«Arena»: IPS-Chef liest den Politikern die Leviten
Das Wichtigste in Kürze
- In der gestrigen «Arena» wurden verschiedene Themen zum Coronavirus diskutiert.
- Ein zugeschalteter IPS-Leiter hielt den Politikerinnen und Politikern den Spiegel vor.
Die Corona-Fallzahlen in der Schweiz sind wieder enorm hoch, die Spitäler sind wieder am Anschlag, der Bundesrat verschärft wieder die Massnahmen, eine neue Variante sorgt wieder für Panik. Es ist das grosse Déjà-vu, das natürlich auch in der gestrigen «Arena» besprochen werden musste.
In der gefühlten 500. Ausgabe zur Pandemie wurden alle derzeit brennenden Themen durchgeboxt: Die neue Mutation Omikron, die Massnahmen des Bundes, eine mögliche Impfpflicht oder Durchseuchung und die Triage in den Spitälern – um nur einige davon zu nennen.
Die vier Regierungsparteien SP, SVP, FDP und Mitte waren alle mit Nationalratsmitgliedern in der Sendung vertreten. Jon Pult (GR) vertrat Erstere, Marcel Dettling (SZ) die SVP, Christa Markwalder (BE) die FDP und Gesundheitskommissionspräsidentin Ruth Humbel (AG) die Mitte. Neben den Politikerinnen und Politikern war zudem der Epidemiologe Marcel Salathé in Zürich anwesend. Er war zuständig für den wissenschaftlichen Input.
Zu Beginn der «Arena» wurden die Massnahmen des Bundes diskutiert, ein Thema, das schnell in den üblichen parteipolitischen Schlagabtausch ausartete. Umso wichtiger war deshalb der Realitätscheck mit Martin Balmer. Der Leiter der Pflege Intensivmedizin im Kantonsspital Aarau wurde von den Sendungsmachern zur Halbzeit zugeschaltet.
Balmer dürfte vielen Zuschauern der «Arena» kein Unbekannter sein. Er war im vergangenen September schon einmal selbst im Studio zu Gast und äusserte damals die Hoffnung, dass sich die Situation bessern würde. Gestern verglich er die aktuelle «ausserordentlich ernste» Lage mit der Letztjährigen und sagte: «Vor einem Jahr hatten wir noch mehr Personal, doch die Auslastung ist die Gleiche. Wir verlieren fast monatlich Personen, wertvolle Intensivpflegende, weil sie keine Energie mehr haben, überlastet und erschöpft sind.»
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Der IPS-Chef, der sich während der Zuschaltung in seinem Arbeitsplatz, der Covid-Station des Kantonsspitals Aarau, befand, mahnte, dass bei ihnen, bei insgesamt 20 Intensivplätzen, nur noch ein einziger Platz frei sei. «Am Montag werden wir aufgrund der Lage im Aufwachraum zwei Intensivbetten eröffnen und auch das OP-Programm runterfahren, um Personal freischalten zu können.»
IPS-Leiter in der «Arena»: Triage-Entscheide werden Gesellschaft spalten
Keine der Patientinnen oder der Patienten auf der Intensivstation sei geimpft, führte Balmer weiter aus. «Wir sind wütend darüber und es macht uns hilflos, dass wir nach fast zwei Jahren noch nicht weiter sind.» Und: Es mache ihm und seinem Team enorm Mühe zu hören, dass die Lage noch nicht ernst genug sei.
«Ich stelle bei meinen Kolleginnen und Kollegen eine Angespanntheit fest. Wer werden bald Triage-Entscheide treffen müssen und davor haben viele Respekt und auch Angst.» Und es habe bereits begonnen: «Wir mussten in der vergangenen Woche bereits immer wieder Covid-Patienten aus anderen Kantonen ablehnen.»
Es werde immer darüber diskutiert, so Balmer, dass die Zertifikatspflicht die Gesellschaft spalte. «Ich befürchte aber, dass solche Triage-Entscheide die Gesellschaft spalten werden.» Dabei gehe es schliesslich nicht um ein Papier oder um einen Nachweis, so der IPS-Leiter, sondern darum, dass Menschen unnötigerweise ihr Leben verlieren.
Auf Nachfrage machte Balmer in der «Arena» klar, dass in Bezug auf die Triage, das Entscheiden über Leben und Tod bereits begonnen habe. «Stellen Sie sich vor, dass Sie sich auf einem Schiff befinden, das untergeht und das Rettungsboot steht bereit, es hat aber nur noch einen Platz frei. Ich wage gar nicht daran zu denken, was das mit den Menschen macht, wenn sie Angehörige auf diese Art und Weise verlieren.»