Nestlé: So stark schadet das Russlandgeschäft dem eigenen Image
Immer mehr westliche Grosskonzerne ziehen sich aus Russland zurück, nicht aber Nestlé. Ein Verhalten, das dem Image des Schweizer Konzerns schwer schadet.
Das Wichtigste in Kürze
- Nestlé ist als eines von wenigen westlichen Unternehmen weiterhin in Russland tätig.
- Das dürfte das Image des Lebensmittelriesen stark schädigen, so Experten.
Als Reaktion auf Wladimir Putins Krieg verhängte der Westen schwerste Sanktionen gegen den Präsidenten und dessen Land. Nebst eingefrorenen Konten und dem Swift-Aufschluss weigern sich auch weltweit tätige Firmen wie Paypal und Facebook, mit Russland Geschäfte zu machen.
Nestlé hingegen will sich noch nicht endgültig vom Aggressor loslösen. Zwar hat der Schweizer Lebensmittelkonzern nach dem Werbestopp auch die Lieferung gewisser Lebensmittel eingestellt.
Doch allein die Tatsache, dass weiterhin zahlreiche Waren nach Russland geliefert werden, verärgert die Welt.
Allen voran: Wolodymyr Selenskyj. Der ukrainische Präsident verurteilt das Verhalten vor wenigen Tagen aufs Schärfte: «Grosse Unternehmen finanzieren immer noch die russische Kriegsmaschinerie, obwohl sie sich längst aus Russland hätten zurückziehen sollen», so der 44-Jährige.
Eine Anschuldigung, die Nestlé nur wenig später vehement dementiert. «Wir haben sämtliche Importe und Exporte aus Russland gestoppt, ausser bei lebenswichtigen Produkten.» Das Sortiment sei heute Mittwoch noch weiter reduziert worden.
Es würden ausserdem keine Investitionen mehr getätigt und die Produkte nicht mehr beworben. «Wir erzielen mit unseren verbleibenden Tätigkeiten keinen Gewinn», hiess es weiter.
Verhalten von Nestlé könnte Kundschaft vergraulen
Obschon Nestlé also einen Teilrückzug aus Russland gestartet hat, hagelt es vom Westen her weiter Kritik. Experten sehen deshalb das Image des Schweizer Riesen schon nachhaltig geschädigt. «Da der Westen faktisch geschlossen die militärische Aggression Russlands verurteilt, wird eine Nähe zu dem Land pauschal negativ beurteilt», erklärt Bernhard Bauhofer.
Der Image-Experte sieht davon nicht nur das Unternehmen, sondern auch dessen Produkte betroffen. «Abhängig von Dauer und Intensität der Kritik werden sich dann auch loyale Konsumenten offen gegen den Konzern stellen», vermutet Bauhofer.
Im schlimmsten Fall würden sie sich sogar von den Produkten ab- und sich Konkurrenzangeboten zuwenden.
Experten: Rückzug aus Russland ist am sinnvollsten
Ähnlich sieht es Stefan Volger. «Dass sich Nestlé aktuell in einem Dilemma befindet, sehe ich durchaus ein», erklärt der Marken-Experte. Einerseits müsse sich der Konzern dem Boykott stellen, andererseits den vielen Menschen in Russland Nahrung bieten.
Einen Teilrückzug aus Russland erachtet Volger dennoch als wenig effektiv. Vielmehr rät er dem Schweizer Unternehmen, sich gänzlich aus dem Land zurückzuziehen. «Denn mit Kommunikation kann nichts mehr gerettet werden. Jetzt müssen Taten folgen.»
Worten, denen sich auch Image-Experte Bauhofer anschliesst. Will Nestlé seinen Ruf wahren, sollte der Konzern «Haltung zeigen und für einmal die propagierten Werte und Grundsätze über den Shareholder-Value stellen».
Alternativ, so Bauhofer, könnte Nestlé ein Verbleiben im Land auch an Bedingungen knüpfen. Als Beispiel nennt er eine Beendigung des Krieges innerhalb einer bestimmten Frist.