DSDS: Die Mutter der deutschen Casting-Shows
Die deutsche Castingshow «Deutschland sucht den Superstar» (DSDS) gibt es seit 2002. In der RTL-Sendung suchen drei Prominente nach dem besten Gesangstalent.
Das Wichtigste in Kürze
- Die Ursprungsform von «DSDS» wurde das erste Mal 2001 in Grossbritannien ausgestrahlt.
- In Deutschland startete die RTL-Show im November 2002.
- Promis wie Dieter Bohlen sorgen für hohe Einschaltquoten.
Als «RTL» 2002 erstmals das Format «Deutschland sucht den Superstar» ausstrahlte, ahnte noch niemand, welchen Boom die Show auslösen würde.
Der Hype vergangener Jahre ist mittlerweile zwar verflogen, trotzdem bleibt «DSDS» einer der zuverlässigsten Quotengaranten für den Sender.
«DSDS»: Die Ursprünge
Die Geburtsstunde von «DSDS» schlug 2001 in Grossbritannien. Dort hatte der Musikproduzent Simon Fuller in den 90er-Jahren das Prinzip der künstlich zusammengestellten Popbands entwickelt. Deren Mitglieder wurden bei diversen Castings und Auditions gefunden.
Sein grösster Hit wurden die Spice Girls, die er bis zur Trennung der Band als erste Girlgroup aufbaute und vermarktete.
Zu Beginn des neuen Jahrtausends produzierte Fuller für den britischen Sender «ITV» die neue Fernsehshow «Pop Idol». Junge, unbekannte Künstler präsentierten sich einem Millionenpublikum. Per Telefonvoting wurde entschieden, wer weiterkommt. Erster Sieger wurde Will Young.
Da «Pop Idol» für «ITV» zum Quotenhit wurde, liess sich das Konzept schnell weltweit als Lizenz vermarkten. Ähnliche Formate wie «American Idol (USA)», «Nouvelle Star» (Frankreich) und «Deutschland sucht den Superstar» waren geboren.
Was Simon Fuller und Jury-Mitglied Simon Cowell für die britische Insel waren, war in Deutschland Dieter Bohlen. Zu diesem Zeitpunkt war er vor allem als Gründer von Modern Talking bekannt.
Er gehörte von der ersten Staffel an zur Jury. Er produzierte mit mehreren Gewinnern erfolgreiche Songs und Alben.
Das Prinzip Casting-Show
Der steinige Weg zum Ruhm wird seit Jahrzehnten immer wieder in Film, Fernsehen und auf der Bühne thematisiert. «Pop Idol» und «DSDS» erlaubten es dem Publikum erstmals, von Anfang an bei diesem Ausleseprozess dabei zu sein.
Junge Kandidaten können sich zunächst bei öffentlichen Castings bewerben, bei denen in mehreren Runden immer mehr Bewerber ausgesiebt werden. Die letzten auserwählten Talente präsentieren sich dann in den sogenannten «Mottoshows» einem Millionenpublikum im Fernsehen. Sämtliche Auftritte werden von einer Fachjury kommentiert und bewertet.
Die endgültige Entscheidung über Sieg oder Niederlage liegt jedoch beim Publikum. Das kann per Telefonvoting (oder SMS/Internet) für seine Favoriten abstimmen. In jeder Sendung scheidet der Teilnehmer mit den wenigsten Stimmen aus.
Der Sieger bzw. die Siegerin einer Staffel wird mit einem Plattenvertrag belohnt. Durch die wochenlangen Auftritte im Fernsehen war ein Erfolg garantiert. Alben und Tourneen liefen gut und brachten den Künstlern viel Geld ein.
Sämtliche «DSDS»-Staffeln wurden gezielt von Boulevardblättern mit immer neuen Enthüllungen über die Teilnehmer begleitet. Dazu hatten die unzähligen bissigen Kommentare von Jury-Mitglied Dieter Bohlen und die Darbietungen der jungen Amateure selbst grossen Unterhaltungswert.
Erst im Laufe der Zeit mehrte sich Kritik daran, wie junge unbedarfte Menschen bei «DSDS» vorgeführt und verheizt wurden.
Die Entwicklung von «Deutschland sucht den Superstar»
Nach einigen extrem erfolgreichen Jahren begannen die Einschaltquoten von «DSDS» zu sinken. So wurde das Format immer wieder umgebaut.
Die Jury-Mitglieder wechselten (mit Ausnahme von Dieter Bohlen) fast jährlich. Die Recalls wurden an exotische Locations auf der ganzen Welt verlegt. Ausserdem mussten die Bewerber immer neue, für eine Popkarriere völlig irrelevante Mutproben absolvieren.
Die Zahl der Liveshows wurde reduziert. Die Teilnehmer vor diverse Challenges gestellt, bei denen es zusätzliche Preise zu gewinnen gab. Dazu erhielt jede Staffel ein individuelles Motto wie «Kandidaten an die Macht».
Hier mussten die Finalisten einen selbstkomponierten Song singen, statt ein von Dieter Bohlen geschriebenes Werk. Ausserdem gab es eine «No Limits Staffel» – ohne jegliche Einschränkungen.
