SVP will AKWs bauen – Stromkonzerne winken ab
Die SVP will, dass in der Schweiz neue Kernkraftwerke gebaut werden dürfen. Doch die Stromkonzerne zeigen gar kein Interesse an neuen AKWs.
Das Wichtigste in Kürze
- SVP und Jungfreisinnige wollen, dass der Bau von neuen AKW wieder erlaubt ist.
- Axpo, Alipq, BKW und Repower wollen aber gar keine neuen Kernkraftwerke bauen.
Eigentlich ist der Fall klar: Vor vier Jahren hat das Stimmvolk die Energiestrategie 2050 deutlich angenommen. Diese sieht unter anderem den Ausstieg aus der Kernenergie vor.
Doch wie bei anderen Volksentscheiden geben die Abstimmungsverlierer auch hier nicht auf. Keine zwei Jahre nach der Abstimmung brachten die Jungfreisinnigen 2019 die Atomkraft wieder aufs Parkett.
Jetzt macht auch die SVP Stimmung. Vizepräsidentin Magdalena Martullo-Blocher sagte in einem Interview, man müsse Kernkraft längerfristig «wieder in Betracht ziehen». SVP-Nationalrat Albert Rösti wurde ein paar Tage später noch konkreter: Er will das Neubauverbot von Kernkraftwerken aufheben.
Schweiz braucht mehr Strom
Verkehr, Industrie, Wohnen: Fossile Energien sollen verschwinden. Doch ob E-Auto, Wasserstoff oder Wärmepumpen: Alles braucht Strom. Es ist darum unbestritten, dass die Schweiz – und die ganze Welt – künftig mehr Strom benötigt.
Also zurück zur Atomkraft? Nau.ch hat bei den grössten Energiekonzernen der Schweiz nachgefragt. Hier stossen die SVP-Pläne auf wenig Interesse.
«Die Frage eines neuen Kernkraftwerks stellt sich für Alpiq nicht», sagt Sprecher Guido Lichtensteiger. Er hält fest, dass die Kernenergie aktuell wichtig für die Versorgungssicherheit sei. «Sie lässt uns die nötige Zeit, das Energiesystem auf erneuerbare Energien umzustellen.»
«Aus wirtschaftlicher Sicht unrealistisch»
Kein Thema sind neue Meiler auch bei der BKW. «Der Bau eines neuen Kernkraftwerks ist derzeit aus wirtschaftlicher Sicht nicht realistisch», sagt Sprecher Markus Ehinger. Bereits die Stilllegung des Kernkraftwerks Mühlebergs sei unternehmerisch motiviert gewesen.
Denn: «Um den verschärften Sicherheitsanforderungen zu genügen, hätten wir einen dreistelligen Millionenbetrag investieren müssen», erklärt der BWK-Sprecher. Man sei darum zum Schluss gekommen, «dass das Kapital anderswo besser investiert ist.»
Auch das Bündner Unternehmen Repower investiert nur noch in erneuerbare Energien, wie Sprecher Stefan Bisculm sagt. «Dies schliesst Investitionen in neue AKW aus.» Der Vierte im Bunde hält vom SVP-Vorhaben ebenfalls nichts. Axpo-Sprecher Noël Graber sagt: «Die Strategie von Axpo sieht keine Investitionen in neue Kernkraftwerke vor.»
Doch wie soll der höhere Strombedarf gedeckt werden? Aktuell verbraucht die Schweiz jährlich rund 65 Terawattstunden Strom pro Jahr. Die ETH rechnet, dass mit dem Ausbau von Fotovoltaik bis 2050 etwa 40 Terawattstunden dazu kommen werden. Damit könnte der Wegfall der Kernenergie mehr als kompensiert werden.
Im Winter drohen aber Engpässe, wenn die Sonne weniger scheint. Die Stromkonzerne hoffen darum, dass sich die Politik bei der Energiegesetz-Revision neben der Förderung von Erneuerbaren stärker auf Wasserkraft fokussiert.
Zumindest die BKW liebäugelt auch mit Gaskraftwerken. Sprecher Ehinger sagt: «Sie könnten als Back-up-Technologie zur Überbrückung kritischer Situationen gegen Winterende nötig werden.»