E-ID: Bundesrat präsentiert staatliche Lösung
Vor über einem Jahr hat die Bevölkerung das E-ID-Gesetz abgelehnt. Nun präsentiert Bundesrätin Karin Keller-Sutter den zweiten Anlauf für eine E-ID.
Das Wichtigste in Kürze
- Der Bund startet nach einer informellen Vernehmlassung einen neuen Anlauf für die E-ID.
- Die E-ID wird vom Bund angeboten, der eine App zur Verwaltung der ID entwickeln soll.
- Das Gesetz soll technologieneutral formuliert werden und den Datenschutz gewährleisten.
Die Schweiz soll eine E-ID erhalten, die vom Staat zur Verfügung gestellt wird. Im März 2021 hatte die Stimmbevölkerung eine E-ID, die von Unternehmen betrieben worden wäre, abgelehnt. Nachbefragungen hätten ergeben, dass die digitale ID nach Wunsch der Bevölkerung vom Staat betrieben werden soll, so Karin Keller-Sutter. Sechs parteiübergreifende, gleichlautende Motionen hierzu wurde auch im Parlament akzeptiert.
Der Bundesrat hat darauf hin im Herbst letzten Jahres eine «informelle Vernehmlassung» durchgeführt; aus diesen Ergebnissen hat das Eidgenössische Departement für Justiz und Polizei (EJPD) die Stossrichtung für ein neues Gesetz entworfen. Karin Keller-Sutter präsentiert diese heute vor den Medien und schickt sie in die Vernehmlassung. Sie sei «keine Kopie oder Wiederauflage» des abgelehnten Gesetzes, so die Justizministerin.
Zwei Pilotprojekte zur digitalen Identifikation durch den Staat seien schon am Laufen: Das erste betreffe den Lernfahrausweis, der Bund erwarte erste Resultate nächstes Jahr. Das zweite Projekt habe zum Ziel, die Ausweiskarte von Bundesangestellten zu digitalisieren, was schon im Herbst geschehen könnte.
E-ID auf staatlicher App
Wie es schon für die letzte E-ID der Fall war, sollen sich Nutzerinnen und Nutzer «schnell und unkompliziert» ausweisen können. Alle Personen mit einer Schweizer Identitätskarte, einem Schweizer Pass oder einem Ausländerausweis hätten ein Anrecht auf eine digitale Identität. Der Bund werde diese herausgeben und die Infrastruktur verwalten.
So soll er eine App entwickeln, auf welcher die ID verwaltet werden kann, eine Art «Wallet», oder Brieftasche. Dabei müsse Kontrolle der Inhaberinnen und Inhaber über ihre Daten grösstmöglich sein. Allgemein legt der Bundesrat grossen Wert auf den Datenschutz: Einerseits werde das System selbst diesen gewährleisten; zudem sollen die Datenflüsse auf das Minimum reduziert werden, was den Schutz weiter erhöhe.
Zusätzlich stehe der Bundesrat mit dem Eidgenössischen Datenschutz- und Öffentlichkeitsbeauftragten (EDÖB) und den technischen Hochschulen im Kontakt. Der Direktor des Eidgenössischen Justizdepartements Michael Schöll erklärte, wie das Ausstellen der E-ID funktionieren werde: Auf der Wallet-App müsse die Person ihre Identitätskarte scannen. Dann müsse sie ein Videoselfie machen, welches mit dem Bild auf der Identitätskarte verglichen werde.
«Dieses ganze Prozedere sollte nicht länger als zwei Minuten dauern», so Schöll weiter. Es stehe «Tag und Nacht zur Verfügung». Zeige man die E-ID im echten Leben, könne man auswählen, welche Angaben preisgegeben würden; so werde die Kontrolle über die eigenen Daten gegeben. Das Fedpol erfahre nicht, wann die E-ID im Wallet gezeigt werde, betonte Schöll.
International, kantonal und auf Gemeindeebene
Das Gesetz sei technologieneutral formuliert, heisst es weiter, um auf Entwicklungen reagieren zu können. Die E-ID soll nicht nur im Netz, sondern auch in der «echten» Welt, wie etwa beim Alkoholkauf benützt werden können: «Sie ist nicht nur ein Login», sagte Keller-Sutter, sondern eine echte, digitale Identifikationsmöglichkeit. Deswegen soll sie auch international eingesetzt werden.
Wie aber der Bund betont, werde die E-ID freiwillig und gratis sein. Sämtliche Dienstleistungen beim Bund sollen auch analog möglich bleiben. Wo aber eine elektronische Identifizierung vorgenommen werden könne, auch auf Gemeinde- und kantonaler Ebene, soll die E-ID akzeptiert werden. Mit E-Voting habe die Vorlage aber nichts zu tun, bestätigte Keller-Sutter.
Die Kantone und Gemeinden würden die Infrastruktur des Bundes auch benutzen können: So sollen in Zukunft Wohnsitzbestätigungen oder auch Betreibungsregisterauszüge auf der E-ID-App abrufbar sein.
Auch Privaten würde das früher oder später ermöglicht. So könnten etwa Universitäten oder Vereine ihre Diplome oder Mitgliederausweise auf der App ausstellen. Die Vernehmlassung zur neuen E-ID läuft bis 20. Oktober. Wie Karin Keller-Sutter sagte, könnte der Bund frühestens 2025 anfangen, die E-ID auszustellen.