Bodenständiger Exzentriker: Ryanair-Chef O'Leary wird 60
Er hat das Geschäft mit Billigfliegern gross gemacht. Ryanair-Chef Michael O'Leary nimmt kein Blatt vor den Mund und ist knallhart gegenüber jedem, der ihm in die Quere kommt.
Das Wichtigste in Kürze
- Wenn es ums Geschäft geht, dann ist Ryanair-Chef Michael O'Leary nie um einen lockeren Spruch verlegen.
Irland sollte mit dem Impfprogramm «in die Pötte kommen», polterte er kürzlich.
Wie alle Fluggesellschaften ist auch Ryanair schwer von der Pandemie getroffen. Im laufenden Geschäftsjahr rechnet die Airline mit rund einer Milliarde Verlust. Doch angesichts beträchtlicher Geldreserven steht der irische Billigflieger vergleichsweise gut da.
Und O'Leary, der am 20. März seinen 60. Geburtstag feiert, wäre nicht O'Leary, wenn er in der Krise nicht auch eine Chance sehen würde. «Es gibt eine Menge an Wachstumschancen in Irland und quer durch Europa, wo Airlines pleite gegangen sind oder ihre Kapazitäten zurückgefahren haben», rechtfertigte er die Aufstockung einer Bestellung des Pannenfliegers Boeing 737 Max um 75 auf 210 Stück - auf die er einen Rabatt erhalten hat, versteht sich.
Dank der Impfungen sieht er für den Sommer wieder massenhaft Touristen nach Portugal, Spanien, Italien und Griechenland pilgern. Einwände dass er damit möglicherweise etwas zu optimistisch sein könnte, wischt O'Leary weg. Sobald die Gruppen mit dem höchsten Risiko geimpft seien, könne man Einschränkungen nicht mehr rechtfertigen, argumentiert er - und kanzelt sämtliche Experten und die Regierung in Dublin in unnachahmlicher Weise ab.
Das Geschäft mit dem Massentourismus hat O'Leary wohlhabend gemacht. Der gelernte Steuerberater hält rund vier Prozent an der Airline und gehört Berichten zufolge zu den reichsten 20 Menschen in Irland. Er selbst empfindet Urlaubsreisen aber als Zeitverschwendung, wie er dem «Irish Independent» einmal sagte: «Das Problem, das ich mit Urlaub habe, ist, dass man zwei Wochen damit verschwendet, an einem verdammten Strand zu sitzen. Ich versteh nicht, was das soll.»
O'Leary lebt nach dem Motto «Zeit ist Geld». Als die Strassen um die irische Hauptstadt Dublin Anfang der 2000er Jahre immer stärker durch Staus verstopft waren, kaufte er sich kurzerhand eine Taxi-Lizenz, um auf der Busspur fahren zu können.
Seit 1994 steht er an der Spitze von Ryanair, das er mit einer konsequenten Discounter-Strategie zur grössten Billig-Airline Europas ausbaute. Ähnlich wie bei Vorbildern in der Lebensmittelbranche setzte er auf niedrigere Kosten durch vereinfachte Abläufe und ein beschränktes Angebot.
Und er ist bekannt dafür, neue Einnahmequellen zu erschliessen. Massnahmen wie Extrakosten für die Gepäckaufgabe, Verkauf von Speisen und Getränken an Bord und die Abschaffung der Business-Klasse stammen aus dem O'Leary-Arsenal.
Seine Sprüche und unkonventionellen Ideen sorgen stets für Aufmerksamkeit. Vor einigen Jahren machte er Schlagzeilen mit der Meldung, Passagiere künftig für Toilettenbesuche an Bord extra bezahlen lassen zu wollen. Später legte er noch einen drauf, als er sagte, er würde den Passagieren «für einen Fünfer auch noch den Hintern abwischen».
«Ich war schon immer ein Grossmaul», bekannte er einmal. Zeitweise ersetzte er mit seinen exzentrischen Auftritten eine ganze Marketingabteilung. Mit Vorliebe liess er sich in Kostümen ablichten - als menschliches Handy, Papst oder auch Batman-Helfer Robin.
Und wehe, wenn ihm jemand in die Quere kommt. Im Fadenkreuz O'Learys stehen vor allem Mitbewerber, Umweltschützer, Gewerkschaften und Regierungen. Genüsslich referiert er beispielsweise über die Schwächen anderer Airlines. Die Lufthansa bezeichnete er in einem Interview mit dem britischen Nachrichtensender Sky News im vergangenen Jahr als «Crack-Kokain-Junkie, der um Staatshilfen bittet». Gewerkschaften verunglimpfte er lange als fünfte Kolonne von Konkurrenten.
Erst vor wenigen Jahren lenkte er ein und stimmte Verhandlungen mit den Arbeitnehmervertretern zu. Selbst mit den Kunden ging O'Leary früher wenig zimperlich um. Doch als Ryanair vorübergehend in die roten Zahlen rutschte, lernte er, dass selbst ein Billiganbieter sich nicht alles erlauben kann.
Doch es gibt auch die andere Seite des O'Leary, der die Bodenständigkeit liebt und mit seiner Familie auf einer Farm in der Nähe von Dublin lebt. Er ist stolz darauf, dass er seine Steuern in der Heimat zahlt und nicht auf einer Insel in der Karibik. Für seine Kinder will er, dass sie im ländlichen Umfeld mit Tieren aufwachsen. Selten ist er in einem Anzug zu sehen. Meist zeigt er sich im weit aufgeknöpften Karo-Hemd. Seine Hobbys sind Pferderennen und Rinderzucht. Doch viel Privates gibt O'Leary nicht preis. «Wir leben im Stillen», sagte er der «Financial Times» einmal.
Dass er mit 60 einen Gedanken an Rente verschwendet, ist nicht zu erwarten. «Jeder, der mit mir zusammenleben muss, würde keinen Druck auf mich ausüben, in Rente zu gehen», sagte er einmal.