Covid-Zertifikat: Parteien appellieren an Vernunft der SVP
Die SVP dürfte am Samstag die Nein-Parole zum Covid-Zertifikat beschliessen. Befürworter sind alarmiert und wirft ihr vor, aus purem Wahlinteresse zu handeln.
Das Wichtigste in Kürze
- Die SVP könnte am Samstag die Nein-Parole zum Covid-Zertifikat beschliessen.
- In anderen Parteien löst dies Kopfschütteln aus – sie hoffen auf SVP-Exekutiv-Politiker.
Die Zahl der Neuinfektionen mit dem Coronavirus nimmt laufend zu. Bundesrat und Kantone bereiten sich auf einen hektischen Herbst vor. Im Kanton Aargau zieht Gesundheitsdirektor Jean-Pierre-Gallati (SVP) bereits eine Ausweitung der Zertifikatspflicht auf Beizen in Betracht.
Ausgerechnet «seine» SVP könnte solchen Konzepten indes einen Strich durch die Rechnung machen. Die Delegierten fassen am Samstag die Parole zur Abstimmung über das Zertifikat, welche am 28. November stattfindet. Die Gegner zeigten sich gegenüber Nau.ch siegessicher.
SP-Wasserfallen: «SVP mit Covid-Leugnern und Impfgegnern im Bett»
Das sorgt allenthalben für Nervosität in Bundesbern – und auch für Unverständnis. Schliesslich stellt die SVP mit Guy Parmelin den Bundespräsidenten, der als glühender Verfechter des Zertifikats gilt. Und: Nicht nur im Aargau, sondern auch in den Kantonen Bern und Zürich ist die Rechtspartei mit Pierre-Alain Schnegg und Natalie Rickli für die Pandemie-Politik zuständig.
Für SP-Gesundheitspolitikerin Flavia Wasserfallen ist klar: «Sollte die SVP tatsächlich entgegen den Warnungen ihrer eigenen Gesundheitsdirektoren die Nein-Parole fassen, beweist sie einmal mehr, dass sie keine Verantwortung übernehmen will und die Parteiinteressen über das Wohl der Bevölkerung stellt.»
Die SVP lege sich «aus purem Wahlinteresse mit Covid-Leugnern und Impfgegnern ins Bett», ärgert sich die Bernerin. Dabei sei die zweite Abstimmung über das Covid-Gesetz wichtig, «damit wir die gesetzlichen Grundlagen haben – gerade auch für den Ausstieg aus der Pandemie.»
GLP-Bäumle hofft auf Natalie Rickli, Guy Parmelin & Co.
Ähnlich tönt es bei GLP-Nationalrat Martin Bäumle. Der Aerosolforscher sagt: «Ein Nein zum Covid-Gesetz wäre fatal. Der Schweiz würde plötzlich eine wichtige Waffe im Kampf gegen das Virus fehlen.»
Im Extremfall müsste dann der Bundesrat Entscheide treffen, «denen die demokratische Legitimation tatsächlich fehlt». Insofern hoffe er, «dass sich die SVP ihrer Verantwortung bewusst ist», so Bäumle.
Der Zürcher würde es begrüssen, wenn die Exekutiv-Vertreter der SVP – etwa Natalie Rickli oder Guy Parmelin – vor der Parolenfassung ihre Haltung zum Zertifikat «sowohl intern und extern ihre Haltung klar darlegen». Es sei zu hoffen, dass die Parteispitze der SVP «noch einmal in sich geht und zumindest auf eine Stimmfreigabe zielt.»
Ob es soweit kommt, darf indes bezweifelt werden. Fraktionschef Thomas Aeschi macht keinen Hehl aus seiner Ablehnung des Zertifikats, während Präsident Marco Chiesa in dieser Frage lavierte. Am Freitag diskutiert die Parteispitze das Thema. Am Samstag kurz nach dem Mittag müssen dann die Delegierten Farbe bekennen.