. Wenn man also sparen kann, dann empfiehlt es sich, den monatlichen Sparbetrag in die drei Sparhorizonte kurz-, mittel- und langfristig aufzuteilen.
Für einen langfristigen Sparhorizont wäre beispielsweise das Vorsorgesparen wichtig. Hierbei eignet sich die Säule 3a optimal. Das Geld ist zwar gebunden, dafür kann die Sparsumme bis zu einem gesetzlichen Maximalbetrag von den Steuern abgezogen werden.
Zudem empfehle ich einen Sparplan zu Jahres – oder Monatsbeginn einzurichten. So profitiert man auch am meisten vom Zinseszinseffekt.
Nau.ch: Wie unterscheiden sich Banken und Versicherungen im Bereich der Vorsorge?
Stefan Meichtry: Bei einer Banklösung kann man bis zum gesetzlichen Maximum so viel in die Säule 3a einzahlen, wie man will. Dies ermöglicht den Kundinnen und Kunden Flexibilität. Der Hauptvorteil einer Versicherungslösung ist die Sparzielgarantie.
Dank eines vertraglich vereinbarten Jahresbeitrags und einer Prämienbefreiung im Falle einer Erwerbsunfähigkeit, erreicht man das Sparziel in jedem Fall – auch wenn man ordentlich pensioniert oder während der Anlagedauer eine Erwerbsunfähigkeit erleidet. Zusätzlich kann man seine Hinterbliebenen mit einem Todesfallschutz absichern.
Nau.ch: Wie entscheidet man am besten, wie man seine Vorsorge aufbauen soll?
Stefan Meichtry: Wenn man eher kleinere Beträge oder unregelmässig ansparen kann, dann eignen sich flexiblere Banklösungen. Wer jedoch bereit ist, einen fixen Betrag über einen längeren Zeitraum zu investieren, um ein bestimmtes Sparziel zu erreichen, sollte eine Versicherungsvariante wählen.
Man kann idealerweise die Summe auch auf beide Lösungsvarianten aufteilen. Viel wichtiger als das «Wo» ist es jedoch, dass man möglichst früh damit beginnt, seine Vorsorge aufzubauen, um auch nach der Pensionierung selbstbestimmt leben zu können.