Peter Maffay, inzwischen 70, legt mit seiner Band einen furiosen Tourneeauftakt zum 50. Bühnenjubiläum hin. Der fitte Rockmusiker und Popbarde feiert mit seinen Fans eine emotionale Bühnenshow - auch mit politischen Akzenten.
Peter Maffay singt vor 8000 begeisterten Fans. Foto: Frank Molter/dpa
Peter Maffay singt vor 8000 begeisterten Fans. Foto: Frank Molter/dpa - dpa-infocom GmbH

Das Wichtigste in Kürze

  • Die Bühne in Gitarrenform ist Sinnbild und Verheissung zugleich: Peter Maffay, in schwarzer Lederkluft mit Nietenjacke, stürmt unter Ovationen der 8000 Fans in der ausverkauften Kieler Sparkassen-Arena über den langen «Gitarrenhals», einen Steg, auf die Bühne, um mit «Jetzt!» loszulegen.
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Der Titelsong seines aktuellen gleichnamigen Albums ist eine Hymne, den Augenblick zu leben: «Nur der Moment ist wirklich/Die Zeichen stehen auf «jetzt».» Der Auftakt der Tournee zu Maffays 50. Bühnenjubiläum gerät am Mittwochabend in der Arena zu einem zweieinhalbstündigen musikalischen Fest unter Freunden, so vertraut sind der inzwischen 70-Jährige und seine Community. Satte Rockmusik, aber auch leise Klänge prägen den durchweg gelungenen Abend als musikalische Zeitreise - mit Musikern aus früheren Zeiten als Gästen wie Frank Diez (mit Krückstock) oder Steffi Stephan, die mit Maffay nochmal «Steppenwolf» (1979) spielen.

Politische Akzente setzt der Rockmusiker auch. Bereits als zweites Lied bringt Maffay seinen Song «Morgen» - einen Weckruf gegen Umweltzerstörung und Krieg, gegen religiösen Fanatismus, Antisemitismus und Populismus. Darin heisst es: «Politiker hetzen und hören sich gern reden, ihre Worte sind wie Öl, das sie ins Feuer geben.» Später kündigt Maffay den Tabaluga-Song «Ich wollte nie erwachsen werden» mit den Worten an, die kleine grüne Figur stehe für Freundschaft, für Koexistenz, nicht für Gewalt, nicht für Rassismus - Applaus brandet auf.

Star des Abends bleibt aber die Musik. Maffays langjährige Bandmusiker (Maffay: «Wir sind eigentliche eine Lebensgemeinschaft») präsentieren sich in Topform - etwa Schlagzeuger Bertram Engel, Saxofonist Frank Mead, Peter Keller (Gitarre) oder der vielseitige Pascal Kravetz (Backing Vocal, Piano, Wurlitzer Piano, Keyboard). Jugendliche Frische bringen Multitalent Charly Klauser, Ex-DSDS-Kandidatin Linda Teodosiu und Chorsänger Leon Taylor. Die Akustik ist trotz Lage der Bühne in der Hallenmitte makellos.

Zu einem Höhepunkt des Abends gerät der Song «Für immer jung», den Maffay mit Überraschungsgast Johannes Oerding im Duett singt. Die Fans sind begeistert, klatschen rhythmisch mit. Und schliesslich, von Maffay aufgefordert, intonieren sie begeistert selbst den Refrain. Das Lied erinnert wie im Zeitraffer an grosse Hits von Maffay. «Das Bindemittel zwischen den Leuten und uns ist die Zeit, die man zusammen verbracht hat mit den Emotionen, mit den Erlebnissen - und möglicherweise mit den Haltungen, die daraus resultieren», erklärte Maffay vor der Tour die Grundidee des Songs.

Die Karriere Maffays hat etwas Märchenhaftes. Der Sohn einer Deutschen und eines Ungarn wächst in Siebenbürgen in Rumänien in einfachen Verhältnissen auf. Mit seinen Eltern - der Vater war mehrfach vom rumänischen Geheimdienst Securitate verhaftet und schwer misshandelt worden - darf er 1963 in die Bundesrepublik ausreisen. Die Schlagerschnulze «Du» bringt 1970 den Durchbruch. In den Jahrzehnten häutet sich Maffay musikalisch stark Richtung Rockmusik. Als Vorgruppe der «Rolling Stones» werden Maffay und seine Band 1982 «gnadenlos ausgepfiffen», schreibt er in seinem gerade erschienenen Buch «Hier und jetzt». «Es flogen Eier, Tomaten und Cola-Büchsen. Das war unser persönliches Waterloo.»

Allerdings: «Wenn wir damals nicht so aufs Maul gekriegt hätten, hätten wir womöglich nicht zur Normalität zurückgefunden», schreibt Maffay angesichts von Millionen verkaufter Alben und der Gefahr, die Bodenhaftung zu verlieren. «Unterm Strich war das also gut.» Längst ist Maffay Deutschland erfolgreichster Rockmusiker - mit 19 Alben, die Platz eins in den Charts erreichten.

Der Zugaben-Block in Kiel findet sein Finale mit «Sommer in der Nacht», die Halle tobt vor Begeisterung. Maffay, musikalisch und auch körperlich in Topform, hatte schon vorher geschwärmt: «Es ist geil mit euch». Und: «Es ist ein wunderschöner Abend für uns, ich kann das kaum in Worten sagen, es ist ein Genuss für euch spielen zu dürfen.»

Bis Ende März gibt Maffay mit seiner Band noch 21 Konzerte in grossen Hallen, bis auf ein Gastspiel in Zürich alle in deutschen Städten. Die rund 200.000 Tickets für die Konzerte sind nach Angaben von Maffays PR-Agentur bis auf Restkarten ausverkauft.

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