Reisekonzern Thomas Cook hofft auf Rettung durch britische Regierung
Das Wichtigste in Kürze
- Krisensitzungen zur Abwendung des drohenden Bankrotts.
Im Falle eines Bankrotts drohen etwa 600.000 Urlauber weltweit zu stranden. Tausende Arbeitsplätze sind in Gefahr.
Am Freitag hatte Thomas Cook angekündigt, dass das Unternehmen zusätzlich zu einem von privaten Investoren zugesagten Rettungspaket in Höhe von 900 Millionen Pfund (1,018 Milliarden Euro) weitere 200 Millionen Pfund benötige, um eine Pleite abzuwenden. Am Samstag verlautete aus Verhandlungskreisen, dass die Beschaffung des dringend benötigten Geldes gescheitert sei. Wenn die Regierung nicht interveniere, werde das Unternehmen Pleite gehen.
Die «Financial Times» berichtete, es sei relativ unwahrscheinlich, dass die Regierung dem finanziell angeschlagenen Unternehmen helfe, da sie dessen langfristige Lebensfähigkeit anzweifle. Hingegen erfuhr die Nachrichtenagentur AFP aus Verhandlungskreisen, die Gespräche zwischen dem Unternehmen und der Regierung dauerten an. «Wir werden bis morgen wissen, ob eine Einigung erzielt werden kann», hiess es am Samstag.
Der für Sicherheit zuständige Staatssekretär Brandon Lewis sagte dem Sender Sky News am Sonntag, es wäre «unangebracht», wenn er die Lage kommentiere. Er hoffe, dass «sie zu einem positiven Abschluss kommen». Mehrere Gläubiger, darunter die Bank RBS, lehnten eine Stellungnahme ab.
Die Gewerkschaft der Mitarbeiter von Verkehrsbetrieben (TSSA) forderte die Regierung auf, sie müsse «diesen Grundpfeiler des britischen Einzelhandels» und die mit ihm verbundenen Arbeitsplätze retten. «Das Unternehmen muss gerettet werden, egal was passiert», sagte TSSA-Generalsekretär Manuel Cortes. Von weltweit 22.000 Angestellten bei Thomas Cook sind allein 9000 in Grossbritannien tätig.
Im Falle eines Bankrotts des 178 Jahre alten Unternehmens müssten alle Filialen schliessen und sämtliche Flugzeuge am Boden bleiben. Die Rückführung von rund 600.000 weltweit gestrandeten Passagieren müsste organisiert werden, darunter 150.000 Briten. Dies wäre für Grossbritannien die grösste Rückführungsaktion seit dem Zweiten Weltkrieg. Die Kosten für alle Thomas-Cook-Kunden dürften sich auf mehrere Milliarden Pfund belaufen. Einen Notfallplan hat die zivile britische Luftfahrtbehörde bereits, er hat den Namen Matterhorn.
Vor zwei Jahren hatte die britische Regierung in einem ähnlichen Fall Hilfe geleistet und die Rückführung von 110.000 gestrandeten Reisenden der Bankrott gegangenen Fluggesellschaft Monarch Airlines finanziert. Die britischen Steuerzahler kostete dies rund 60 Millionen Pfund.
Das chinesische Firmenkonglomerat Fosun, schon vorher grösster Anteilseigner von Thomas Cook, hatte vergangenen Monat eingewilligt, 450 Millionen Pfund in das Unternehmen zu stecken. Im Gegenzug erhielt der in Hongkong gelistete Konzernriese einen Anteil von 75 Prozent am Reiseanbieter Thomas Cook und 25 Prozent an der Flugsparte.
Im Mai hatte das Unternehmen in seinem Halbjahresbericht bekannt gegeben, dass es in den sechs Monaten bis Ende März einen Nettoverlust in Höhe von 1,47 Milliarden Pfund (1,69 Milliarden Euro) gemacht hatte. Als Grund nannte Thomas Cook unter anderem die Unklarheit um den EU-Austritt Grossbritanniens. Viele Kunden verzichteten deshalb auf Reisen ins Ausland. Neben der starken Online-Konkurrenz machte dem Unternehmen dieses Jahr auch der heisse Sommer zu schaffen. Wegen der Hitze im eigenen Land verzichteten viele Europäer auf Fernreisen.