In der Kryptowelt schwingen Spass-Coins obenaus

Keystone-SDA
Keystone-SDA

Zürich,

Die sogenannten Meme-Coins haben in Sachen Kursgewinne auch Kryptowährungen wie Bitcoin und Ether übertroffen.

Shiba Inu coin
Mit der zweiten grossen Hundecoin «Shiba Inu» konnte man im Jahr 2021 mit einer Investition von wenigen Dollars zum Millionär aufsteigen. (Symbolbild) - Pixabay

Kryptowährungen wie Bitcoin und Ether haben ihren Wert in den letzten zwölf Monaten in etwa verdoppelt. Punkto Kursgewinne laufen aber viele sogenannte Meme-Coins den etablierten Branchengrössen den Rang ab. «When Lambo?» hat innerhalb der Kryptoszene mal wieder Hochkonjunktur.

Die Phrase wird oftmals auch im Scherz verwendet, um zu fragen, wann die eigenen Krypto-Coins den Gegenwert eines Lamborghinis erreichen werden. Einige Investoren dürften diesem Ziel insbesondere dank der jüngsten Kurskapriolen bei den Meme-Coins – zumindest zwischenzeitlich – etwas näher gekommen sein.

Die Faszination der Meme-Coins

«Im Vergleich zu anderen Bereichen des Krypto-Ökosystems haben Meme-Coins eine bemerkenswerte Überperformance gezeigt», kommentiert Adrian Fritz, Head of Research bei 21Shares, den Aufschwung. Meme-Coins hätten dabei nicht nur eine stärkere Performance als grosse Blue-Chip-Krypto-Assets gezeigt, sondern auch andere Sektoren übertroffen.

Während Bitcoin als «digitales Gold» oder Ethereum als «dezentraler Weltcomputer» eine ernsthafte Funktion geltend machen, steht bei den Meme-Coins die Unterhaltung im Vordergrund. «Meme-Coins sind ein faszinierendes soziokulturelles Phänomen, das Möglichkeiten von Blockchains jenseits rein finanzieller Anwendungen aufzeigt», erklärt Dominic Weibel, Head Research bei Bitcoin Suisse. Gerade bei Kleinanlegern werde durch «diese neue Form des kulturellen Ausdrucks» eine Kaufeuphorie entfacht, unterstützt durch die enorme Reichweite der sozialen Medien.

Der bekannteste Repräsentant der Gattung ist der «Dogecoin», der bereits seit 2013 im Umlauf ist. Ursprünglich als Parodie auf den Bitcoin programmiert, kletterte die Münze mit dem Hundelogo auch dank Promotoren wie Elon Musk und einer starken Social-Media-Community im Jahr 2018 über die Marke von 1 Cent und erreichte 2021 ein Allzeithoch bei 70 Cent. Damit lieferte der «Doge» die Blaupause für die immer zahlreicher werdenden Nachahmer.

Noch spektakulärer schnellte der zweite grosse Hundecoin «Shiba Inu» im Jahr 2021 in die Höhe. Mit einer Investition von wenigen Dollars konnte man zum Millionär aufsteigen – ein geglücktes Timing vorausgesetzt. Von den einstigen Höchstständen sind beide althergebrachten Meme-Coins heute weit entfernt. Immerhin haben aber beide mit Bitcoin und Ethereum auf Jahressicht bei der Kursentwicklung mitgehalten und sich fest in den Top-20 der Kryptowährungen etabliert.

Pepe-Münzen sind grosser Aufsteiger

Ein grosser Aufsteiger im Sektor ist der Pepe Coin, der erst seit gut einem Jahr auf verschiedenen Börsen kursiert. Der gemäss Eigenwerbung «most memeable memecoin» setzt als Erkennungszeichen auf den Frosch Pepe des Comiczeichners Matt Furie. Die Münze wird auf der Homepage von einem unbekannten Entwickler-Team als «völlig nutzlos» angepriesen, sie diene «nur der Unterhaltung» und verspreche «keinerlei finanzielle Rendite».

Nach einem kometenhaften Anstieg bringen die 420,69 Billionen Pepe-Münzen derzeit eine Marktkapitalisierung von 5 Milliarden US-Dollar auf die Waage und «Pepe» ist damit die Nummer drei hinter «Doge» und «Shiba Inu» mit 18 bzw. 10 Milliarden Dollar. Daneben halten sich auch «dogwifhat», «Floki», «Brett» und «Bonk» weiterhin über der Marke 1 Milliarde US-Dollar, trotz den deutlichen Einbussen seit den Höchstständen im April.

