Coronavirus: Westschweizer fühlen sich vom Bundesrat übergangen
Die Westschweizer Kantone fühlen sich nach dem harten Durchgreifen des Bundesrates im Kampf gegen das Coronavirus übergangen.
Das Wichtigste in Kürze
- Der Bundesrat hat gestern Dienstag das Corona-Zepter wieder in die Hand genommen.
- Die Westschweizer Kantone fühlen sich deshalb von der Landesregierung übergangen.
- Sie hatten in den letzten Wochen strengere Massnahmen als der Rest der Schweiz.
Am vergangenen Freitag forderte Gesundheitsminister Alain Berset die Kantone zu einem harten Durchgreifen im Kampf gegen Corona auf. Weniger als eine Woche später hat der Bundesrat nun das Zepter wieder an sich gerissen.
Die Kantone dürfen zu den gestern vorgestellten Vorschlägen zwar noch Stellung nehmen. Doch Bundespräsidentin Simonetta Sommaruga machte deutlich, dass man die Massnahmen durchziehen will.
Die FDP kritisiert das Verhalten des Bundesrates in einer Medienmitteilung als «inkohärent» und meint: «Er spielt fahrlässig mit der Glaubwürdigkeit aller involvierten Institutionen.»
Die Partei sieht die Kantone weiter in der Pflicht und fordert von ihnen regional koordinierte Lösungen zu präsentieren. Die Liberalen finden ausserdem, dass die Westschweiz, die in letzten Wochen frühzeitig strikte Massnahmen ergriffen habe, nun vom Bundesrat «ungerechtfertigt bestraft» werde.
Kritik aus dem Heimkanton von Berset
Ähnliche Kritik kommt auch aus dem Heimkanton von Gesundheitsminister Alain Berset. Der Freiburger Staatsrat Maurice Ropraz (FDP) tat seinen Frust kurz nach der Pressekonferenz auf Facebook kund.
«Freiburg und die französischsprachigen Kantone haben ihre Verantwortung wahr genommen, als der Bundesrat nicht handeln wollte. Und jetzt, wo die Massnahmen gelockert werden könnten, will er uns nationale Beschränkungen auferlegen?»
Denn morgen Donnerstag hätten in den Westschweizer Kantonen die Restaurants nach fünf Wochen Schliessung wieder öffnen können. Das werden sie auch, doch nun erhalten sie bereits am Samstag wieder neue Restriktionen.
Das Wallis plante, seine Restaurants und Bars am 14. Dezember wieder ganz zu öffnen. Auch dort ist die Regierung sauer auf Bundesbern. Der Walliser CVP-Staatsrat Roberto Schmidt nennt die Pläne des Bundesrats auf Twitter «eine Frechheit». «Es kann nicht sein, dass wir für unsere gute Arbeit doppelt bestraft werden, nur weil einige zu spät reagierten», so Schmidt.
Eine Frechheit, was sich der Bundesrat gegenüber jenen Kantonen erlaubt, die schon vor Wochen harte Corona-Massnahmen ergriffen haben und die Lage gut im Griff haben. Es kann nicht sein, dass wir für unsere gute Arbeit doppelt bestraft werden, nur weil einige zu spät reagierten.
— Roberto Schmidt (@Roberto_VS1) December 9, 2020
Zur erwarteten Unzufriedenheit der Romands äusserte sich Berset am Dienstag an der Medienkonferenz des Bundesrates nur ganz kurz. Ein Journalist fragte, wieso die Westschweiz die geplanten Massnahmen mittragen müsse, obwohl die Zahlen sinken.
Berset erklärte, die Zahlen würden nicht schnell genug sinken. Und man könne zu einem späteren Zeitpunkt über regionale Lockerungs-Massnahmen diskutieren.