Zoff um Wasserverbrauch bei Fleisch-Produktion
Laut Proviande braucht es für die Rindfleisch-Produktion in der Schweiz nicht viel mehr Wasser als für andere Lebensmittel. Greenpeace hält dagegen.
Das Wichtigste in Kürze
- Proviande preist Schweizer Rindfleisch als ressourcenschonend an.
- Greenpeace hält die Argumentation für «absolut irreführend».
Spätestens seit der Klima-Debatte ist die Fleisch-Produktion in Verruf geraten. Der Vorwurf: Eine sehr hohe Umweltbelastung.
Proviande will diesem Negativ-Image entgegenhalten. In der «Sonntagszeitung» liess der Fleisch-Verband einen ganzseitigen Werbetext abdrucken, um Schweizer Fleisch in ein gutes Licht zu rücken.
Der Fokus liegt dabei auf dem Wasserverbrauch: Proviande hält fest, dass dieser zwar hoch sei, aber nicht viel höher als bei anderen Lebensmitteln. Mit einer Grafik wird die Argumentation gestützt. Das Problem: Sie stimmt nicht.
Regenwasser ausgeklammert
Um das verstehen zu können, braucht es Hintergrundwissen: Grundlage für den Text ist der sogenannte Water Footprint. Das Rechenmodell, welches an der Universität Twente (NL) entwickelt wurde, soll aufzeigen, wie viel Wasser für die Produktion eines Lebensmittels verwendet wird.
Der Water Footprint teilt das verwendete Wasser in drei Kategorien auf: «Blaues» Wasser, welches zur Tänke der Tiere und Bewässerung der Felder verwendet wird.
«Graues» Wasser wird in der Produktion und Verarbeitung eingesetzt. Und schlussendlich «grünes» Wasser, welches dem Regenwasser entspricht und von Pflanzen aufgenommen wird.
In der Rechnung des Wasserfussabdruckes von Rindfleisch macht das grüne Wasser den Löwen-Anteil aus. Proviande argumentiert im Text, dass dieses Wasser in der niederschlagsreichen Schweiz auch ohne Nutztiere wieder in den Wasserkreislauf zurückgeführt werde. Und hat es darum aus der Rechnung entfernt.
Rindfleisch mit gleicher Bilanz wie Apfel
Das Problem: Wurde beim Rindfleisch das «grüne» Wasser abgezogen, blieb es beim Apfel erhalten. Die Konsequenz: In der Tabelle, welche unterhalb des Artikels abgedruckt wurde, schnitt das Rindfleisch punkto Wasserverbrauch gleich gut ab wie ein Apfel.
Dies schlachtet Swissveg aus. Auf Instagram schreibt der Verein: «Keine Glanzleistung der Sonntagszeitung. Sie lässt zu, dass Proviande mit bezahlter Werbung irreführende Grafiken verbreitet.» Aus der Vegi-Community gibt es dafür viel Zuspruch.
Die «Sonntagszeitung» hat sich für die fehlerhafte Grafik entschuldigt und will eine Korrektur nachliefern. Proviande antwortet auf den Instagram-Post von Swisssveg, dass man keine Zahlen beschönigen wolle. Und stellt klar, dass eigentlich «alle Werte in der Grafik bereinigt und das Regenwasser ausgeklammert werden müssen.»
Greenpeace kritisiert Proviande-Rechnung
Doch ergibt das Sinn? Bei Greenpeace rümpft man die Nase. Landwirtschafts-Expertin Alexandra Gavilano sagt zu Nau.ch, dass es «gar nicht» gehe, den in der Schweiz anfallenden Wasserfussabdruck abzuziehen. «Vor allem in Zeiten der generellen Trockenheit in der Schweiz ist es absolut irreführend, eine solche Aussage zu machen.»
Bei der Erzeugung tierischer Produkte nehme der Futtermittelanbau den grössten Anteil am Wasserverbrauch ein. Das «grüne» Wasser mache dabei das grösste Stück des Kuchens aus: «Was direkt mit der Weidenutzung, sowie mit der Produktion von Raufutter zusammenhängt und somit nicht für andere Produktionen gebraucht werden kann.»
Gavilano ergänzt: «Um Vergleiche machen zu können ist es essenziell, dass wir gleiche Footprints benutzen, da ansonsten auch keine richtige Vergleiche zwischen Milchkühen, Schweinen und Hühnern im Vergleich zu Rindfleisch gemacht werden können.»
Gavilano hält fest, dass ein Rind in der Regel nach drei Jahren schlachtreif sei und rund 200 Kilo knochenloses Fleisch liefere. «In diesem Zeitraum frisst es 1300 Kilogramm Getreide und 7200 Kilogramm Raufutter.»
Auf Nachfrage von Nau.ch reicht Proviande die Grafik nach, wo bei allen Lebensmitteln das «grüne» Wasser abgezogen worden ist. Damit steht Rindfleisch bezüglich Wasserverbrauch ähnlich gut da wie Reis und gar besser als Datteln.
Sprecherin Regula Kennel erklärt: «Es wird klar, dass die Schweiz als niederschlagsreiches Land gute Voraussetzungen für die Rindfleischproduktion hat, denn hierzulande werden sogar nur geschätzte 550-750 Liter Wasser pro Kilo Schweizer Rindfleisch gebraucht.»
«Fleisch kann betreffend Wasser mit anderen Lebensmitteln mithalten»
Man habe keine Absicht, Fleisch in irgendeiner Art und Weise besser darzustellen als es wäre. «Wir möchten eigentlich genau aufzeigen, dass Fleisch betreffend Wasser absolut mit anderen Lebensmitteln mithalten kann und nicht als Übeltäter abgestempelt werden kann.»
Wenn Fleisch als Umwelt-Sünder in der Kritik steht, geht es allerdings nicht nur um den Wasserverbrauch. Gerade bei den Treibhausgasen schneidet Fleisch viel schlechter ab als pflanzliche Proteinlieferanten.
Gemäss dem WWF werden für die Produktion eines Kilos Rindfleisch 15,4 Kilo CO2 ausgestossen. Bei Linsen, welche einen ähnlichen Proteingehalt haben, sind es pro Kilo nur 0,7 Kilo CO2.
Laut dem Umwelt-Bericht des Bundes verursacht ein Veganer durch seine Ernährung jährlich 1,1 Tonnen CO2-Emissionen. Wer rund zwei Kilo Fleisch pro Woche ist, produziert 2,3 Tonnen CO2 im Jahr.