Fluggesellschaft Swiss mietet lettische Billig-Crews – Seco-Rüffel
Die Fluggesellschaft Swiss mietet Flugzeuge von der Air Baltic – und sieht sich deshalb mit Lohndumping-Vorwürfen konfrontiert. Dazu läuft ein Verfahren.
Das Wichtigste in Kürze
- Die lettische Fluggesellschaft Air Baltic fliegt gewisse Strecken für die Swiss.
- Ihre Crews verdienen jedoch deutlich weniger als hierzulande üblich.
- Die Swiss betont, keine arbeitsrechtlichen Berührungspunkte zu den Angestellten zu haben.
Wer bei der Fluggesellschaft Swiss bucht, erwartet meist auch, tatsächlich in einer Swiss-Maschine mit einer Schweizer Crew zu fliegen.
Einige Swiss-Passagiere finden sich dann jedoch in einem grün-weissen Flugzeug der lettischen Airline Air Baltic wieder. Die Mitarbeitenden sprechen oft keine der Schweizer Landessprachen.
Hintergrund ist eine sogenannte Wetlease-Partnerschaft: Schon seit zwei Jahren vermietet die Air Baltic einige Flugzeuge und Crews an die Swiss. Dabei bleibt die lettische Fluggesellschaft Arbeitgeberin der Angestellten. Diese fliegen für die Swiss jeweils mehrtägige Einsätze, wobei sie in Zürich und an anderen Swiss-Destinationen übernachten.
Die Swiss beteuert gegenüber dem «Tagesanzeiger», man «würde diese Flüge grundsätzlich lieber selbst durchführen». Aufgrund verschiedener Umstände – wie etwa Triebwerksproblemen in der eigenen Flotte – sei das jedoch nicht möglich.
Fluggesellschaft Swiss wehrt sich gegen Vorwürfe
Die Airline wird aufgrund dieser Praxis nun aber mit Vorwürfen konfrontiert, zu tiefe Löhne anzubieten – also sogenanntes Lohndumping.
Denn: Kabinenangestellte von Air Baltic erhalten einen Lohn von umgerechnet rund 1500 Franken brutto. Zum Vergleich: Der Einstiegslohn bei der Swiss beträgt knapp 4000 Franken.
Auch im Cockpit gibt es grosse Unterschiede bei der Bezahlung: Ein Swiss-Co-Pilot bekommt im ersten Dienstjahr über 7000 Franken – Air Baltic zahlt jedoch nur gut 4000 Franken.
Die Fluggesellschaft Swiss, die im Jahr 2023 einen Rekordgewinn einflog, sagt dazu: Der Einsatz von Air Baltic sei «kein strategischer Entscheid für eine Verlagerung der Produktion oder zwecks Kostensenkung».
Arbeitnehmer ausländischer Baufirmen, die in der Schweiz einen Auftrag haben, müssen dafür entlohnt werden, als wären sie hierzulande angestellt. Das sieht ein Gesetz, das den Schweizer Arbeitsmarkt gegen Lohndumping schützt, bei sogenannten Entsendungen vor.
Obwohl der Wetlease von Air Baltic ähnlich funktioniert, ist das hier nicht der Fall. Im Jahr 2022 wandten sich deshalb die Kabinengewerkschaften der Schweiz und Lettland an die Schweizer Behörden.
Zunächst beurteilte das Zürcher Amt für Wirtschaft und Arbeit den Fall nicht als Entsendung, sondern gar als verbotenen Personalverleih. Im Frühjahr 2023 kam jedoch die Korrektur vom Staatssekretariat für Wirtschaft: Es handle sich um eine Entsendung, hielt das Seco fest.
Air Baltic schreibt rote Zahlen
Damit müsste sich die Swiss an die entsprechenden Regeln halten. Der Kanton Zürich wurde mit dem Vollzug seiner Einschätzung beauftragt. Es ist nicht bekannt, was sich seither in der Angelegenheit getan hat.
Möglich ist, dass Air Baltic, die offizielle Gegenpartei des Verfahrens, gegen die Beurteilung Rekurs eingelegt hat. Denn die Airline schreibt derzeit hohe Verluste. Höhere Löhne zahlen zu müssen, wäre wohl ein schwerer Schlag für die Airline. Sollten die Behörden entscheiden, dass auch rückwirkend höhere Löhne gezahlt werden müssen, müsste Air Baltic wohl Millionen nachzahlen.
Die lettische Airline betont gegenüber der Zeitung: Sie sei der Meinung, sich an das Arbeitsrecht zu halten. Die Fluggesellschaft Swiss stellt klar, «keine arbeitsrechtlichen Berührungspunkte zu den Mitarbeitenden von Air Baltic» zu haben.
Und weiter: «Soweit wir die Organisation von Air Baltic sehen, starten die Einsätze der Mitarbeitenden von Air Baltic in Riga. Und enden auch da.»
Wie lange das Verfahren noch dauert, ist unklar. Fest steht: Den Sommer 2025 plant die Swiss derzeit noch immer mit sechs Air-Baltic-Maschinen.