Pierin Vincenz

Pierin Vincenz: Das sollten Sie über den Monsterprozess wissen

Laura Del Favero
Laura Del Favero

Zürich,

Der Prozess rund um Pierin Vincenz ist zu Ende. Anklage und Verteidigung bleiben sich uneinig, das Urteil ist noch hängig. Alle Informationen finden Sie hier.

Pierin Vincenz
Der ehemalige Raiffeisenchef Pierin Vincenz (l) kurz vor Beginn des ersten Prozesstages. - Keystone

Das Wichtigste in Kürze

  • Der Monsterprozess rund um den ehemaligen Raiffeisen-Chef Pierin Vincenz ist zu Ende.
  • Die Anklage fordert sechs Jahre Haft, die Verteidigung einen vollumfänglichen Freispruch.
  • Das endgültige Urteil des Bezirksgerichts Zürich ist für Mitte April geplant.

Es ist einer der grössten Finanzprozesse in der Geschichte der Schweiz: Der Fall Pierin Vincenz. Acht volle Verhandlungstage, verteilt auf zwei Monate dauerte das Gerichtsverfahren, bis es am gestrigen Dienstag sein Ende fand. Das endgültige Urteil ist allerdings noch hängig. Hier das Wichtigste über den Monsterprozess.

Worum geht es?

Dem ehemaligen Raiffeisen-Chef Pierin Vincenz und dessen Geschäftskollegen Beat Stocker wird unter anderem Betrug und untreue Geschäftsbesorgung vorgeworfen. Dadurch sollen sie und mehrere Mitangeklagte mehrere Millionen Franken ergaunert haben.

Pierin Vincenz
Der ehemalige Raiffeisenchef Pierin Vincenz (l) erscheint mit Anwalt Lorenz Erni zum Raiffeisen-Prozess des Zürcher Bezirksgerichts vor dem Volkshaus. - Keystone

Konkret sollen die beiden Hauptbeschuldigten auf Firmenübernahmen hingewirkt und gedrängt haben. Dabei sollen sie durch bestimmte Beteiligungen eigene finanzielle Interessen verfolgt und letztlich ihr eigenes Vermögen bereichert haben.

So beispielsweise beim Kauf der Eurokaution durch die von ihnen gelenkte Kreditkartenfirma Aduno. An Eurokaution sollen sich Vincenz und Stocker zuvor verdeckt privat beteiligt haben, um bei der Übernahme dann finanziell zu profitieren. Vergleichbare Vorgehensweisen werden ihnen in mehreren Fällen vorgeworfen. Beteiligte Personen stehen ebenfalls vor Gericht.

Pierin Vincenz wird zudem vorgeworfen, private Stripclubbesuche und familiäre Ferien auf Spesen seiner ehemaligen Arbeitgeberin, der Raiffeisenbank, gebucht zu haben. Die Rede ist von fast einer halben Million Franken.

Sollte der ehemalige Raiffeisenchef Pierin Vincenz verurteilt werden?

Was fordert die Anklage?

Die Staatsanwaltschaft hatte das Vorgehen von Pierin Vincenz und Beat Stocker in den ersten Prozesstagen als dreist und unzulässig bezeichnet. Nebst den angeblichen Bereicherungen an Firmenübernahmen kritisierte die Anklage vor allem Vincenz’ Stripclub-Besuche. Von einer «Tour de Suisse durchs Rotlichtmillieu» war die Rede.

Auch weitere Anklagepunkte wie angebliche Firmenreisen für mehrere tausend Franken und eingesteckte Provisionen beanstandete die Staatsanwaltschaft. Sie fordert sowohl für Pierin Vincenz als auch für Beat Stocker eine Freiheitsstrafe von 6 Jahren.

Beat Stocker
Beat Stocker erscheint zum fünften Prozesstag. - Keystone

Für die Beweisführung brauchte die Staatsanwaltschaft rund vier Jahre und legte eine Anklageschrift von insgesamt 364 Seiten vor.

Die beiden Privatklägerinnen Aduno (heute Viseca) und Raiffeisen schlossen sich den Punkten der Staatsanwaltschaft grösstenteils an. Aduno macht zusammen mit der Privatklägerin Raiffeisen die beiden Hauptangeklagten für einen Schaden von insgesamt 25 Millionen Franken verantwortlich. Dieses Geld fordern sie nun zurück.

Was fordert die Verteidigung?

Am vierten Prozesstag erhielt die Verteidigung das Wort. Den Anfang machte Pierin Vincenz’ Anwalt Lorenz Erni. Während mehr als fünf Stunden versuchte er die Vorwürfe der Staatsanwaltschaft zu entschärfen.

Demnach seien angebliche Bereicherungen durch Firmenübernahme nie im Sinne seines Mandanten gewesen. Und die zahlreichen Stripclub-Besuche seien nicht privater Natur, sondern für die Netzwerkpflege gewesen.

Auch Beat Stockers Anwalt lehnte sämtliche Vorwürfe gegen seinen Mandanten ab. Die beiden Verteidiger sprachen sich für einen vollumfänglichen Freispruch ihrer Angeklagten aus. Zudem fordern sie eine symbolische Entschädigung.

Einen Freispruch fordern auch die Verteidiger der weiteren Mitangeklagten.

Wie zeigt sich Pierin Vincenz?

Trotz der schweren Vorwürfe gegen den ehemaligen Raiffeisenchef erschien Pierin Vincenz stets mit einem Lächeln im Gesicht zu den Prozesstagen. Im Gerichtssaal selbst zeigte er sich eher abwesend, ausser er selbst erhielt das Wort – so wie gestern.

Am Rednerpult gab Vincenz zu in den vergangenen 20 Jahren Fehler gemacht zu haben: «Ich habe auch mal übertrieben». Dennoch ist er der Ansicht, nichts Unrechtmässiges getan zu haben. «Aus diesen Gründen ersuche Sie auch, sehr geehrtes Gericht, um einen Freispruch».

Wann kommt das Urteil?

Obschon der Monsterprozess zu Ende ist, hat das Bezirksgericht Zürich noch kein Urteil gefällt. Dieses soll am 13. April, um 08.30 Uhr, im Theatersaal eröffnet werden.

Stand heute ist davon auszugehen, dass das Gericht der Forderung der Staatsanwaltschaft nicht gänzlich entgegenkommen wird. Ob es zu einer bedingten Freiheitsstrafe oder doch zu einem kompletten Freispruch kommt, ist aus dem Prozessverlauf nur schwer abschätzbar.

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