Bald-SVP-Präsi Marco Chiesa lacht – und weicht aus
Der designierte SVP-Präsident Marco Chiesa lacht gerne und oft. Auch wenn man ihn auf seine sozialen und grünen Ansichten anspricht.
Das Wichtigste in Kürze
- Niemand zweifelt daran, dass der Tessiner Ständerat Marco Chiesa neuer SVP-Präsident wird.
- Das sein politisches Profil etwas SVP-untypisch ist, quittiert er mit lautem Lachen.
- Linke würden ihn halt als «vernünftigen Mann» loben, weil er offen für Gespräche sei.
«Der Noch-Vizepräsident», wird er vom amtierenden SVP-Präsidenten Albert Rösti vorgestellt. Niemand zweifelt daran, dass Marco Chiesa, Ständerat aus dem Tessin, Röstis Nachfolger als SVP-Präsident werden wird. Obwohl, wie er selbst geflissentlich betont, die Delegiertenversammlung erst noch entscheiden muss.
Und obwohl Chiesa die Gletscher-Initiative der Klimaschützer unterstützt und generell linker und sozialer als seine Partei politisiert. Doch diese Punkte wischt Chiesa mit einem ansteckenden Lachen beiseite. Er sieht darin weder ein Problem, noch will er sich erklären müssen. Und «grün» will er schon gar nicht sein.
Macht die SVP bald Tessiner Wischiwaschi-Politik?
Die SVP hat Chiesa schon mal zuvorderst eingebunden in der Abstimmungskampagne zur Begrenzungsinitiative. Als künftigen Chef oder als Vertreter eines Grenzkantons? Sollen die Sorgen des Tessins zu nationalen Sorgen werden, auch wenn in Glarus oder im Aargau andere Verhältnisse herrschen? Im Prinzip ja, sagt Chiesa: «Alles, was jetzt in meinem Kanton geschieht, hat das Potenzial, dass es auch in anderen Kantonen passieren wird.»
Also mehr Tessin, aber auch mehr Grün mit dem neuen SVP-Präsidenten, immerhin hat die SVP ja Grün bereits im Parteilogo. Diese Anspielung hört Chiesa weniger gern: Den grünen, sozialen SVPler lacht er elegant weg. «Nein, wir haben die Sonne in unserem Logo, ich möchte gerne die Sonne des Kantons Tessin mit hineinbringen!» Festlegen will sich der Präsidiumskandidat nicht.
Fast schon entschuldigend klingt die Rechtfertigung, warum sein politisches Profil sozialer ausfällt als etwa dasjenige von Albert Rösti. «Jeder bringt seine eigenen Erfahrungen mit hinein. Ich war Heimleiter in einem Altersheim, habe immer im sozialen Bereich gearbeitet.»
Ein vernünftiger SVPler
Dass er seine soziale Ader immer wieder durchblicken lässt, trägt ihm Lob und Gratulation der Tessiner Linken ein. Aber auch dieses will er lieber nicht überbewerten: «Sie sagen, dass ich ein vernünftiger Mann sei.»
Chiesa lacht laut, als er realisiert, was er da gerade gesagt hat: dass Vernunft bei einem SVPler eine überraschende Eigenschaft wäre. «Es ist halt so! Ich habe eine ganz klare Linie, aber ich bin offen für alle Gespräche.»
Aber bei den grossen Themen der SVP – EU, Kriminalität, Zuwanderung – werde man die Linie halten. Linie halten heisst bei der SVP oft auch, «blochertreu» zu sein. Doch bei dem Thema lässt sich Chiesa erneut nicht auf die Äste hinaus. Christoph Blocher ist definitiv nicht auf seiner Kurzwahl-Liste, denn der hat eben erst gelernt, wie man «Chiesa» korrekt ausspricht.
Chiesa hat dagegen gehört, dass Blocher findet, «Welsch, Tessin, das ist eigentlich alles Suisse Romande». Doch auch dieser Affront wird mit einem Lacher abgetan. Wird die SVP unter Chiesa zugänglicher, zahmer, perfider oder lustiger?
Sicherlich wird mehr gelacht werden. Ob immer berechtigterweise, müssen Wähler und die politische Konkurrenz beurteilen.