Frontex-Nein: Demo-Gruppe versammelt sich in Bern und Zürich
Die Schweiz wird sich am Ausbau der EU-Grenzschutzagentur Frontex beteiligen. Das Referendum von linken Parteien und Geflüchteten konnte nicht überzeugen.
Das Wichtigste in Kürze
- Die Schweiz wird sich am Ausbau der EU-Grenzschutzagentur beteiligen.
- Für das Nein-Komitee ist es ein rassistisches und beschämendes Ergebnis für die Schweiz.
- Jetzt ruft es zu Demonstrationen heute Abend in Bern und Zürich auf.
Das Ja zu Frontex war eigentlich sicher. In den jüngsten Umfragen kam die Vorlage auf einen Ja-Anteil weit über sechzig Prozent. Diese Quoten hatten sich während der eher flauen Abstimmungskampagne stetig erhöht.
Das Referendumskomitee sprach von einem beschämenden, rassistischen und enttäuschenden Resultat. Die Schweiz mache sich «mitschuldig am Tod von und der Gewalt gegen zehntausende Menschen». Deswegen ruft es auch zu spontanen Demonstrationen auf, in Zürich und in Bern. Auf dem Bundesplatz haben sich indes nur wenige Menschen versammelt.
In Zürich haben sich die Demonstranten um 20 Uhr beim Landesmuseum versammelt. Danach gingen über 100 Personen auf einen Marsch, welcher um 22 Uhr auf dem Helvetiaplatz endet.
Die Polizei toleriert den Anlass, ist jedoch mit einem grösseren Aufgebot inklusive Wasserwerfer vor Ort. Teilweise wurde der öffentliche Verkehr gestört.
EU rüstete Frontex seit 2016 auf
Mit dem Ja kann die Schweiz sich definitiv am Ausbau der europäischen Agentur für die Grenz- und Küstenwache Frontex beteiligen. Die EU rüstet sie seit 2016 mit mehr Personal und technischer Ausrüstung auf. So soll die Agentur ihre Aufgaben im Grenz- und Rückkehrbereich besser wahrnehmen können.
Urs Bieri von GFS Bern sagte gegenüber dem «SRF», die Kritik an Frontex habe im Abstimmungskampf zwar eine Rolle gespielt. Sicherheitsüberlegungen hätten aber schliesslich den Ausschlag gegeben für das Ja. Punkten konnte wahrscheinlich auch das Argument, die Schweiz könne die Zukunft von Frontex mitgestalten.
Nein-Komitee fordert Umgestaltung von Frontex
Die Verliererinnen und Verlierer kündigen an, ein Auge auf dieses Versprechen zu behalten. Zudem fordert die schweizerische Flüchtlingshilfe ein unabhängiges Melde- und Überwachungssystem bei der Agentur. Funktionierende Beschwerdemechanismen seien nötig, ebenso die kompromisslosen Verfolgung und Sanktionierung der Menschenrechtsverletzungen.
Juso-Präsidentin Ronja schlägt im Interview mit Nau.ch vor, die Schweiz solle eigene Rettungsschiffe auf dem Mittelmeer platzieren. Oder das Botschaftsasyl wiedereinführen. Einfach wegschauen könne die Schweiz jetzt nicht mehr.
Sibel Arslan erachtet das Abstimmungsresultat als Erfolg, weil immerhin über Frontex diskutiert wurde. Zudem hätten sich die Grünen und Linken trotz Nein zu Frontex noch zu Europa bekennt. Es wären einfach Menschenrechte im Zentrum gestanden.
Für Malek Ossi, der im Referendumskomitee gegen die Vorlage gekämpft hat, schmerzt der Verlust. Dennoch sei er stolz, weil immerhin 28 Prozent Nein gestimmt hätten. «Migrantische Menschen haben sich beteiligt, da hat auch ein Ermächtigungsprozess stattgefunden», erzählt er.
Menschen, die ein «kritisches Ja» in die Urne gelegt hätten, werde er beim Wort nehmen. Ossi glaubt aber nicht, dass Frontex reformiert werden kann.
Die Schweiz arbeitet seit 2011 mit der EU-Grenzschutzagentur zusammen. Im Schnitt leisten Bundes-Mitarbeitende jährlich rund 1400 Einsatztage für Frontex – etwa in Griechenland, Italien, Bulgarien, Spanien oder Kroatien.
Der schweizerische finanzielle Beitrag steigt dank des Ja von heute von 14 Millionen Franken auf rund 61 Millionen Franken jährlich. Auch soll die Schweiz Frontex mehr Personal und Material zur Verfügung stellen. Das ist bis 2027 so geregelt.