Das unangenehme Thema Insolvenz hatte Boris Becker eigentlich längst hinter sich lassen wollen. Doch daraus wurde nichts. Vor einem Londoner Gericht wehrt sich der Ex-Tennisprofi nun gegen schwere Vorwürfe.
Boris Becker bei seiner Ankunft am Southwark Crown Court in London. Foto: Frank Augstein/AP/dpa
Boris Becker bei seiner Ankunft am Southwark Crown Court in London. Foto: Frank Augstein/AP/dpa - dpa-infocom GmbH

Das Wichtigste in Kürze

  • 28 Mal schallen dieselben zwei Worte an diesem Donnerstagmorgen durch den Gerichtssaal des Southwark Crown Court in London: «Nicht schuldig.» Bei jedem einzelnen der 28 Anklagepunkte, die ihm die britische Insolvenzbehörde vorwirft, sagt Boris Becker sie aufs Neue.
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Mal kommen die Worte aus seinem Mund knapp und wie aus der Pistole geschossen, dann wieder langsam und betont. «Nicht. Schuldig.» Konten, Immobilien, Trophäen - es ist eine unübersichtliche Aufzählung an hohen Summen und Besitztümern, die der frühere Tennisprofi in seinen Angaben unterschlagen haben soll.

Im dunklen Anzug mit hoch zugeknöpftem Hemd und Krawatte steht Becker starr und aufrecht dicht hinter einer Glasscheibe. Er hört den Vorwürfen zu, die Punkt für Punkt - es sind mehr Zahlen als Worte - verlesen werden.

American Express, Metrobank, JP Morgans, verschiedene Summen und Adressaten, dazwischen bekannte Namen wie der seiner Ex-Frau Barbara Becker. Auch mehrere Trophäen habe der 52-Jährige versteckt, fügt die Anwältin der Insolvenzbehörde hinzu. Weiteres könne folgen, wenn alle Beweismittel ausgewertet seien.

Beckers Gesicht ist errötet, das blonde Haar wie üblich streng zurückgekämmt. Der Blick der Sport-Ikone bleibt starr, während er seine Unschuld beteuert. Die mit Glasscheiben abgetrennte Kammer mitten im Raum ist Präsentierteller und Schutzwall zugleich. Gäbe es einen Corona-Ausbruch unter den Juristen und Journalisten im Gerichtssaal - Becker dürfte wohl verschont bleiben.

«Dieser Fall handelt davon, dass grosse Mengen an Geld versteckt wurden», erklärt die Anwältin. Bei einer Verurteilung drohen bis zu sieben Jahre Haft.

Becker war 2017 von einem britischen Gericht für zahlungsunfähig erklärt worden. Eigentlich können Insolvenzverfahren in England bereits nach einem Jahr abgeschlossen werden. Nicht jedoch im Fall Becker: Seine Auflagen wurden zuletzt bereits um zwölf Jahre verlängert - auch damals schon wegen unvollständiger Angaben.

Eine plausible Erklärung für all die Ungereimtheiten und Kartons voller Bankbelege und Beweisakten, die von der Behörde derzeit akribisch zusammengetragen werden, bleibt der 52-Jährige schuldig. Kommentarlos drängt er nach der Anhörung durch die Reportermenge vor dem Gericht, die ihn bis zu seinem Wagen begleitet.

«Er ist völlig unschuldig und beabsichtigt, sich zu gegebener Zeit vor Gericht zu verteidigen», kündigt Beckers Sprecher Aaron Stephans an. Bis dahin sollten die Medien bloss nicht anfangen zu spekulieren. Doch Zeit für Spekulationen bleibt genug. Erst am 13. September kommenden Jahres wird der eigentliche Prozess beginnen. Bis dahin müssen noch jede Menge Beweise gesichtet werden.

Der dreimalige Wimbledon-Sieger und sechsfache Grand-Slam-Champion bleibt auf freiem Fuss - allerdings nicht unkontrolliert. Wenn er reisen will, was er für seine Kommentatoren-Jobs häufig tut, muss Becker das zwei Tage zuvor bei der Insolvenzbehörde anmelden. Sein Reisepass ist bei den Anwälten hinterlegt.

Einen Antrag, diese Auflagen zu lockern, lehnte das Gericht ab. Es gebe ein gewisses Risiko, dass Becker sich sonst ins Ausland absetze und man die Kontrolle über ihn verliere.

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