Im Finanzdepartement wird man jetzt geduzt
Vom Praktikanten bis zum Chef und schon vor der Anstellung: In drei Abteilungen von Ueli Maurers EFD wird jetzt geduzt. Das sorgt für Irritationen.
Das Wichtigste in Kürze
- In drei Abteilungen der Bundesverwaltung wird nun geduzt – und zwar schon im Job-Inserat.
- Unter den Mitarbeitern zum Beispiel der Steuerverwaltung sei dies okay.
- Probleme sieht das Eidg. Personalamt aber bei der Bewerbung und der Einheitlichkeit.
«Du baust das neue Team ‹Kontrolle› auf», heisst es gleich zu Beginn des Job-Inserats auf dem Stellenportal des Bundes. Oder: «Du willst selbstständig arbeiten», wird Wirtschaftsinformatik-Abgängern unterstellt. Ob Teamchef bei der Eidgenössischen Steuerverwaltung oder Hochschulpraktikant beim Bundesamt für Informatik und Telekommunikation BIT: Hier werden Sie geduzt.
Nicht nur in der täglichen Arbeit, sondern bereits in der Stellenausschreibung.
Und beim Vorstellungsgespräch?
Das löst gemischte Gefühle aus im Eidgenössischen Personalamt EPA, sagt Kommunikationschef Anand Jagtap. Man müsse bei der Duzis-Diskussion klar trennen zwischen Du-Kultur in der Verwaltungseinheit und derjenigen in Stelleninseraten. «Die Anrede-Kultur in den Verwaltungseinheiten ist deren Angelegenheit.» Bei Stelleninseraten wird es dann aber knifflig.
«Aussen- und Innensicht müssen übereinstimmen: Es macht keinen Sinn, Bewerbende per Du anzusprechen, wenn sie im Rekrutierungsprozess eine andere Welt vorfinden. Wie ist es beim Vorstellungsgespräch? Spricht man sich per Du an? Wie formuliert man die Bewerbungsunterlagen, wenn man im Inserat mit Du angesprochen wurde?»
«Ja, es ist komisch»
Man wolle gegenüber potenziellen neuen Mitarbeitenden authentisch sein und zeigen, was sie im Arbeitsalltag erwarte, sagt BIT-Sprecherin Sonja Uhlmann. «Es ist die Du-Kultur, die wir intern haben, und die haben wir auch im Vorstellungsgespräch», bestätigt sie. Und nicht erst dann: Schon ab der ersten Kontaktaufnahme mit Stellenbewerbern. Fällt man da nicht etwas mit der Tür ins Haus?
«Ja, es ist für mich komisch, wenn ich anrufe und sage ‹hallo Laura, ich bin die Sonja›», gesteht Uhlmann. «Im ersten Moment sind die Leute schon etwas überrascht, aber es wird dann immer gut aufgenommen.» Das Gespräch sei dann tatsächlich anders: «Es hilft, eine vertrauensvolle Atmosphäre zu schaffen und so mehr von der echten Person kennenzulernen.»
Eidgenössische Einheit in Gefahr
Zudem wolle man zielgruppengerecht kommunizieren. «IT-Fachleute mögen typischerweise eher flache Hierarchien, unkomplizierte Zusammenarbeit, einfache, kurze Dienstwege.»
Drei Verwaltungseinheiten im Finanzdepartement machten derzeit einen Pilotversuch mit Stelleninseraten in Du-Form, sagt Jagtap. Nebst der Steuerverwaltung und dem BIT auch die Eidgenössische Finanzkontrolle. «Ziel ist es, zu analysieren, ob die Ansprache per Du zu mehr Bewerbungen führt.»
Auf dem Stellenportal des Bundes aber gilt grundsätzlich die Sie-Ansprache; BIT, EFK und ESTV sind klar in der Minderheit. Die drei Anbiederer stören die eidgenössische Harmonie. «Zum einheitlichen Auftritt der Arbeitgeberin Bundesverwaltung gehört auch die einheitliche Ausschreibung der Stelleninserate.»
Wohlgemerkt: In gewissen Bereichen, gerade etwa der englisch-dominierten IT, könnten Du-Inserate durchaus sinnvoll sein, so Jagtap. Aber halt nicht überall.
Kommt dazu: «Die Bundesverwaltung vertritt die offizielle Schweiz, erfüllt hoheitliche Aufgaben und ist damit auch ein spezielles Unternehmen.» Allzu viel Jovialität könnte da in den falschen Hals gelangen – genauso wie der flapsige Einstieg «Steuere etwas bei!» in den Stelleninseraten der, tja, Steuerverwaltung.