Was hält man in der Schweiz von der neuen EU-Asylpolitik?

Matthias Bärlocher
Matthias Bärlocher

Bern,

Die EU-Länder haben sich am Flüchtlingsgipfel darauf geeinigt, Auffanglager in der EU und in Nordafrika einzurichten. Und was tut die Schweiz?

Gerhard Pfister Coronavirus Lockdown
Mitte-Präsident Gerhard Pfister. - Keystone

Das Wichtigste in Kürze

  • Die EU will Auffanglager für Flüchtlinge in und ausserhalb der EU schaffen.
  • Die Schweiz könnte sich daran beteiligten. Die Parteien sehen dies aber differenziert.
  • So oder so: Parlamentarier glauben nicht, dass die EU dies auch durchzieht.

Doch noch ein Entscheid, nach über 12 Stunden Beratungen in Brüssel: Die EU hat sich zu einer neuen Strategie in der Asylpolitik durchgerungen. Einerseits sollen in EU-Ländern geschlossene Auffanglager für Bootsflüchtlinge entstehen und von dort aus auf die Mitgliedsländer verteilt werden. Andererseits strebt die EU an, in Nordafrika Sammellager einzurichten.

Sollte die Schweiz mitziehen? Nau hat im Parlament nachgefragt und nur in einem Punkt Einigkeit herausgehört: Man zweifelt stark daran, ob aus der Theorie jemals Praxis wird.

Geschlossene Auffanglager in freiwilligen EU-Ländern: Die CVP sieht darin eine langjährige Forderung erfüllt: «Das ist ein pragmatischer Ansatz». Sagt CVP-Präsident Gerhard Pfister. «Völlig falsch!», sagt dagegen SVP-Nationalrat Andreas Glarner zu Nau: «Sie dürfen schon gar nicht erst nach Europa gelangen.» Das wiederum sehen die Grünen genau umgekehrt: «Es fehlt ein legaler und sicherer Zugang nach Europa.»

Sollte sich die Schweiz daran beteiligen? Konsequenterweise lehnen dies dann sowohl Grüne wie SVP ab. CVP-Präsident Pfister stellt die Bedingung, dass der Verteilschlüssel für die Schweiz fair und der EU-Grenzschutz erhöht ist. Da mag Grünen-Fraktionschef Balthasar Glättli nur den Kopf schütteln: «Der EU-Flüchtlingsgipfel würde treffender EU-Festungsgipfel heissen.»

EU-Lager Nein, Nordafrika-Lager Ja: Andreas Glarner ist alles recht, so lange es «vor Ort» ist.
EU-Lager Nein, Nordafrika-Lager Ja: Andreas Glarner ist alles recht, so lange es «vor Ort» ist. - Keystone

Sammellager an der nordafrikanischen Küste: Man könne nicht die Verantwortung für die Betreuung der Flüchtlinge auf afrikanische Staaten abwälzen, monieren die Grünen. EU-Lob gibt es für einmal von SVP-ler Glarner: «Es ist sicher alles, was vor Ort passiert, besser, als wenn sie über den Teich zu uns kommen.» Diese Haltung, wenn auch in gemässigter Ausdrucksweise, teilt auch Gerhard Pfister von der CVP: «Absolut ein gangbarer Weg, denn das würde auch das Schlepperwesen wirksam bekämpfen. Aber schwierig zu machen.»

Sollte sich die Schweiz hierbei beteiligen? «Vor Ort: immer!», lautet die Devise bei Glarner, während die Grünen die Rechtmässigkeit der bereits laufenden Zusammenarbeit mit der libyschen Küstenwache sogar anzweifelt. Daumen rauf gibt es aber auch von der CVP: «Das wäre in unserem Interesse, denn unsere Migrationszahlen hängen massgeblich von der Situation in Italien ab», sagt Pfister.

Alles eh nur ein Papiertiger?

Problem: Niemand will daran glauben, dass sich in absehbarer Zeit etwas ändert. Zu den EU-Sammellagern samt Verteilschlüssel sagt CVP-Präsident Gerhard Pfister: «Im Moment sehe ich das nicht, weil ja ein beträchtlicher Teil der EU-Länder nicht bereit ist, mitzumachen.»

Die Lager vor Ort seien auch nicht realistisch, ergänzt SVP-Nationalrat Andreas Glarner: «Die EU wird das nicht schaffen. Das ist jetzt einfach ein Burgfriede, um die Situation für die CDU zu beruhigen.»

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