Kommentar: Wozu soll diese AHV schon wieder gut sein?
Das Wichtigste in Kürze
- Bald stimmen wir über zwei Vorlagen zur AHV ab.
- In den Debatten stehen oft die Kosten im Zentrum.
- Müsste man nicht zuerst klären, was wir eigentlich von der AHV erwarten? Ein Kommentar.
Es wird ein enges Rennen um die 13. AHV-Rente, wenn man den Umfragen glauben soll. Weniger gut stehen die Chancen für die Renteninitiative, die ein höheres und an die Lebenserwartung gekoppeltes Rentenalter verlangt. Bei beiden Vorlagen schenken sich Befürworter und Gegner nichts.
Zweierlei «zu teuer» und «unsozial»
Eine weitere AHV-Rente – da schlägt's dreizehn bei eingefleischten Finanzpolitikern: viel zu teuer. Ohne gehe es aber auch nicht, sagen die Initianten, denn das wäre unsozial.
Etwa so wie angehende Rentner auf später zu vertrösten und noch ein Jahr länger arbeiten zu lassen. Sagen die Gegner der Renteninitiative. Dies nicht zu tun, man ahnt es, werde aber über kurz oder lang «zu teuer», heisst es bei den Befürwortern.
Ach, tatsächlich: Geld auszugeben kostet Geld. Haben wir etwa gerade erst entdeckt, dass es keinen «free lunch» gibt? Der Punkt ist ja nicht, dass Milliarden auf dem Spiel stehen – sondern, ob es uns das wert ist.
AHV: Was soll das?
Nachdem es fünf Jahrzehnte gebraucht hatte, um die AHV ungefähr in ihrer heutigen Form zu institutionalisieren, war es 1948 so weit. Das Rentenalter lag schon damals bei 65 Jahren. Doch die Tonalität war eine andere.
Die AHV war als Mittel gegen die Altersarmut gedacht. Eine «Existenzgrundlage» solle sie bieten, hiess es in Werbefilmen. Damit man nicht im hohen Alter weiterhin auf einen Verdienst angewiesen war, aber auch nicht armengenössig wurde. «Die Grosseltern können bei den Kindern bleiben und im Kreise ihrer Enkel den Lebensabend beschliessen» – das wäre die Idee gewesen.
Nur haben wir uns mittlerweile halt daran gewöhnt, haben zur ersten Säule (der AHV) auch noch eine zweite und eine dritte. Die Pensionierung wird als Belohnung wahrgenommen, der viel zitierte «wohlverdiente Ruhestand» soll in allen Zügen genossen werden.
Das muss ja auch nicht per se eine falsche Anspruchshaltung sein. Aber 1948 hatten Männer bei der Geburt noch eine Lebenserwartung von 76 Jahren und fünf Monaten. Wer es bis 65 Jahre schaffte, konnte immerhin noch auf zwölfeinhalb Jahre als Rentner spekulieren. Heute sind es fast doppelt so viele.
So müsste man sich heute wenn schon die Frage stellen, was die AHV-Rente bewirken solle. Dient sie dazu, die ärmsten Rentner knapp über Wasser zu halten? Oder ist das Gesellschaftsmodell heutzutage, dass man ein paar Jahrzehnte solidarisch krampft, es dann aber nachher umso mehr geniessen darf? Für beides gibt es gute Argumente.
Mehr von allem
Dann kann man auch guten Gewissens über die Kosten und die sozialen Folgen reden. Ersteres kommt sicher billiger, zweiteres tönt fast schon paradiesisch, mit dem Nachteil, dass das dann auch für diejenigen gilt, die vielleicht etwas weniger solidarisch waren und/oder etwas weniger krampfen mussten.
Würden Sie für eine 13. AHV-Rente stimmen?
Wobei ein teureres Modell ja nicht zwangsläufig heissen muss, dass es nur mit höherem Rentenalter einhergehen könnte. Immerhin könnte man ja auch sagen: Ja, wir wollen es geniessen – und zwar möglichst lange. Und wir wollen uns das leisten.
Sind Sie für ein höheres Rentenalter und eine Anpassung an die Lebenserwartung, wie es die Renteninitiative verlangt?
Also warum dann nicht schon fünf, zehn Jahre früher? Könnte man sagen – wenn es uns das wert ist. Wobei findige Köpfe ja sicher auch noch anfügen würden: Solch geniesserische Frührentner geben dann auch mehr Geld aus, und zwar, weil jünger, nicht nur im Gesundheitswesen.
Vor allem aber müssen wir wissen, was wir wollen. Gut, natürlich können wir auch über einen Zwölftel mehr Rente abstimmen und eine Rentenaltererhöhung um einen Sechsundvierzigstel. Aber wollen wir das?