Geht der Nationalrat heute den Oligarchen an den Kragen?
Das Wichtigste in Kürze
- Der Nationalrat berät heute über drei Geschäfte, die mit dem Ukraine-Krieg zu tun haben.
- Zuerst sollen Motionen aus der grünen und SP-Fraktion behandelt werden.
- Danach geht es um das Embargo-Gesetz, welches das Ergreifen von Sanktionen regelt.
Am Donnerstagmorgen geht im Nationalrat die Post ab. Die ersten paar Stunden werden von der Sanktionsdebatte beansprucht: Zwei Motionen zum Thema aus dem links-grünen Lager und das Embargo-Gesetz stehen auf der Agenda.
Die Motion der SP-Fraktion will eine eine Taskforce, die Gelder von sanktionierten Russen aufspüren und melden soll. In den Augen der Sozialdemokraten ist die vom Staatssekretariat für Wirtschaft (Seco) verhängte Deklarationspflicht nämlich ungenügend. Der Bundesrat lehnt die Idee ab; die bestehenden Instrumente seien effizient genug, um Vermögen zu sperren.
Die Grünen fordern ihrerseits eine Aufsicht für den Rohstoffsektor, analog zu einer Finanzmarktaufsicht. Es geht ihnen auch um die aktuelle Situation in der Ukraine, aber nicht nur: Im Allgemeinen soll die neu geschaffene Behörde gegen Korruption vorgehen und Unternehmen Sorgfaltspflichten auferlegen. Sie soll jedoch eben auch dafür sorgen, dass kein Handel mit illegalen Rohstoffen oder Rohstoffen aus sanktionierten Ländern betrieben wird.
Die «Entflechtung» des Sektors mit autokratischen Regimes soll einerseits den Ruf der Schweiz verbessern. Andererseits erhoffen sich die Grünen einen Handelsplatz mit verbesserter Qualität und mehr «Langfristigkeit».
Bundesrat soll eigenhändig Sanktionen ergreifen können
Punkto Embargo-Gesetz wurde die Revision des Bundesrats vor drei Jahren entworfen. Dieses regelt, wann und wie der Bund Sanktionen gegen Personen oder Staaten ergreifen darf. Angesichts des Ukraine-Kriegs hat die Aussenpolitische Kommission des Nationalrats gleich mehrere Anträge zur Änderung gestellt.
So wollen die SVP-Aussenpolitiker gar nicht auf die Debatte eintreten. Da dieser Antrag im Nationalrat aber kaum eine Chance hat, wollen dieselben Personen einen Absatz zum ersten Artikel hinzufügen: Die Neutralität der Schweiz sei beim Erlassen von Sanktionen «als wichtigstes Element zu gewichten».
Die Mehrheit der Kommission wiederum möchte einen Absatz hinzufügen, der einen Paradigmenwechsel herbeiführen würde: Die Möglichkeit zur eigenständigen Sanktionierung von Personen, die das humanitäre Völkerrecht oder die Menschenrechte schwer verletzt haben. So müsste der Bundesrat nicht mehr Sanktionen der Uno, der OSZE oder der EU übernehmen.
Die SVP-Minderheit will diesen Absatz nicht im Embargo-Gesetz sehen. Ebenso wenig will das Economiesuisse, der grösste Wirtschaftsverband. In einer Mitteilung schreibt die Geschäftsleitung von Economiesuisse, «isolierte Sanktionen» wären «ein Schnellschuss ohne Wirkung». Sie könnten der Schweizer Wirtschaft schaden, ohne dass andere Länder mitziehen würden.
Hat die Schweiz mit den Sanktionen ihre Neutralität aufgegeben?
Ferner wollen zwei Kommissionsmitglieder, dass der Bundesrat Analyseberichte zur Verträglichkeit der Sanktionen mit der Neutralität den Kommissionen unterbreitet. Dies soll «unmittelbar» geschehen, so die Verfasser Hans-Peter Portmann (FDP/ZH) und Franz Grüter (SVP/LU).