Am Anfang gab es einen Plattenvertrag und Ruhm für die Gewinner. Später ein Preisgeld von 500'000 Euro, das mittlerweile auf 100'000 Euro reduziert wurde.
Der Erfolg von «DSDS» hatte obendrein schon bald Nachahmer-Shows auf anderen Sendern auf den Plan gerufen.
In Grossbritannien hatte Ex-«Pop Idol»-Jurymitglied Simon Cowell 2004 seine eigene Show «The X Factor» gestartet. Die deutsche Variante wurde auf «VOX» ausgestrahlt.
Dazu kamen ähnliche Shows wie «The Voice», «Das Supertalent», Heidi Klum‘s «Germany‘s Next Topmodel» und viele mehr. Durch die jährliche Schwemme an durchweg profillosen austauschbaren Talenten setzte schon bald eine gewisse Ermüdung beim Fernsehpublikum ein.
Trotz sinkender Einschaltquoten und immer schwächerer Plattenverkäufe der Gewinner hält «RTL» bislang weiter an «DSDS» fest.
Erfolge und Misserfolge
Nur wenige Gewinner konnten eine dauerhafte Pop- oder Schlagerkarriere aufbauen. Alexander Klaws, Gewinner der allerersten Staffel, etablierte sich als erfolgreicher Musicaldarsteller auf deutschen Bühnen.
Der Schweizerin Beatrice Egli gelang vor allem in ihrer Heimat eine beeindruckende Karriere als Schlagersängerin. Sie wurde gleich zweimal mit dem «Swiss Music Award» als beste Solokünstlerin ausgezeichnet.
Es gab auch Popkünstler, die bei «DSDS» nicht bis in die Liveshows kamen und heute eine weit erfolgreichere Karriere feiern. Darunter war der Sänger Wincent Weiss, dessen erstes Album sich mehr als 200'000 Mal verkaufte.
Andere ehemalige «DSDS»-Kandidaten feierten Erfolg. Darunter zum Beispiel Pietro Lombardi, der Gewinner der achten Staffel.
Er heiratete seine «DSDS»-Konkurrentin Sarah Engels und war mit ihr in mehreren Doku-Soaps zu sehen. Mittlerweile verdient er geschieden und selbstständig als Sänger sein Geld.
Viele andere traten im «RTL»-Quotenhit «Ich bin ein Star – holt mich hier raus» auf, besser bekannt als das «Dschungelcamp».
So erlangte Menderes Bagci aus Langenfeld eine gewisse tragische Berühmtheit. Er bewarb sich hartnäckig bei allen Staffeln von «Deutschland sucht den Superstar». Irgendwann hatte Dieter Bohlen Mitleid und gab Menderes sogar ein Recall-Ticket.
Er durfte mehrmals ausser Konkurrenz auftreten. Weiterhin nahm er an anderen Casting-Shows teil und wurde 2016 überraschenderweise zum Dschungelkönig des «Dschungelcamps» gewählt.
Die «RTL»-Castingshow startete 2022 ohne Bohlen
Stattdessen sassen die Sängerin Ilse DeLange, der Schlagersänger Florian Silbereisen und Musikproduzent Toby Gad in der Jury. Doch die Zuschauerquote lag lediglich bei 2,65 Millionen (neun Prozent Marktanteil).
Das Ergebnis war für den Privatsender sehr ernüchternd. Im Vergleich: 2021 erreichte das «DSDS»-Release rund 3,3 Millionen, im Jahr 2020 3,9 Millionen und 2019 zu Beginn 4,4 Millionen Zuschauer.
Doch eine Kommentatorin der «Bild»-Zeitung meinte, dass die Show fröhlich, modern, unterhaltsam und vor allen Dingen familientauglich war. Und dass die Quoten in den Staffeln zuvor stetig nach oben gingen.
Der Kandidat Arian teilt zum neuen Konzept der Sendung nur positive Worte aus: «Das neue «DSDS» gibt Raum, um zu wachsen und sich zu entfalten. Die Jury ist mit Herz dabei und sieht auch verborgenes Talent und Potenzial. Das neue Konzept der Sendung hat mich überzeugt, dieses Jahr ist das richtige für mich. Die Zeit ist reif für Veränderung und ich auch.»
Bohlen-Comeback 2023
Für die 20. Staffel holte der Sender «RTL» den Pop-Titan Dieter Bohlen wieder zurück. Ein Jahr lang war Dieter nicht dabei, stattdessen wurde Florian Silbereisen ans Jury-Pult gesetzt.
«Wir haben uns verändert, auch Dieter Bohlen hat sich verändert. Ich denke, die Pause hat beiden Seiten gutgetan», sagte «RTL»-Geschäftsführer Henning Tewes.
Dieter freute sich ebenfalls auf seine Rückkehr zur 20. Jubiläumsstaffel. «Ich habe immer gesagt: Ich hatte eine Mega-Zeit bei dem Sender, ich habe mich zuhause gefühlt. Deshalb freue ich mich sehr, wieder bei «DSDS» zu sein.»
Brav werde er aber nicht sein, erzählt Dieter weiter: «Wenn ich nicht der Dieter sein darf, der ich bin, hätte ich nicht zugesagt», wirft er abschliessend grinsend ein.