Auch Ständerat will einheitliche Jugendschutzregeln für Videospiele
Nach dem Nationalrat hat sich auch der Ständerat für einheitliche Jugendschutzregeln bei Videospielen ausgesprochen.
Das Wichtigste in Kürze
- Auch der Ständerat spricht sich für einheitliche Jugendschutzregeln bei Videospielen aus.
- Anders als der Nationalrat will er Käufe innerhalb von Apps aber nicht regeln.
Das Parlament will Minderjährige besser vor Sex- und Gewaltdarstellungen in Games und Filmen schützen. Als Zweitrat hat der Ständerat einer entsprechenden Vorlage zugestimmt. Käufe innerhalb von Apps will er darin allerdings nicht regeln – anders als der Nationalrat.
In der Gesamtabstimmung hiess die kleine Kammer am Mittwoch das neue Bundesgesetz mit 42 zu 0 Stimmen ohne Enthaltungen gut. Die Kommission für Wissenschaft, Bildung und Kultur des Ständerates (WBK-S) hatte die Vorlage mit klarer Mehrheit zur Annahme empfohlen. Sie geht zurück an den Nationalrat.
Das heutige System sei uneinheitlich und lückenhaft, sagte Matthias Michel (FDP/ZG) namens der Kommission. Ziel sei auch, alle Anbieter gleichzubehandeln. Elisabeth Baume-Schneider (SP/JU) verwies darauf, dass sich die Situation durch die neuen technischen Möglichkeiten im Internet grundlegend verändert habe. Viel häufiger als zu ihrer Jugendzeit konsumierten Kinder und Jugendliche heute alleine Medieninhalte.
Starke Zunahme bei In-App-Käufen
Nicht einverstanden ist der Ständerat allerdings mit einer Ausweitung der Vorlage, die der Nationalrat in der Sommersession 2021 beschlossen hatte. Die grosse Kammer möchte optionale Zusatzkäufe – sogenannte Mikrotransaktionen – regeln. Ausserdem soll unter anderem die Möglichkeit vorgesehen werden, solche Mikrotransaktionen durch Minderjährige einzuschränken. Es geht hier um sogenannte In-App-Käufe, die in den vergangenen Jahren stark zugenommen haben.
Oppositionslos entschied der Ständerat am Mittwoch, die entsprechende Bestimmung zu streichen. Das Thema der Mikrotransaktionen sei zwar wichtig, räumte Michel ein. Nach Aussage von Fachleuten gehe es aber darin um den Schutz vor Game-Sucht, nicht um jenen vor ungeeigneten Inhalten. Die Frage solle deshalb nach Ansicht der Kommission in einem anderen Rahmen geregelt werden.
Keine weiteren Massnahmen zur Medienkompetenz-Förderung
Der Ständerat möchte das Bundesamt auch nicht gesetzlich dazu verpflichten, Massnahmen zur Förderung der Medienkompetenz und der Prävention zu ergreifen. Mit 24 zu 18 Stimmen ohne Enthaltungen nahm er einen Antrag der Kommissionsminderheit an, auf die Vorgabe zu verzichten. Der Nationalrat hatte sich zuvor für die Vorgabe ausgesprochen.
Es gehe darum, nicht nur mit Verboten und Einschränkungen zu operieren, argumentierte Michel namens der Kommissionsmehrheit ohne Erfolg. Vielmehr stärke Bildung die Eigenverantwortung. Dies sei gerade im Hinblick auf die Problematik von Game- und Onlinesucht wichtig.
Minderheitssprecher Jakob Stark (SVP/TG) sah im Artikel zur Medienkompetenz hingegen ein sachfremdes Element. «Das Richtige am falschen Ort zu tun, ist eben auch falsch.» Zudem würden dem Bund damit Aufgaben zugewiesen, ohne dass es dafür in der Verfassung die nötige Bundeskompetenz gebe.
Was letzteren Punkt angeht, waren die Meinungen im Rat geteilt. Auch der Bund habe in der Bildung Kompetenzen, sagte Benedikt Würth (Mitte/SG). Und gerade wenn man die Regulierung schlank halten wolle, müsse man im Bereich der Medienkompetenz etwas unternehmen.
Im Übrigen sei der Bund schon heute nicht inaktiv, was das Thema angehe. Dies etwa im Zusammenhang mit der nationalen Plattform Jugend und Medien. Das Informationsportal wird vom Bundesamt für Sozialversicherungen (BSV) betrieben.
Branchen- statt Jugendschutzorganisationen
Die für die Umsetzung der Jugendschutz-Massnahmen zuständigen Organisationen sollen nicht verpflichtet werden, Expertinnen und Experten dauerhaft als Mitglieder einzubeziehen. Dies soll gemäss Ständerat nur bei der Erarbeitung des entsprechenden Konzepts geschehen. Der Nationalrat war hier anderer Meinung.
In diesem Zusammenhang nahm der Ständerat auch begriffliche Änderungen am Gesetzestext vor. Er möchte im Gesetz durchgängig von Branchen- statt Jugendschutzorganisationen sprechen.
Es gehe darum, klarzumachen, dass der Staat die Branchen nicht zu einer bestimmten Organisationsform zwingen wolle, erläuterte Michel. Darunter gehört etwa die Bildung eines Dachverbands mit speziellem Zweck. Vielmehr wolle man an bestehenden Organisationen anschliessen.
Eine weitere Differenz betrifft die Frage, unter welchen Voraussetzungen begleitete Kinder und Jugendliche im Kino Filme sehen dürfen, die sie allein nicht ansehen dürften. Bundesrat und Nationalrat wollten, dass in diesem Fall die Altersgrenze um höchstens zwei Jahre unterschritten werden darf. Der Ständerat strich diese Bestimmung. Zwischen den Räten umstritten ist auch die genaue Ausgestaltung der Regeln für Videospiel-Turniere.
Jugendschutz ist Sache der Kantone
Ziel der Vorlage ist es, Minderjährige vor Medieninhalten in Filmen und Videospielen zu schützen, die ihre Entwicklung gefährden könnten. Dabei geht es insbesondere um Darstellungen von Gewalt und Sexualität sowie bedrohliche Szenen.
Das Gesetz für Anbieter von Filmen, Videospielen und entsprechenden Internet-Plattformen regelt etwa, wie sie ihre Produkte kennzeichnen müssen. Ebenfalls darin aufgeführt wird, was sie zur Alterskontrolle tun müssen. Heute ist der Jugendschutz weitgehend Sache der Kantone.
Finden die Branchen keine Lösung, kann der Bundesrat selber Regeln erlassen. Die Kantone sollen mit Testkäufen kontrollieren, ob die Alterskennzeichnungen auf den Produkten angebracht sind. Und ob die Alterskontrolle in den Geschäften oder Kinos durchgeführt wird.
Der Bundesrat schlägt eine Co-Regulierung zwischen Branchenakteuren und Jugendschutzorganisationen vor, ergänzt mit Fachexperten. So können die Akteurinnen und Akteure die Detailregulierungen der Film- und Videospielbranchen selber entwickeln. Sie können sich zu entsprechenden Organisationen zusammenschliessen und müssen ihre Regelung dem Bundesrat zur Genehmigung vorlegen. Dieser erklärt sie danach für allgemeinverbindlich.