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Elton John: Ein Kessel Buntes und drei Minuten Gänsehaut

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Grossbritannien,

Langeweile im Lockdown - muss nicht sein. Das dachte sich auch Elton John und versuchte, das Beste aus der überschüssigen Zeit zu machen. Sein neues Album ist ein Schaulaufen junger und älterer Musikstars.

Elton John hat den Lockdown mit Musik überstanden. Foto: Julian Smith/AAP/dpa
Elton John hat den Lockdown mit Musik überstanden. Foto: Julian Smith/AAP/dpa - dpa-infocom GmbH

Das Wichtigste in Kürze

  • TV-Streaming in Serie, öfter raus in die Natur, freiwillige Überstunden im Homeoffice, vielleicht auch mal nur die Langeweile geniessen: Jeder entwickelt so seine Methoden, um mit den Corona-Einschränkungen klarzukommen.

Elton John, einer der grössten Superstars im Pop-Business überhaupt, hat sich in den vergangenen 18 Monaten via Zoom oder im Studio Gäste zum Kennenlernen, kreativen Austausch und Musikmachen eingeladen. Das unter Pandemiebedingungen entstandene Album heisst passenderweise «The Lockdown Sessions».

Und wie so oft, wenn Menschen aus schwierigen Zeiten irgendwie das Beste machen müssen, liegen Licht und Schatten auf dem mit 16 Stücken üppig geratenen Album nah beieinander. Die Mixtur aus Dance-Pop, Hip-Hop, Balladen, Indie- und Senioren-Rock klingt manchmal wie ein etwas beliebiger Kessel Buntes. Was der Hörer aber immer spürt: Die Querbeet-Kollaborationen haben Sir Elton Riesenspass gemacht.

Diese Platte, obwohl sicherlich nicht eine seiner besten, war für den Sänger, Songwriter und Pianisten jedenfalls mehr als nur ein Zeitvertreib zur anschliessenden kommerziellen Verwertung.

Beim Zoom-Interviewtermin für eine kleine Schar internationaler Musikjournalisten kommt der Brite aus dem Schwärmen kaum heraus. «Magie und Glück» empfinde er über diese aus dem Lockdown geborenen Aufnahmen, die sich teilweise durch seine eigene «Rocket Hour»-Show (Apple Music) ergeben hätten. Darunter befinden sich Coverversionen wie das berühmte «It's A Sin» der Pet Shop Boys (von Elton John hier präsentiert mit Years & Years) und Metallicas «Nothing Else Matters» (mit Miley Cyrus), aber auch zehn neue Kompositionen.

«Wir sind jetzt Freunde», sagt Elton John mehrfach über seine neuen Musiker-Bekanntschaften - und betont, dass ihn die Arbeit mit Nachwuchskünstlern wie Charlie Puth, Lil Nas X, Rina Sawayama, Jimmie Allen oder SG Lewis besonders begeistert habe. Dies sei «Kick» und «Thrill» zugleich gewesen, er lerne dabei immer noch hinzu.

Die gemeinsame Single «Cold Heart (Pnau Remix)» mit Dua Lipa (26) ist der erste Hit eines Albums, das durchaus noch einige weitere bereithalten könnte. Das mit Beats aufgepeppte Patchwork mehrerer Elton-John-Klassiker wie etwa «Rocket Man» verhalf ihm gerade erst zu einem britischen Chart-Rekord: Als erstem Künstler gelang es ihm, über einen Zeitraum von sechs Jahrzehnten jeweils mindestens einmal pro Dekade in die Top Ten der britischen Hitparade zu kommen.

Das eingängige Duett - Sir Eltons erste Nummer eins im Vereinigten Königsreich seit 16 Jahren - löste «Shivers» von Ed Sheeran an der Chart-Spitze ab. Der 30-Jährige hatte seine Fans zuvor selbst aufgerufen, dabei mitzuhelfen - auch ein Zeichen der Wertschätzung, die der Pop-Veteran bei nachfolgenden Generationen geniesst.

«Ich habe seit Jahren Freundschaften mit jungen Musikern aufgebaut und ausgebaut. Und es macht mich immer noch ganz aufgeregt, wenn ich etwas Neues von einem neuen Künstler höre», sagt Elton John im Zoom-Gespräch glaubwürdig euphorisch. Mit seinem Bekanntheitsgrad biete er den Youngstern dann gern «eine Hand der Freundschaft» an.

Und das tut er nicht zuletzt aus eigener positiver Erfahrung: «Als ich damals nach Amerika kam, sind Stars wie Neil Diamond, The Beach Boys, Leon Russell, The Band oder George Harrison auf mich zugekommen, und es machte mich sehr froh, dass sie meine Musik mochten.» 50 Jahre ist das nun her - inzwischen zählt Elton John mit über 50 Top-40-Hits, gut 300 Millionen verkauften Alben, Grammys und Oscars selbst zu den grössten Ikonen der Musikwelt.

Gern würde er demnächst mal etwas mit US-Shootingstar Billie Eilish machen, über die er sagt: «Es ist wundervoll, diese kleine Blume zu einem wunderschönen Baum heranwachsen zu sehen.» Aber natürlich hat Elton John für «The Lockdown Sessions» auch seine guten Kontakte zur mittleren und älteren Pop-Generation ausgereizt - davon zeugen Songs mit Damon Albarns Cartoon-Band Gorillaz, Eddie Vedder (Pearl Jam), Stevie Nicks (Fleetwood Mac) und Soul-Legende Stevie Wonder.

Nach viel leichtgewichtigem Pop und etwas klassischem Rock hat Elton John den einzigen echten Gänsehaut-Moment des Albums für den Schluss aufgehoben. Es ist eine dreiminütige «Recreation» von «I'm Not Gonna Miss You», dem allerletzten Lied, das der Countrypop-Weltstar Glen Campbell - von der Alzheimer-Krankheit schon schwer gezeichnet - vor seinem Tod 2017 schrieb.

Bei diesem Thema zeigt Sir Elton im Interview seine melancholische Seite: «Es ist ein so schöner Text über das Herzzerreissende einer Demenz. Das war eines der schwersten Stücke auf dem neuen Album, weil ich es unbedingt richtig machen musste. Ich musste genau diese Emotionen in meinen Gesang legen, die Glen selbst hatte.» Es ist ihm geglückt: Das Duett der wunderbaren Stimmen von Glen Campbell und Elton John in einer grossen Abschiedsballade - es berührt zutiefst.

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