Insgesamt ist der Meme-Coin-Sektor laut der Plattform «Coingecko» derzeit rund 50 Milliarden schwer. Damit spiele der Bereich mit einem Anteil von nur rund 2 Prozent am Gesamtmarkt jedoch «eher eine nebensächliche Rolle», schränkt Weibel von Bitcoin Suisse die Bedeutung ein.

Aufgrund der grossen Erfolge arbeiten derzeit zahlreiche Entwickler-Teams und Risikokapitalgeber an einem Plan, den nächsten «100x» oder gar «1000x»-Coin auf den Markt zu bringen. Dank einfachen Tools können Meme-Coins mittlerweile ohne grossen Programmier-Aufwand erstellt und auf dezentralen Börsen in Umlauf gebracht werden. Oftmals werden dafür Ethereum-Alternativen wie Solana gewählt, wo die Transaktionsgebühren deutlich geringer sind.

Die Politik spielt eine immer wichtigere Rolle

Mit Blick auf den aktuellen Überfluss an Meme-Coins werden die Glücksritter der Branche aber auch immer wählerischer. Nicht goutiert werden etwa grosse Insider-Beteiligungen, welche Kurs-Manipulationen vereinfachen und sogenannte «pump-and-dump»-Strategien befördern. Vielmehr wird bei einer Lancierung vermehrt auf eine «faire Verteilung» innerhalb der Community geachtet, ehe die Notierung an einer grossen Börse wie Coinbase oder Binance das erhoffte Kursfeuerwerk zünden soll.

Neben den in zahlreichen Varianten auftauchenden Hunde-, Katzen- oder Frosch-Coins spielt auch die Politik eine immer wichtigere Rolle, befeuert durch den laufenden Wahlkampf in den USA. So wird seit August 2023 etwa der «MAGA»-Memecoin rege gehandelt, der mit dem Konterfei von Donald Trump um Käufer buhlt – mit grossem Erfolg, wie das Kursplus von 2400 Prozent seit Anfang Jahr zeigt.

Der unter dem Schlagwort «Politi-Fi» etikettierte Trend scheint sich immer mehr zu verfestigen und neben «Jeo Boden» und «Doland Tremp» stehen zahlreiche weitere ähnliche Alternativen zur Auswahl. Dabei fällt es häufig schwer, eine klare Trennline zwischen Satire, Namedropping und gezielter politischer Propaganda zu ziehen.

Adrian Fritz prophezeit dieser Ausprägung der Gattung jedoch keine grosse Zukunft. «Diese Coins basieren auf aktuellen Ereignissen und sind daher kurzlebiger.» Einige Menschen würden diese Memes aber als Indikatoren nutzen, um auf den Wahlausgang zu wetten.

Anarchie, Klamauk und Goldgräberstimmung

Die Experten sind sich einig, dass der Hype um die Meme-Coins in absehbarer Zeit wieder abflauen dürfte. «Es wird sicherlich eine Konsolidierung geben und die Volumina werden abnehmen», so der 21shares-Experte. Die «Meme-Coin-Rallys» tauchten aber üblicherweise in Zyklen und Wellen auf, und es sei deshalb auch wahrscheinlich, dass weitere Wellen folgen werden.

Auch Weibel von Bitcoin Suisse rechnet nicht damit, dass die Spasscoins vollständig verschwinden werden. «Sie werden uns als Ausdruck des Zeitgeistes noch eine Weile begleiten.» Längerfristig würden aber die Kerntechnologien und die zunehmende institutionelle Akzeptanz von Kryptowährungen eine wichtigere Rolle spielen.

Viele seriöse Anleger dürften auch in Zukunft von dieser «Anlageklasse» die Finger lassen, zumal die Möglichkeit eines Totalverlusts als Damokles-Schwert über jeder Investition schwebt. Für andere bringen die Meme-Coins aber auch jenen Hauch von Anarchie, Klamauk und Goldgräberstimmung in die Kryptobranche zurück, der mit Etablierung von Bitcoin und Ether als «investierbare Assets» für Grossanleger verloren ging.

Kommentare

Weiterlesen

d
1 Interaktionen